In Vaterhänden Psalm 31,5
Dieser Psalm ist prophetischer Natur. Dies geht schon aus dem Text hervor, den letzten Worten des Herrn am Kreuz. Es sind herrliche Worte. Wohl dem, der in der Sterbensstunde sagen darf: „In Deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Das kann nur sagen, wer den Geist Christi hat; denn wer Ihn nicht hat ist nicht Sein. Dieser Vers ist ein reicher Trost für Sterbende. Johannes Hus wiederholte ihn in den Flammen des Scheiterhaufens. Polykarp sprach ihn in seiner Sterbestunde aus. Das Wort redet von großer Gewissheit angesichts des Todes und bedeutet „im Frieden heimgehen“. Wir wollen aber den Vers auf unseren Herrn anwenden, der ihn am Kreuz zitierte.
Jesu Vollkommenheit tritt uns überall entgegen, besonders während Seinen Leiden‑ und Sterbestunden. Er sprach sieben Worte, die Zitate der Schrift sind. Sein erstes und Sein letztes Wort begann und endete mit: „Vater.“ Beide sind Erfüllung der Schrift. Den Vater bei sich zu haben im Leiden und im Sterben setzt voraus, Sein Kind zu sein. Bezeichnend ist, dass der Herr gerade sieben Worte aussprach. Vollkommen war Sein Gewand und vollkommen Sein Leben und Sterben.
Sein lauter und letzter Schrei. Der Herr hat oft geschrieen (Heb 5,7). Hier hören wir Seinen letzten Schrei zum Vater. Jesus hat nie wegen Seiner Leiden geschrieen. Er legte alles dem Vater dar. Lerne von Ihm! In allen jüdischen Häusern neigte zu jener Stunde ein Lamm sein Haupt: hier aber war es des Lammes Gottes letzter Schrei.
Der bezahlte Erlösungspreis. Der Sohn legte das Lösegeld voll in die Hand des heiligen Gottes. Die Erlösung, vor Grundlegung der Welt geplant. ist hier erfüllt worden; der Schuldbrief ist zerrissen. Überströmende Gnade und Liebe offenbarten sich. Jesus ging für uns in das Gericht und blutete für unsere Sünden. Wenn der ungläubige Sünder stirbt, steht er vor dem Richter und empfängt als Strafe die ewige Verdammnis (Heb 9,27). Umgekehrt ist es bei dem Herrn: Er ging für uns zuerst in das Gericht und starb dann (Heb 9,27).
In Vaterhänden. „Vater“ war des Herrn erstes Wort (Lk 2,49). das wir schon von Ihm als Knabe hören. Vater war oft Seine Anrede im Gebet. Und Vater waren Seine Worte am Kreuz. Es liegen die furchtbaren sechs Stunden Seiner Leiden zwischen dem zweimaligen Ausspruch „Vater“, die ihren Höhepunkt finden in: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Und der hier Vater ruft hat uns durch Seine Hingabe am Kreuz ans Vaterherz zurückgeführt (l. Petr. 3, 18). Nun aber alles vollendet ist, hat Er ausgerufen: „Es ist vollbracht!“ Es befreit Ihn aus den grausamen Händen der Sünder. Er darf sich wieder den liebenden Vaterhänden überlassen. Auf Erden litt er unter den Sündern, dereinst aber werden die Sünder, die Seine Retterhand ausschlugen und Ihn nicht aufnahmen, in Seine Richterhände fallen. Es ist kostbar zu wissen, dass nicht nur der Herr in den Händen des Vaters war, sondern, dass alle Seine Heiligen in Gottes Hand sind (5. Mose 33,3; Joh 10,28.29; 2Tim 1,12).
Des Vaters Antwort. Als der Herr Seinen Geist in die Hände des Vaters legte, bezeugte Gott die Annahme durch kräftige Wunder (Mt 27,51-53), besonders aber durch die Auferstehung (Röm 1,4). Golgatha ist die Stätte der Wunder.
Der Vorhang im Tempel zerriss (Mt 27,50.51). Furchtbar muss der Schreck der diensttuenden Priester gewesen sein, die sicher um ihr Leben bangten. Der Weg in das Heiligtum war nun offen für alle Glaubenden (Heb 10,19.20). Jesus hat uns den Weg zurück ins Vaterhaus gebahnt. Er ist hingegangen, den Seinen eine Stätte zuzubereiten (Joh 14,1-3). Er kommt wieder!
Die Fade erbebte, und die Felsen zerrissen. Der Fels Christus ward geschlagen, und aus Seiner Seite floss das Lebenswasser (Joh 19,34; 1Joh 5,6). Welch ein ernstes Reden Gottes muss jenes Erdbeben Seinen Feinden gewesen sein (Off 6,16)!
Die Gräber öffneten sich. Auch die Entschlafenen hatten Anteil an Jesus Sühneopfer. Sie erzählten ihresgleichen, dass der Tod besiegt sei, dass er sie nicht länger im Grabe zu halten vermochte, weil Jesus den Tod besiegt hat.
Jesus ist unser Halt im Sterben. Er hat den Tod für alle geschmeckt (Heb 2,9). Wer in Frieden heimgehen will, muss wie Er oder Stephanus einen Vater haben, in dessen Hände er sich mit voller Sicherheit legen darf (Heb 6,19; Apg 7,58).
Wahre Herzensruhe tritt uns überwältigend in Jesu Leiden entgegen und wir fürchten uns nicht im finsteren Tale (Ps 23,4). Erhebende Beispiele haben wir bei den drei Männern im Feuerofen und bei Daniel in der Löwengrube. Alle, die sich in den Händen des Vaters wissen, singen Loblieder (Ps 73,25). Zu dieser Ruhe ladet der Herr alle ein (Mt 11,28).
„Hier ist die Ruh, hier ist Vergnügen, drum folg ich seinen sel’gen Zügen.“
„Nur was Du Herr erduldet, ist alles meine Last; ich hab es selbst verschuldet, was Du getragen hast. Schau her, hier steh ich Armer, der Zorn verdienet hat. Gib mir, o mein Erbarmer, den Anblick Deiner Gnad. Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir; wenn ich den Tod soll leiden, so tritt Du dann herfür. Wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten, kraft Deiner Angst und Pein.“