Behandelter Abschnitt 1Mo 35
Noch einmal sagt Gott zu Jakob: „Mach dich auf!“, aber jetzt heißt es: „Zieh hinauf nach Bethel und wohne dort, und mache dort einen Altar dem Gott, der dir erschienen ist, als du vor deinem Bruder Esau flohest“ (V. 1). Hier wird er nicht von einem Heer von Engeln empfangen, noch ringt der geheimnisvolle Fremde in der Dunkelheit der Nacht mit ihm und macht den Schwachen zu einem Starken. Es ist vielmehr eine offene Berufung in Kapitel 35.
Nun ist es eigenartig zu hören, dass Jakob zu seinem Haus und allen, die bei ihm sind, sagt: „Tut die fremden Götter weg, die in eurer Mitte sind, und reinigt euch, und wechselt eure Kleidung“ (V. 2a). Fremde Götter? Ja, da waren sie, und er wusste es die ganze Zeit, aber er hatte nie zuvor die Ernsthaftigkeit dessen gespürt, bis er aufgefordert wurde, nach Bethel zu gehen. Sein Gewissen ist jetzt wach für das, was vorher keinen Eindruck auf sein Denken machte. Wir vergessen leicht, was unser Herz nicht so beurteilt, wie es vor Gott ist; aber so wie Er es versteht, das Gewissen angemessen aufzuwecken, so ist es andererseits eine traurige Sache, wenn ein Gläubiger vergisst, was sein beständiger Gegenstand sein sollte, noch ernster, wenn sein Gewissen nicht empfänglich ist für das, was die Herrlichkeit Gottes völlig besudelt.
Offensichtlich war das bei Jakob der Fall; aber jetzt bringt die Gegenwart Gottes, nicht die Vorsehung, nicht der Umgang durch Zucht mit ihm, sondern die Aufforderung, nach Bethel zu ziehen, Licht in sein Inneres, und die falschen Götter müssen weggetan werden. Jakob wird die Hausgemeinschaft in Einklang bringen mit einem Altar in Bethel: „reinigt euch, und wechselt eure Kleidung; und wir wollen uns aufmachen und nach Bethel hinaufziehen, und ich werde dort einen Altar machen dem Gott, der mir geantwortet hat am Tag meiner Drangsal und mit mir gewesen ist auf dem Weg, den ich gegangen bin“ (V. 2b.3).
Was kann auf seinen Wegen segensreicher sein als die geduldige Treue Gottes? Jetzt endlich wird Jakob sich seiner Verantwortung gegenüber Gott bewusst: „Und sie gaben Jakob alle fremden Götter, die in ihrer Hand waren, und die Ringe, die in ihren Ohren waren, und Jakob vergrub sie unter der Terebinthe, die bei Sichem ist. Und sie brachen auf“ (V. 4.5a).
Doch war das nun eine Flucht? „Und der Schrecken Gottes kam über die Städte, die rings um sie her waren, so dass sie den Söhnen Jakobs nicht nachjagten“ (V. 5b). Von diesem Punkt an war alles anders. „Und Jakob kam nach Lus, das im Land Kanaan liegt, das ist Bethel, er und alles Volk, das bei ihm war. Und er baute dort einen Altar und nannte den Ort El-Bethel“ (V. 6.7).
Dort starb Debora, die Amme Rebekkas, und wurde begraben. Dort erschien Gott ihm erneut; und während er den Namen Israel statt Jakob wiederholt, offenbart er sich als der allmächtiger Gott, als El-Schaddai. „Und Gott sprach zu ihm: Dein Name ist Jakob; dein Name soll fortan nicht Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein. Und er gab ihm den Namen Israel“ (V. 10).32 Damit löschte Er in gewissem Sinn die ganze Geschichte von dem Tag an aus, an dem ihm dieser Name zum ersten Mal verliehen worden war. Es ist eine traurige Betrachtung für das Herz, wenn die vergangene Zeit sozusagen eine verlorene Zeit ist. Es ist nicht so, dass Gott sie nicht zum Guten wenden kann, wenn die Gnade wirkt, aber es muss verdiente Selbstvorwürfe geben, wie wir nur zu gut wissen.
Nicht nur, dass Jakob dann seinen neuen Namen erneut bekommt, sondern Gott hüllt seinen Namen nicht mehr in Geheimhaltung. Jetzt muss er nicht mehr fragen: „Wie ist dein Name?“, genauso wenig wie Er, der einst mit ihm rang, ihn fragen musste, warum er Ihn fragte. Damals war er nicht in der Lage, aus diesem Namen Nutzen zu ziehen; noch war es mit Gottes eigener Ehre vereinbar, dass Er ihn bekanntmachte. Jetzt kann Gott sich seinem Diener offenbaren und sagen: „Ich bin Gott, der Allmächtige, sei fruchtbar und mehre dich; eine Nation und eine Schar von Nationen soll aus dir werden, und Könige sollen aus deinen Lenden hervorkommen. Und das Land, das ich Abraham und Isaak gegeben habe, dir will ich es geben, und deinen Nachkommen nach dir will ich das Land geben“ (V. 11.12).
