Behandelter Abschnitt Ps 35,1-10
Herr, greif Du ein! Psalm 35,1-10
Der Psalm geht auf die Verfolgungszeit Davids durch Saul zurück. In vielfacher Weise legt er Gott die Bosheit seiner Feinde dar, die ihn ohne Ursache hassen und verfolgen wie ein gefährliches Raubtier. David fordert seinen Gott zum Kampfe gegen sie auf (V. 1). Der Schlüsselvers liegt in Vers 4, da er den Herrn bittet: „Sprich zu meiner Seele, beruhige sie; Ich bin deine Hilfe, deine Rettung.“ Hierin sehen wir Davids Vertrauen in seinen Gott, wie er das in Vers 9 mit Freuden bekennt.
Viele Leser wollen in Davids Worten nur Rachelust sehen, was doch im Gegensatz zu der Lehre des Herrn steht. Wie kann er, der Mann nach Gottes Herzen so sein (Mt 5,43)? Der Herr aber gesteht den Juden das Recht nach dem Gesetz zu, Rache zu üben (5. Mose 23,6; Ps 137,9). In Israel durfte man sich an dem rächen, der einen seiner Nächsten umbrachte (4. Mose 35,1). Man denke vor allem an das Handeln Gottes an Amalek, als Er Saul befahl alles umzubringen und weder Säugling noch Greis schonen durfte (1Sam 15,3).
Eine völlige Entlastung Davids, dass er rachesüchtig sei, sollen uns folgende Tatsachen lehren: 1. Man denke an Davids Fürbitte für kranke Feinde in Vers 13. Er fastete, kasteite sich. trug Sacktuch ihretwegen zu ihrer Genesung. Wer unter uns bringt ähnliche Opfer für Gegner? 2. Lies 1. Samuel 24,5. Saul und David übernachteten in derselben Höhle, Saul im vorderen und David im hinteren Teil. Seine Begleiter, die selbst durch Saul schwer litten. sahen hier eine gute Gelegenheit Saul zu töten. Sie beriefen sich sogar auf die Schrift. David aber wehrte entschieden ab mit der Begründung, dass Er seine Hand nicht an den Gesalbten des Herrn legen werde. Er nannte ihn sogar seinen Herrn. Hier ist große Gottesfurcht. David war sogar betrübt darüber, dass er an Sauls Rock einen Zipfel abgeschnitten hatte. 3. In 1. Samuel 26,6 bis 12 finden wir eine ähnliche Gelegenheit sich an seinem Feinde zu rächen. David drang des Nachts mit zwei Begleitern in die Wagenburg Sauls ein und nahm seinen Speer und Wasserkrug mit als Beweis dafür, dass er nichts Arges in seinem Herzen gegen Saul habe. Abisai wollte Saul mit seinem eigenen Speer durchbohren, aber wieder wehrte es David ab. David kann warten bis der Herr selbst eingreift (V. 10). Würde David den Mord an Saul zugelassen haben, so hätte er immer noch sagen können. Abisai habe ihn umgebracht. 4. Erwähnen wir noch den Fall Simeis, der David fluchte und mit Steinen bewarf. Hören wir Davids Antwort: „Lass ihn fluchen“ (2Sam 16,5-10). David trug die Gesinnung Christi. Wir auch (Phil 2,5-8)?
Ein heißes Gebet zu Gott. „Herr, tritt für mich ein, was ich erdulde ist um Deinetwillen.“ David wendet sich an den gerechten Richter, etwa wie jene Witwe in Lukas 18,1-8. Schaffe mir Recht. Er flehte nicht um Rache. Du kennst die Verlogenheit und Bosheit der Feinde. Gewiß beten noch viele ähnlich in den Folterkammern Russ-lands und seiner Satellitenstaaten bei Gehirnwäschen usw.
David als Prophet schaut in die Ferne, in die Zeit des Tieres, da der Überrest Israels leiden wird wie nie zuvor. Dann wird Israel Tag und Nacht schreien, und der Herr selbst wird eingreifen durch Sein Erscheinen in Macht und Herrlichkeit und nicht nur Israel retten, sondern ihm das Reich geben (Off 19).
Der Inhalt seiner Bitten. „Saul hat ein starkes Heer, womit er mich verfolgt, aber Du bist der Kriegsmann“ (2. Mose 15,3; Jos 5, 1315). „Du hast verheißen für mich zu streiten“ (2. Mose 14,14).
1. Ergreife Schild und Waffe. Handle wie einst gegen Ägypten. Beweise Deine Macht an Deinen Feinden. Schlage sie so gründlich, dass ihrer nicht zwei beisammen bleiben (1Sam 11,11). 2. Versperre ihren Weg, hindere sie am Weitermarsch. 3. Beschäme sie (V. 17; 83, 17). Lass sie erkennen, dass sie den verfolgen, den Du zum König über Israel auserkoren hast. 4. Fege sie hinweg in alle Winde wie die nutzlose Spreu. Sie sind gottlos und bestehen nicht im Gericht (Ps 1,4). 5. Setze sie auf schlüpfrige Orte (Ps 73,18). Lass sie im Schlamm versinken wie die Ägypter (2. Mose 14; 5. Mose 32,35). 6. Der Engel des Herrn verfolge sie (2Kön 19,35; 2Chr 32,21). Den Gerechten umgibt der Engel des Herrn (2Kön 6,15) und rettet ihn, aber dem Gottlosen widersteht Er. Man denke an Petrus und Herodes (Apg 12,7). Den Apostel befreite der Engel des Herrn, Herodes aber schlug er entsetzlich (Apg 12,21-23). 7. In Vers 7 klagt David, dass sie ihm ein Netz gelegt und eine Grube gegraben haben. Der Herr aber vereitelte ihre Pläne. 8. David klagte über ihr Unrecht. Sie vergelten mir Böses für Gutes. Sie vergessen, dass ich sie vor der Sklaverei der Philister gerettet habe. Sie hassen mich ohne Ursache (1Sam 17,9.51). Ähnlich klagte auch unser Herr (Joh 15,25; Ps 68,4), obwohl Er dem Volk nur Gutes erwiesen hatte (Apg 10,38).
Der Ausklang. „Meine Seele wird frohlocken in Jahve und sich freuen Seiner Rettung.“ David betete mit Danksagung. Er fragt erstaunt: „Herr, wer bist Du, der Du den Elenden rettest (Ps 146,7-10) und Dich meiner annimmst?“ Sein ganzes Inneres ist am Loben. Alle Gebeine werden Ihn loben, die Gebeine, die Er einst zerschlagen hatte (Ps 32,3; 51,10). Weder gestillte Rache noch andere Wege zur Befreiung geben wahre Befriedigung, sondern allein die Freude am Herrn.