Behandelter Abschnitt Ps 39,1-13
Höre mein Gebet Psalm 39
Es ist auffallend, wie oft in diesem Psalm das Wort „mein“ vorkommt. Der Psalm ist gespickt damit, und es ist der Mühe wert darüber nachzudenken, was den Psalmisten bewegte. Wir wollen sie der Reihe nach betrachten.
Mein Weg. «Ich will meine Wege bewahren.» Wir alle sahen auf unseren Weg, der ins Verderben führt. Nicht so David. Er erkannte bald den rechten Weg, erkannte was der Herr sagt: „Ich bin der Weg“, und beschritt ihn von frühester Jugend an. Nun wünschte er auf diesem Wege zu wandeln, bewahrt zu werden vor Sünden jeglicher Art. Nur nicht sündigen, besonders nicht mit der Zunge! Zu diesem Zweck will er einen Maulkorb vor seinen Mund binden; solange der Gesetzlose lebt, will er keinerlei Anstoß geben.
Meine Zunge. Er weiß, dass sie ein tödlich Gift ist. Er hat sie reichlich gegen sich selbst erfahren müssen. Er will nicht dasselbe tun. Welch großen Schaden die Zunge oft anrichtet ist uns bekannt. David aber brauchte sie um Gott Loblieder zu singen.
Mein Mund. Ihn hat er viel gebraucht um den Herrn zu rühmen und zu bekennen vor der Menge. Er sagt: „Ich will erzählen die Großtaten Gottes.“ Aber damit die Zunge nicht Böses rede oder trüge, will er kein bissiges Wort reden, solange der Gottlose vor ihm ist. Er will durch Worte keinen Anstoß geben oder weh tun. Die Schrift sagt uns, was der Mund von Natur ist: voll Fluchens und Bitterkeit (Röm 3,14) und redet stolze Worte. David dagegen brauchte ihn wiederum um Loblieder zu singen (Ps 34,2; 51,17).
Mein Schmerz. Den empfand David. Wir wissen, was er gelitten hat. Es waren in seinem Fall nicht leibliche Schmerzen, sondern Seelenqualen, die er beständig erduldete von denen, die einst vertrauten Umgang mit ihm pflegten (Ps 55,12-14). Aber mit Paulus konnte er sagen: „Sie haben mich alle verlassen, niemand stand mir bei (2Tim 4,16); aber der Herr half mir und stärkte mich.“ Wer sich in irgend einem Schmerz befindet wie David oder Paulus, wird getröstet werden durch den Gott alles Trostes (1Pet 1,3).
Mein Herz (V. 3). Aus ihm kommen die Ausgänge des Lebens (Spr 4,23). Über alles bewahre dein Herz! Was aus dem natürlichen Herzen kommt, ist uns aus Jesu Mund bekannt (Mt 15,19). Schon Jeremia hatte erkannt, daß es ein trotzig und verzagt Ding ist (Jer 17,9). David aber bat um ein neues, ein reines Herz (Ps 51,10), denn nur mit einem solchen kann man Gott schauen (Mt 5,8). Paulus bittet für die Thessalonicher: „Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu der Geduld Christi“ (2Thes 3,5). Mit unserem Herzen sollen wir Gott von ganzem Herzen lieben und den Nächsten wie uns selbst. Wir werden auch gewarnt unser Herz nicht zu verstocken wie das Israel tat und in der Wüste umkam. Daß nicht in irgend einem ein böses Herz sei (Heb 3,12).
Mein Nachsinnen (Elberfelder - Übers.). Die Feinde Davids sannen über seinen Tod nach und überlegten, wie sie ihn umbrächten. Er aber sann über das Wort des Herrn nach. Das sollten wir alle: uns nicht mit schweren Lagen beschäftigen, sondern über das Wort nachsinnen. Schon als Hirtenknabe dachte David über den Schöpfer und Seine Werke nach, nachts über Mond und Sterne (Ps 8,4), tags über den Lauf der Sonne, die wie ein Bräutigam die Erde durchschreitet und Millionen von Menschen mit Licht, Leben und Wärme beschenkt (Ps 19,1-7). David sann vor allem über das Gesetz des Herrn nach. Das gebot der Herr dem Josua, damit ihm sein Werk gelinge (Jos 1,9). Viele bereiten sich selbst schlaflose Nächte, weil sie über nutzlose Dinge nachdenken statt sich am Wort des Herrn zu erfreuen (Ps 139,17).