Und ähnlich dem, was von Abraham gesagt wurde, heißt es bei einer Gelegenheit von einzigartiger Nähe Jakobs – eine große Ehre für jemanden nach einer solchen Erfahrung: „Und Gott fuhr von ihm auf an dem Ort, wo er mit ihm geredet hatte“ (V. 13). Wenn es ein herrlicher Augenblick in Abrahams Geschichte war, so war er besonders gnädig in Gottes Umgang mit Jakob: „Und Jakob richtete ein Denkmal auf an dem Ort, wo er mit ihm geredet hatte, ein Denkmal von Stein, und spendete darauf ein Trankopfer und goss Öl darauf. Und Jakob gab dem Ort, wo Gott mit ihm geredet hatte, den Namen Bethel“ (V. 14.15).
Danach folgt das Ableben Rahels zu einem Zeitpunkt, der bereits von großem Interesse ist: die Geburt ihres zweiten Sohnes und ihr Begräbnis in der Nähe Bethlehems. Und auf der Reise dorthin hat der alte Vater neuen Kummer und Scham wegen der schändlichen Sünde seines Erstgeborenen.
Dann folgt das Geschlechtsregister der Sohne Jakobs; und der lange hinausgezögerte letzte Anblick von Isaak in Hebron, wo er im Alter von 180 Jahren stirbt und von seinen Söhnen Esau und Jakob begraben wird.
32 Dr. Davidson (Introd. O. T., S. 65, 66) behauptet in seinen Argumenten gegen die Einheit der Verfasserschaft wegen der Verschiedenheiten, Verwirrungen und Widersprüche Folgendes: „In ähnlicher Weise wurde Jakobs Name in Israel geändert, als er die ganze Nacht mit einem übernatürlichen Wesen in menschlicher Gestalt rang, bevor er seinen Bruder Esau traf, bei seiner Rückkehr aus Mesopotamien (1Mo 32,28); während er nach 1. Mose 35,10 den Namen bei einer anderen Gelegenheit in Bethel erhielt, nicht in Pnuel, wie es in der ersten Stelle heißt. Es ist eine bloße Ausrede zu behaupten, dass es, weil kein Grund für die Namensänderung in 35,10 genannt wird, sich nur um eine feierliche Bestätigung dessen handelt, was bereits geschehen war. Ein Grund für die Änderung muss nicht notwendigerweise mit ihrer Aufzeichnung einhergehen. Die Worte sind eindeutig: ,Und Gott sprach zu ihm: Dein Name ist Jakob; dein Name soll nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein. Wenn sein Name vorher Israel war, behaupten die Worte eindeutig das Gegenteil.ʼ Die Passagen sind jehovstisch beziehungsweise elohistisch.
Ein analoges Beispiel ist Bethel, früher Luz, das von Jakob auf seiner Reise nach Mesopotamien so genannt wurde (1Mo 28,19; 30,13), aber nach 1. Mose 35,15 bei seiner Rückkehr. Identische Namen von Orten werden nicht zweimal vorgenommen.“ Es ist offensichtlich, dass der Rationalist sich der Schrift nicht als Glaubender und Lernender nähert, sondern als Richter, und dass seine Kritik verfänglich ist, um nicht zu sagen respektlos. Es spricht nichts gegen eine Wiederholung, wenn man Personen oder Orte benennt. Diejenigen, die von solchen kleinlichen Spitzfindigkeiten betroffen sind, mögen abwägen, dass unser Herr Simon zweimal den Namen Petrus gab (Joh 1,42; Mt 16,18), und das zweite Mal mit noch größerem Nachdruck als beim ersten Mal. Im Fall Jakobs, der in Israel umgewandelt und dann bestätigt wurde, ist es umso absurder, weil die übliche Anrede von Jahwe und Elohim hier nicht gilt. In beiden Fällen ist es Elohim. Daher die Notwendigkeit, einen Junior-Elohisten zu erfinden, um die Illusion aufrechtzuerhalten. Wiederum liefert der erste Vers von 1. Mose 35 den direktesten und schlüssigsten Beweis dafür, dass identische Ortsnamen zweimal vergeben werden können, denn Gott wird bei dieser zweiten Gelegenheit so dargestellt, dass er Jakob bittet, nach Bethel (nicht nach Luz) hinaufzugehen, bevor er den Ort zum zweiten Mal Bethel nennt. Was ist der Wert von Dr. Ds. Leugnung dessen, was die Schrift positiv bestätigt?↩︎