Behandelter Abschnitt 1Tim 5,14-19
Verse 14-19 Witwen (2) und Älteste
Nachdem Paulus sich über die Zurückweisung jüngerer Witwen geäußert hat, stellt er eine Alternative vor: „Ich will nun, dass jüngere Witwen heiraten.“ Dieser alterna- tive Weg wird nicht nur erlaubt, sondern empfohlen. Siehe dazu auch 1. Korinther 7,1-11 und 25-40, wo u. a. steht, dass es den meisten Menschen nicht gegeben ist, wie Paulus allein zu bleiben. So ist auch die junge Witwe frei zu heiraten, vorausge- setzt, es geschieht im Herrn (1Kor 7,39).
Wieder zu heiraten bedeutet auch, die normale Folge einer Heirat zu akzeptieren, nämlich „Kinder gebären“. Eine weitere Folge für eine wiederverheiratete junge Witwe ist, dass sie nun als Ledige nicht mehr hierhin und dorthin geht, sondern ih- ren Haushalt führt. Besonders dann, wenn sie Kinder hat, wird sie zu Hause genug zu tun haben. Zwar trägt der Vater für die Führung des Haushalts die Hauptverant- wortung, die praktische Ausführung liegt aber doch in den Händen der Mutter.
Hier zeigt uns das Wort Gottes ein Beispiel für die bedeutungsvolle Stellung, die Frauen durch das Evangelium bekommen haben: Sie sind keine Sklaven des Man- nes, sondern gleichwertig.
Wenn sie in ihrem eigenen Haus treu ist, gibt es für den Widersacher keinen Anlass, schlecht vom Haus Gottes zu reden. Das Wort „Anlass“ bezeichnet beim Militär eine Basis, von der aus ein Angriff gestartet wird. Leider gelingt es dem Widersacher in christlichen Ehen und Familien oft genug, eine solche Basis zu finden.
Paulus kannte die Verhältnisse und die einzelnen Personen der Gemeinde in Ephe- sus offensichtlich gut. Er muss feststellen, dass einige den Weg des Glaubens verlas- sen und den Weg Satans eingeschlagen haben. Für sie kommt sein Rat zu spät, für andere aber hoffentlich noch früh genug.
Er kommt noch einmal darauf zurück, dass die Gemeinde nur in Ausnahmefällen für die Witwen sorgen soll. Die Pflicht zur Versorgung liegt nicht nur bei den Kin- dern und Enkeln (V. 4), sondern auch bei anderen Angehörigen wie Bruder, Schwes- ter oder den Eltern der Witwe. Mit einem deutlichen „so leiste er ihnen Hilfe“ weist Paulus auf die Verantwortung der nächsten Angehörigen hin.
Auch wir haben es offenbar nötig, darauf hingewiesen zu werden, weil es immer die Neigung gibt, Verantwortung auf andere abzuwälzen. Der Glaube entlässt jedoch niemanden aus seiner persönlichen Verantwortung. Wenn andere „erste Hilfe“ leis- ten können, soll damit „die Versammlung … nicht belastet“ werden. Sie soll nur dann aktiv werden, wenn es sonst niemanden gibt, der zunächst verantwortlich ist. Das entlastet sie dann, „damit sie denen Hilfe leiste, die wirklich Witwen sind“.
Nachdem Timotheus nun ausführliche Anweisungen bekommen hat, wie er in der Gemeinde mit Witwen umgehen sollte, gibt Paulus noch einige Anweisungen in Be- zug auf Älteste (oder Aufseher, siehe die Erklärung zu Kap. 3,2). Älteste führen ört- liche Gemeinden (3,5), weiden die Herde Gottes und wachen über die Lehre (1Pet 5,2; Apg 20,28-31).
Ihre Arbeit sollte geschätzt werden (vgl. 1Thes 5,13; Heb 13,17; 1Kor 16,16). Timotheus sollte die Gemeinde darauf hinweisen, dass Älteste sogar „doppelter Ehre für würdig erachtet werden“ sollten. Das hat mit der besonderen Verantwor- tung zu tun, die ihre Arbeit mit sich bringt. Die Tatsache, dass eine solche Aufforde- rung nötig war, scheint darauf hinzudeuten, dass man schon damals nicht sehr viel von den Ältesten annahm.
Jeder Älteste sollte so viel Schriftkenntnis haben, dass er damit andere ermahnen und zurechtweisen konnte (3,2; Tit 1,9). Das heißt nun nicht, dass jeder Älteste auch damit beschäftigt war. Die Aufgabe eines Ältesten war es zunächst, zu führen und für Ordnung im Haus Gottes zu sorgen. Es gab jedoch auch Älteste, die das Wort Gottes predigten und es auslegten. So etwas ging und geht nicht von selbst. Predi- gen und Auslegen brauchen Vorbereitung. In der Arbeit selbst ist ständig Abhängig- keit vom Herrn nötig. Auch die Nacharbeit, die eine solche Aufgabe mit sich bringt, ist anstrengend. Deshalb wird von „arbeiten“ gesprochen. Damit ist Schwerstarbeit gemeint, arbeiten bis zum Rand der Erschöpfung. So schwer kann geistliche Aktivi- tät sein.
