Behandelter Abschnitt Ri 7,10-14
Verse 10–14 | Ein Traum zur Ermutigung
Und wenn du dich fürchtest, hinabzugehen, so geh mit Pura, deinem Knaben, zum Lager hinab; 11 und du wirst hören, was sie reden; und danach werden deine Hände erstarken, und du wirst in das Lager hinabgehen. Da ging er mit Pura, seinem Knaben, hinab [bis] an das Ende der Gerüsteten, die im Lager waren. 12 Und Midian und Amalek und alle Söhne des Ostens lagen im Tal, wie die Heuschrecken an Menge; und ihre Kamele waren ohne
Zahl, wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist, an Menge. 13 Und Gideon kam, und siehe, ein Mann erzählte seinem Genossen einen Traum und sprach: Siehe, ich habe einen Traum gehabt; und siehe, ein Laib Gerstenbrot rollte in das Lager Midians; und es kam bis zum Zelt und schlug es, dass es umfiel, und kehrte es um, [das Unterste] zuoberst, und das Zelt lag da. 14 Und sein Genosse antwortete und sprach: Das ist nichts anderes als das Schwert Gideons, des Sohnes des Joas, [des] Mannes von Israel; Gott hat Midian und das ganze Lager in seine Hand gegeben.
Wir dürfen durchaus sagen, dass Gott das Herz seines Knechtes kennt. Trotz aller Ermutigungen und Zusagen hapert es in Gideons Herzen noch an etwas. Es ist noch ein Rest von Zweifel übriggeblieben. Und sieh, wie Gott diesem entgegenkommt. Welch ein Gott voller Geduld ist Er.
Die Weise, wie Er die Hände Gideons stärkt, erfordert ziemlichen Mut. Zusammen mit Pura muss er in das Heerlager des Feindes hinabgehen, um dort etwas zu hören, wodurch seine Hände erstarkt werden. Wie wunderbar ist es, wie Gott Gideon Mut einreden will. Gideon muss wohlgemerkt zum Feind gehen, um dort etwas zu hören, während Gott selbst ihn schon so auf die Kraft hingewiesen hat, die in Ihm vorhanden ist.
Was Gott ihn noch lehren will, ist, dass der Feind mehr von dieser Kraft durchdrungen ist als er. Der Feind sieht sich selbst bereits als besiegt an, obwohl er sich nie geschlagen gibt, und wir ihn noch tatsächlich schlagen müssen. Er hört aus dem Mund seiner Feinde: „Gott hat Midian und das ganze Lager in seine Hand gegeben“ (Vers 14).
Die Kundschafter, die in Josua 2 das Land erkunden sollen und zur Hure Rahab kommen, haben dasselbe gehört. Rahab sagt zu ihnen, dass „alle Bewohner des Landes vor euch verzagt sind“ (Jos 2,9). Sie haben gehört, welche großen Taten der HERR für sein Volk getan hat (Jos 2,10.11). Trotz dieses Wissens hat auch Jericho sich nicht ergeben, sondern es musste erobert werden.
Gideon nimmt bei dieser Unternehmung auf Befehl Gottes seinen Diener Pura mit. Der Name Pura bedeutet „Kelter“ oder „Wachstum“. Wenn Gott diesen Diener Gideons bei seinem Namen nennt, geschieht das vielleicht, um Gideon an seine Erscheinung vor ihm zu erinnern, als er bei der Kelter damit beschäftigt war, Weizen auszuschlagen (Ri 6,11). Eine Erinnerung an unsere früheren Begegnungen mit dem Herrn und an das, was Er bei diesen Gelegenheiten zu uns sagte, verleiht uns oft neuen Mut, um weiterzugehen. Solche Erinnerungen weisen auch darauf hin, dass durch den Umgang mit Ihm geistliches Wachstum möglich ist.
Gideon nimmt Gottes Angebot an. Er geht und hört einen der Midianiter einen Traum erzählen. Er hört sogar, wie die Bedeutung dieses Traumes von einem anderen Midianiter ausgelegt wird. Wie der Mann die Bedeutung des Traumes kannte, wissen wir nicht. Wir können vermuten, dass Gott ihn die Bedeutung erkennen ließ. Wenn Gott die Dinge so lenken kann, dass Gideon im richtigen Augenblick zu dem Zelt kommt, um Zeuge dieses Gespräches sein zu können, ist Er auch in der Lage, den Mann Dinge sagen zu lassen, die für Gideon von Bedeutung sind.
