Behandelter Abschnitt 2. Mose 28,30; 4. Mose 27,21; 5. Mose 33,8
2. Mose 28,30; 4. Mose 27,21; 5. Mose 33,8- Der Hohepriester Israels
Das priesterliche Amt, Israel in den Gottesdiensten als Mittler vor Gott zu vertreten, lag dem Hohenpriester ob. Wir geben in den folgenden Zeilen einen Oberblick über Amt, Pflichten und Rechte der Hohenpriester wieder und folgen dabei den wertvollen Darlegungen im Bibellesezettel von Chr. von Viebahn. „An der Spitze der gesamten Priesterschaft stand der Hohepriester. Der erste Hohepriester war Aaron. Seine Vorrechte und Dienstpflichten waren besondere: er vertrat die ganze Gemeinde Israel vor Gott; und wenn ein Sündopfer für ganz Israel darzubringen war, wie dies vor allem am großen Versöhnungstag der Fall war, so tat er es. Auch die Befragung des Herrn um Seinen Rat und Willen durch die „Urim und Thummim“ (= Licht und Recht) geschah einzig und allein durch den Hohenpriester (2. Mose 28,30; 4. Mose 27,21; 5. Mose 33,8). Also gerade die höchsten und heiligsten Dienste standen dem Hohenpriester zu! Außerdem hatte er die Oberaufsicht über den gesamten Gottesdienst, hatte auch in schwierigen Rechtsfällen ausschlaggebend mitzuwirken, die letzte Entscheidung zu treffen (Lies 5. Mose 17,8-13; vergl. 2Chr 19,8.11.). In späteren jüdischen Zeiten war der Hohepriester stets der ordnungsgemäße Vorsitzende des Hohenrates: Mt 26,57.59; 27,1. So stellte denn Gott auch an den Hohenpriester hinsichtlich seiner Heiligung und Weihe höhere Anforderungen als an alle andern (3. Mose 21,10-15).
Das Ephod (2. Mose 28,14) ist das Hauptstück des hohenpriesterlichen Dienstanzuges. Es war ein bis zu den Knien reichendes Überkleid, das als Schmuck und Zubehör über dem ziemlich langen himmelblauen Purpur-Oberkleid (Vers 31-35) getragen wurde. Unter diesem schaute mit den Ärmeln und an den Füßen das feine, weiße Priestergewand heraus. Sehen wir zunächst das Ephod näher an. Durch den gleichfarbigen Gürtel zusammengehalten, bestand es eigentlich nur aus einem Vorstück und einem Rückenstück, welche auf den Schultern zusammengehalten wurden durch Schulterstücke, besetzt mit einem in Gold gefaßten großen Onyxstein. Der Stoff des Ephods war in folgenden Farben gewirkt: Blau, purpurrot, karmesin und weiß, dazu durchgewirkt mit feinen, aus Goldblech geschnittenen Fäden - eine wundervolle Kunstwebearbeit (Kap. 39,2 ff.). Der Gürtel war von gleichem Stoff. Auf den Edelsteinen der Schultern waren je sechs von den zwölf Stämmen Israels eingeschnitten; denn es sollte des ganzen Volkes gedacht werden vor dem Herrn, wenn der Hohepriester vor Gott trat!
- Von den Schulterstücken reichten geflochtene, goldene Ketten bis zum Brustschild. Dieses war eine große, viereckige Tasche vom gleichen Stoff wie das Ephod; es wurde auf der Brust getragen und war besetzt mit zwölf leuchtenden Edelsteinen, in welche die Namen der zwölf Stämme Israels eingegraben waren." In manchen Stücken besteht zwischen dem Hohenpriester und den Priestern viel Gleiches, und so ergibt sich notwendigerweise ein: gewisse Wiederholung, die aber des Zusammenhangs wegen doch unvermeidlich ist. Es werden ja auch manche Dinge der Stiftshütte und ihrer Einrichtungen öfters in der Schrift wiederholt, so sei auch uns eine solche gestattet.