Die Ehre, die „besonders“ denen zukommt, die so arbeiten, kann in finanzieller Un- terstützung seitens der Gemeinde zum Ausdruck kommen. Um diese Aufforderung zu bekräftigen, zitiert Paulus zwei Stellen aus der Schrift. Wenn er „die Schrift sagt“ verwendet, unterstreicht er damit, dass das Reden Gottes und die Schrift die gleiche Autorität haben.
Das erste Zitat ist 5. Mose 25,4 entnommen. Paulus hat diesen Vers schon früher zi- tiert, und zwar in 1. Korinther 9,9.10 (vgl. Gal 6,6). Gott hatte festgelegt: „Du sollst dem Ochsen, der drischt, nicht das Maul verbinden.“ Das drückt Gottes Fürsorge für die Ochsen aus. Ein dreschender Ochse durfte während des Dreschens vom Korn fressen. Trotzdem hat Gott diese Vorschrift nicht in erster Linie für die Ochsen gege- ben, sondern für seine Diener. Eine solche Anwendung eines Verses aus dem Alten Testament ist völlig in Ordnung, wie 1. Korinther 10,11 und Römer 15,4 zeigen.
Den Korinthern gegenüber führt Paulus diesen Vers an, um sein Recht, von ihnen unterstützt zu werden, herauszustellen. Er tat das nicht, weil er selbst davon Ge- brauch machen wollte. Er verzichtete sogar auf dieses Recht, weil er seine Arbeit in dem Evangelium in keinerlei Weise mit Geld in Verbindung bringen wollte. Es ist deshalb um so auffallender und auch schön zu sehen, wie er diesen Vers auf andere anwendet. Eine schöne Lektion. Worauf du selbst verzichtest, kannst du dennoch von Herzen anderen gönnen.
Das zweite Zitat ist ein Wort des Herrn Jesus. Als Er die Siebzig aussandte, sagte Er ihnen, dass sie das, was man ihnen geben würde, nicht als Almosen, sondern als Lohn für ihre Arbeit ansehen sollten, denn „der Arbeiter ist seines Lohnes wert“ (Lk 10,7). Sie durften sich dem Messias von Herzen anvertrauen und annehmen, was ihnen gegeben wurde. Als wirkliche Arbeiter für den Herrn hatte Er ihnen aus- drücklich das Recht dazu gegeben.
Aus den Worten „die Schrift sagt“, gefolgt von einem Zitat aus dem Lukasevange- lium, ist übrigens ersichtlich, dass es dieses Evangelium bereits gab. Es muss von den Gläubigen auch als ein Teil der Schrift anerkannt gewesen sein. Du sieht auch, dass ein Zitat dem Alten Testament und ein Zitat dem Neuen Testament entnom- men ist. Das beweist die Einheit beider Testamente als vollkommen vom Geist Got- tes inspiriert (vgl. 2Pet 3,16).
Auch ein Ältester kann versagen. Die Folgen des Fehltritts eines führenden Bruders sind äußerst ernst. So jemand hat durch seine herausragende Stellung einen gefährli- chen Platz in der Gemeinde. Der Feind wird es ganz besonders auf ihn abgesehen haben. Wenn daher eine Beschuldigung an die Adresse eines Ältesten gerichtet wird, soll man darauf nicht eingehen, „außer bei zwei oder drei Zeugen“.
Wenn ein Ältester einer bestimmten Sünde bezichtigt wird, muss der Vorwurf ge- nau untersucht (5Mo 13,13-15) und mit großer Vorsicht behandelt werden. Für eine
Sünde, die eventuell ein Ältester begangen hatte, musste es mindestens zwei, besser noch drei Zeugen geben (5Mo 19,15; Mt 18,16; 2Kor 13,1). Die Gemeinde darf sich nicht auf Gerüchte einlassen. Die Gemeinde beschäftigt sich nicht mit Gerüchten, sondern mit konkreter Sünde.
Diese Anordnung ist sehr wichtig. Die Gefahr ist sehr groß, dass jemand, der von ei- nem Ältesten ermahnt wurde, sich aber nichts sagen lassen will, diesen Ältesten in ein schlechtes Licht stellen will. Man hört dann Bemerkungen wie „ein falsches Vor- gehen“ und „liebloses Auftreten“. Auch werden schnell Vermutungen geäußert, der Älteste würde selbst ebenfalls eine bestimmte Sünde heimlich dulden. Alle derarti- gen Schmähungen in Bezug auf Älteste sind ein erprobtes Mittel Satans. Das macht schnell die Runde und richtet ernormen Schaden an. Es ist wichtig, sich davon fern- zuhalten.
Wie nun tatsächlich zu verfahren ist, wenn ein Ältester sündigt, wird im folgenden Abschnitt behandelt.