Was Gideon hört, ist nicht so erhebend für ihn. Er wird daran erinnert, wie schwach er in sich selbst ist. Er wird in dem Traum als ein Laib Gerstenbrot vorgestellt. Doch die Auslegung lässt erkennen, dass Gott ein Schwert daraus macht, um damit den Feind zu schlagen. Gerstenbrot ist das Brot der Armen. Gott wirkt sehr oft durch Armut und Schwachheit.
Das Schwert, das hier den Sieg erringt, besteht aus Nahrung. Wenn Gottes Volk mit Christus genährt ist, hat es damit ein Schwert in der Hand, das den Feind schlägt. Gott kann unsere schwächste Wertschätzung für Christus gebrauchen, um den Feind zu schlagen. So rollt Paulus sozusagen ein Gerstenbrot in das Heerlager (die Gemeinde) in Korinth hinein, als er sagt: „Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt?“ (1Kor 1,13). Er will damit nur sagen, dass er, und auch andere, nicht als Parteihaupt fungieren will. Er ist nur ein Diener. Es geht um Christus; er zieht sich selbst nicht in Betracht.
Demgegenüber stellt er das Kreuz Christi. Was bleibt dem Hochmut und der eigenen Weisheit des Menschen übrig, wenn er auf das Kreuz blickt? Paulus „trägt“ das Kreuz Christi in die Gemeinde in Korinth hinein und wirft damit das „Zelt“ des Streits, des Misstrauens und der Uneinigkeit um. Die Auswirkung jeder einfachen Wahrheit über Christus, die in wir Liebe weitergegeben, besteht darin, dass das „Zelt“ der Bosheit, des Streites und Zanks umgekehrt wird.
Vers 15 | Die Reaktion Gideons
Und es geschah, als Gideon die Erzählung des Traumes und seine Deutung hörte, da betete er an. Und er kehrte in das Lager Israels zurück und sprach: Macht euch auf, denn der HERR hat das Lager Midians in eure Hand gegeben!
Diese Ermutigung bewirkt zuallererst Anbetung. Damit gibt er uns ein schönes Vorbild. Wenn der Herr uns etwas deutlich gemacht hat, möchte Er gern, dass wir Ihm zuerst dafür danken. Erst danach können wir unsere eigene Erfahrung anderen weitergeben. Dies gilt besonders für das Bibelstudium. Was wir dabei an Wahrheiten und anderen schönen Dingen entdecken, wird unser Herz dazu erwecken, zuallererst Ihm zu danken und Ihn dafür groß zu machen.
Wenn das nicht geschieht, ist die Gefahr vorhanden, dass das, was Er gibt und erkennen lässt, größer wird als Er selbst, der der Geber ist. Der Geber ist doch immer größer als die Gabe? Außer natürlich bei dem Herrn Jesus, der Gabe Gottes. Da sind Geber und Gabe gleich. Aber alles, was wir aufgrund des Werkes des Herrn Jesus empfangen haben, haben wir Gott zu verdanken. Alles, was wir davon entdecken werden, dürfen wir mit Dank Ihm sagen und es danach anderen weitergeben.
Jemand hat einmal gesagt: „Man kann erst etwas sein Eigentum nennen, wenn man es zuerst mit Dank Gott zurückgegeben hat.“ Bei Daniel treffen wir dieselbe Haltung an wie hier bei Gideon. Daniel fleht, ob Gott ihm eine Sache bekannt machen will (Dan 2,17.18). Gott tut das, und das Erste, was Daniel tut, ist, Gott zu preisen (Dan 2,19).
Nachdem Gideon selbst ermutigt ist und angebetet hat, sagt er dem Volk, dass der HERR den Sieg bereits gegeben hat. Es fällt wiederum auf, dass er zu dem Volk sagt, dass der HERR den Feind in ihre Hand gegeben hat, während Gott zu ihm gesagt hat, dass Er den Feind in seine Hand geben würde. Was ihm persönlich von Gott zugesagt worden war, macht er zu einer Sache für das ganze Volk. Dasselbe sahen wir bei seiner Berufung (Ri 6,12.13).