Wie der Sünder eines Opfers bedarf, um Gott nahen zu können, weil es ohne Blutvergießen keine Vergebung der Sünden gibt, so bedarf der Gläubige eines Hohenpriesters, eines Mittlers, der ihn in seinen Schwachheiten und Mängeln und seinem Zukurzkommen vertritt und alles ins Reine bringt, was nicht in Ordnung ist. Das aber kann kein gewöhnlicher Mensch tun, sondern nur einer, der wohl auch Mensch ist, zugleich aber hocherhaben über seinen Mitmenschen steht. Es muß einer sein, der eine vollkommene Person darstellt, also selbst Gott nahen darf. Ein Mensch, der auf Grund seiner Eigenschaften das volle Recht besitzt, zu jeder Zeit Gott zu nahen, der zugleich aber auch voller Liebe, Mitleid und Erbarmen dem Bruder dient. Diese Voraussetzungen konnte aber nur einer erfüllen, unser Herr. Was in Aaron, dem Hohenpriester, so wunderbar vorgebildet wird, ist in Christo vollkommen erfüllt. Einige Einzelheiten, die uns über den Hohenpriester Aaron dargeboten werden, sollen uns kurz beschäftigen, um uns den unendlich größeren Hohenpriester Christus neu groß werden zu lassen.
Seine Herkunft und Berufung. „Du sollst Aaron, deinen Bruder, nehmen.“ (2. Mose 28,1). Aaron war also ein Bruder, ein Angehöriger seines Volkes. Aaron kam nicht etwa von sich selbst auf den Gedanken, Hoherpriester zu sein. Es steht in Heb 8,3: „Ein jeglicher Hoherpriester wird eingesetzt.“ Wie Aaron als Einziger aus seinen Brüdern eingesetzt wurde, um Hoherpriester zu sein, so auch unser Herr. Durch diese Berufung stand Aaron über ganz Israel. Das hat Gott später gründlich bestätigt in dem Wunder vom „grünenden Stab Aarons.“ Unser Hoherpriester ist ebenfalls „des Fleisches und Blutes teilhaftig geworden“ (Heb 2,14-17). Er ist in allem den Brüdern gleich geworden (Heb 2,17). Er „kam von den Vätern nach dem Fleisch" (Röm 9,5), aus dem Samen Davids (2Tim 2,8), von einer Jungfrau geboren (Jes 7,14). In jeder Weise gleicht Er den Brüdern, darum ist Er uns nicht ein Fremder, sondern der Freund (Hld 2,6).
Wichtig ist Aarons Zubereitung zum hohen Amt.
Er wurde gebadet. Das tat Mose am ehernen Waschbecken. Aaron als Hoherpriester war ein Vorbild auf Christus, aber gerade durch das Bad unterscheidet er sich völlig vom wahren Hohenpriester Christus, der dessen nicht bedurfte, denn Er war heilig, unschuldig, unbefleckt (Heb 7,26). Der Form nach unterzog sich der Herr trotzdem am Jordan einer ähnlichen Waschung, damit Er alle Gerechtigkeit und alle Vorbilder erfülle (Mt 3,15). Er wurde gekleidet. Nach dem Bad bekleidete ihn Moses mit dem langen weißen Kleide. Bis dahin unterschied sich, wie wir später sehen werden, der Hohepriester in nichts von den anderen Priestern. Was aber dem Leinenkleid folgte, machte einen grundlegenden Unterschied. Die heiligen Kleider, die ihm Moses nun weiter anzog, trug er allein. Sollte Aaron das Volk vor Gott vertreten, so mußte er Ihm ähnlich werden. Das war nur möglich, indem seine Sünde und Unreinheit symbolisch beseitigt wurde einerseits und andererseits durch das Anlegen der herrlichen Kleider in ihrer vielseitigen Bedeutung, die ihm erst die würdige Stellung vor Gott gewährten.
Er wurde gekrönt. Mose setzte ihm einen turbanähnlichen Hut auf, der ein Stirnblatt trug mit der Inschrift
„Heilig dem Herrn.“ Das war wie eine Krone, die ihn zierte, wie unser erhöhter Herr nun mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt ist (Offb. 5,12). Nur in diesem herrlichen Schmuck durfte Aaron Gott nahen und wurde befähigt zum Hohenpriesterdienst, zum Mittler. Die Edelsteine, das goldene Brustschild, Urim und Thummim usw., alles zeigte ihn als den über alle seine Brüder Erhabenen.