Mein Ende. Darüber nachzusinnen macht den Menschen weise. Mose flehte: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Ps 90,12). Niemand kann seinem Leben eine Stunde hinzutun (Mt 6,27). Jakobus vergleicht es mit einem Hauch, der bald schwindet; er blüht wie eine Blume auf dem Felde. Aber wie lange? Bald liegt sie welk am Boden (1Pet 1,24). In Amos 4,12 ruft der Prophet: «Schicke dich an, Israel, und begegne deinem Gott!» Jesaja ruft im Namen des Herrn dem König Hiskia zu: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben“ (Jes 38,1). Vergessen wir nie, dass alles eitel ist. Das Kind Gottes sagt mit Paulus: „Wir wissen, so unser irdisch Haus zerfällt, dann haben wir einen Bau von Gott bereitet, einen ewigen Bau in den Himmeln. Meine Tage. Damit ich wisse, wie vergänglich ich bin.“ In 2. Korinther 6,2 lesen wir, dass die Zeit kurz ist. Also kaufet sie aus, benützt sie um Gott zu leben und Ihm zu dienen. Die kurze Zeit ist uns zum Dienen geschenkt (Joh 9,4).
Meine Hoffnung. Die war sein Gott. Er war nicht wie die, welche keine Hoffnung haben (1Thes 4,13b), sondern wusste, dass er eine lebendige Hoffnung hatte. Wohl allen, die sich ihrer rühmen.
Meine Übertretungen. „Strafe mich nicht wegen ihnen, vielmehr vergib sie, damit ich nicht zum Hohn meiner Feinde werde.“
Mein Gebet. Das war Davids beständige Zuflucht. Er tat es morgens, mittags und abends (Ps 55,18). Das übte auch Daniel (Dan 6,11). Wie oft beten wir des Tages?
Meine Tränen (V. 12). David betete auch mit viel Tränen. Damit netzte er des Nachts sein Bett. Wer denkt dabei nicht an den Sohn Davids, an unseren Herrn (Heb 5,7). Aber schauen wir mehr auf den, der die Tränen trocknet (Off 7,17; Jes 25,8).
Trost im Leid Psalm 39
In geradezu meisterhafter Weise hat der Psalmist die Nichtigkeit und Vergänglichkeit des Menschen geschildert, etwa wie Salomo mit den Worten «Alles ist eitel». Lange hat der Sänger über seine Hinfälligkeit in der Stille nachgedacht, und obwohl manche Gedanken ihn beschäftigten, wollte er sie nicht aussprechen. Er fürchtete Dinge zu sagen, die die Gottlosen zum Spott bewegen könnten. Da David vor Mitmenschen nicht aussprechen konnte, was ihn bewegte, legte er alles vor seinen Gott hin. Die tiefe Überzeugung seiner Lebenskürze (V. 5) veranlasste ihn noch mehr seine Sündhaftigkeit zu erkennen (V. 8). Oft steht David vor uns wie einer, der kaum zu trösten ist; aber mit tränendem Angesicht richtet er seine Blicke zu dem einen Tröster. Alles um ihn her ist dunkel, aber er blickt zu dem Gott des Lichts.
Die Hilflosigkeit des Menschen (V. 1‑5). Der Psalm beginnt mit einem Entschluss: er will einen Maulkorb anlegen und damit seine Zunge zurückhalten, damit er nicht sündige. Manchen Schwätzern sollte man einen solchen schenken. David befürchtete, dass der Ausdruck seiner inneren Gefühle die Gegner nur reizen könnte, und so schweigt er. Was die Zunge angeht haben wir praktische Belehrung in Jakobus 3. Aber Davids Schweigen währte nicht lange, sondern brach durch wie ein Damm, der alles überflutet.
Sein Gebet. Es wird von wenigen ausgesprochen. David aber bittet: „Herr, tue mir kund mein Ende und das Maß meiner Tage, welches es ist, auf dass ich wisse wie vergänglich ich bin“ (V. 5). Kindheit und Jugend waren längst vorbei. Gefahren, die ihm begegneten, galten nichts für ihn, wie Löwe und Bär oder wie jener Kampf mit Goliath. Sie alle überwand er im Namen des Herrn.