Er wurde gesalbt. Über diesen überaus wichtigen Akt haben wir schon mehr gehört. Er sei hier nur der Ordnung wegen gestreift. Die Salbung Aarons war nur ein Vorbild auf die Salbung, die der Herr am Jordan erlebte und die von bleibender Kraft war. (Mt 3,16). Das, was dem Hohepriester Aaron in symbolischer Weise zuteil wurde, besitzt unser ewiger Hoherpriester Christus in vollkommener Weise, darum ist Er auch der einzig vollkommene Hohepriester. Er ist einzig in Seiner Herkunft, denn Er ist Priester Gottes nach der Ordnung Melchisedeks (Heb 7). Aaron starb, und seine Würde vererbte sich auf seinen Sohn; unser Hoherpriester aber lebt immerdar. Er hat ein unvergängliches Priestertum. Aaron war der Mittler Israels in Schwachheit, unser Herr aber ist es in Kraft.
Aaron war der Segensvermittler für Israel, der mit dem Blut ins Heiligtum ging und es besprengte. Alsdann kam er heraus mit reichen Segnungen (4. Mose 6,24-26). Als Zacharias am goldenen Altar stand und räucherte, stand das Volk draußen und wartete auf den Segen. (Lk 1,9.21). Den bleibenden Segen aber schenkt unser Hoherpriester in einer vollkommeneren Weise. Er tut es vom oberen Heiligtum, vom Himmel her (Apg 3,26). Segnend weilte Er auf Erden, segnend legte Er vielen die Hände auf. Mit segnenden Händen fuhr Er gen Himmel, und segnend breitet Er sie am Gnadenthron für uns aus, denn durch Ihn sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden. (1. Mose 12,2.3; 28,14; Eph 3,14 ff.). Auch wir warten auf Ihn, wie einst Israel bis Er aus dem oberen Heiligtum kommt, um uns hinter den Vorhang droben zu bringen, wohin Er als Vorläufer gegangen ist (Heb 6,19.20). Unbeschreiblich groß sind die Segnungen, die Er uns droben erwirkt, ja, die kostbarsten Verheißungen werden durch Ihn verwirklicht (2Pet 1,4; 2Kor 1,20).
Unaussprechlich groß ist unser Hoherpriester. Auf Aaron ruhten die höchsten Würden, er bekleidete das höchste Amt in Israel. Sein Haupt war geschmückt mit der herrlichen Krone, dem goldenen Diadem. Doch alles überragend ist unser Herr. Er wirkt auf der ganzen Linie für uns droben. Er ging mit Seinem Blute für uns ein und ist unsere Gerechtigkeit droben (Jer 23,6). Alles, was Er im Gehorsam tat, kommt uns zugute. Er ist unsere Heiligkeit vor Gott, Sein Abglanz ruht droben auf den Seinen. Er vertritt uns beständig vor Gott. Er ist unser Fürsprecher (1Joh 2,1). Es gibt einen Verkläger der Brüder (Off 12,3.9; Hiob 1,6 ff.), aber unser Hoherpriester vertritt uns (Röm 8,33.34). Er nimmt unser Bekenntnis an und bringt es vor den Vater. Dem Katholik wird befohlen, alles vor dem Priester zu bekennen; wir aber bringen es vor den wahren Hohenpriester. Er ist beides, treu und gerecht, Er vergibt und reinigt (1Joh 1,9). Wir dürfen kommen, so oft wir gefehlt haben. Er hat uns sogar befohlen, daß wir siebenzig mal sieben mal vergeben sollen (Mt 18,21.22). Wie viel größer ist also Sein Vorbild im Vergeben als unser Bemühen auch auf diesem Gebiet!
Er ist unsere Vollendung. Wie Stephanus gehen wir am Ende zu Ihm (Apg 7,55; Phil 1,23; 2Kor 5,8). Wir werden sein, wo Er ist (Joh 14,3). Wir werden Ihm gleich sein (1Joh 3,2), mit Ihm sein droben zur Rechten (Joh 14,3; 17,24). Jetzt ist Er dort und bereitet Wohnungen für uns (Joh 14,2). Bis zu jener Stunde weilt Er dort als der erbarmende, mitleidige Hohepriester und hilft den Seinen in Zeiten der Not (Heb 4,15.16).