Der Anfang der Not. Sie begann gleich nachdem Gott David zum König salben ließ. Bis dahin war er der fröhliche Hirtenknabe bei seinen Schafen, der die Natur bewunderte, sich auf Harfe und Schleuder übte und seinem Gott Loblieder sang (1Sam 16,23; 17,40). Für David begann eine lange, schwere Leidenszeit verbunden mit Todesgefahr. Gesalbte des Herrn müssen wie der Herr selbst viel leiden. Das sagte Er auch von Saulus von Tarsus: „Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden soll.“ Christen sind berufen zu leiden (1Pet 2,19-21). Bei David begannen sie am Hofe Sauls. Noch härter waren die, die ihn als König trafen. Wegen seines Vorrechtes König zu sein hatte er viele Neider. Achte was er sagt: „Als ein Schattenbild wandelt der Mensch einher, ja vergebens ist er voll Unruhe, er häuft auf und weiß nicht, wer es einsammeln wird.“ Er ist einer, wie sie Paulus in 1. Thessalonicher 4,13 nennt: „Menschen die keine Hoffnung haben“. Anstatt die lebendige Hoffnung zu fassen, greifen sie wie Judas zum Strick. Weit mehr Menschen kommen durch Selbstmord als durch Unfälle um, weil sie keine Hoffnung haben. David aber fragte: „Wes soll ich mich trösten?“
„Ich hoffe auf Dich.“ Obwohl in tiefem Elend, war er doch nie ohne Hoffnung. In Apostelgeschichte 27,20 sagt der sich in Seenot befindende Apostel, als sie viele Tage weder Sonne noch Gestirn sahen und alle Hoffnung auf Leben dahin war: „Diese Nacht ist mir beigestanden der Engel Gottes des ich bin. Er sagte zu mir: Fürchte dich nicht, Paulus.“ Und was war der Ausgang? Neue Hoffnung für alle im Schiff. Unser Gott wird Gott der Hoffnung genannt (Röm 15,13). Hoffnung auf Gott ist Sicherheit, und Gott lässt die Hoffenden nicht zuschanden werden. David hat bereits die Vergänglichkeit geschildert, er aber glaubte selbst in den tiefsten Tiefen wie Jona: „Dennoch werde ich wieder hinschauen nach Deinem heiligen Tempel“ (Jona 2). So war Davids Lage oft unvergleichlich schwer, aber er bekannte mutig: „Ich hoffe auf Dich“. Worauf anderes konnte er hoffen?
Völlige Ergebung. „Ich will schweigen und nicht murren“; denn Du hast es getan und zugelassen. Er lernte: denen die Gott lieben dienen alle Dinge zum besten. Murren, Unzufriedenheit in Gottes Führung kann schlimme Folgen haben (4. Mose 21,4-9). Warum schwieg David? Weil er wusste, dass alles, was Gott zulässt, das Beste für ihn ist. Bezüglich Simei, der ihm fluchte und ihn mit Steinen bewarf, sagte er: „Wenn Gott ihn geheißen hat zu fluchen, so lasst ihn fluchen“ (2Sam 16,9.10). Wir sehen in Psalm 35,10, dass er der Hasser wegen sich sogar kasteite, fastete und betete, dass der Herr sie heile. Hier sehen wir etwas von dem Manne nach Gottes Herzen. Der Herr betete nicht nur, sondern starb für alle.
Davids Bitte war zugleich Bitte um Vergebung. Viele fragen sich in schweren Lagen: warum habe ich das verdient? David fragt sich, ob er gefehlt habe und bittet um Vergebung, damit sein Zugang zu Gott wieder offen sei. „Rette mich um der Feinde willen.“ David betrachtet seine schwere Lage als von Gott zugelassen: „Du hast es getan. Soll ich mich dagegen auflehnen?“ Sage auch in schweren Lagen: Du hast es getan oder zugelassen! Prüfungen oder Züchtigungen sind allein zu unserem Wohl (Heb 12,11). Wenn Gott uns züchtigt, so ist es darum, weil Er uns liebt. David tröstet sich damit, daß er ein Pilger ist. „Die mit Tränen säen werden mit Freuden ernten.“ Bald ziehen sie reich beladen mit ihren Garben droben ein (Ps 126). O großer Tag, wir warten dein mit Sehnen.
Da jedes Volk einst Gott die Ehre bringt,
und der Erlösten Schar mit Jubeltönen,
der Herr ist König auf der Erde, singt.
Alle Gewalt und Macht ist Sein,
alle Gewalt und Macht ist Sein.