Behandelter Abschnitt Apg 27,11-20
Verse 11-20 Alle Hoffnung auf Rettung dahin
11 Der Hauptmann aber glaubte dem Steuermann und dem Schiffsherrn mehr als dem, was Paulus sagte. 12 Da aber der Hafen zum Überwintern ungeeignet war, rieten die meisten dazu, von dort abzufahren, ob sie etwa nach Phönix gelangen und dort überwintern könnten, einem Hafen Kretas, der gegen Nordosten und gegen Südosten sieht. – 13 Als aber ein Südwind sanft wehte, meinten sie, ihren Vorsatz erreicht zu haben, lichteten die Anker und fuhren dicht an Kreta hin. 14 Aber nicht lange danach erhob sich von dorther ein Wirbelsturm, Eurakylon genannt. 15 Als aber das Schiff mitgerissen wurde und dem Wind nicht zu widerstehen vermochte, gaben wir auf und ließen uns treiben. 16 Als wir aber unter einer gewissen kleinen Insel, Kauda genannt, hinliefen, vermochten wir kaum des Beibootes mächtig zu werden. 17 Dieses zogen sie herauf und gebrauchten die Hilfsmittel, indem sie das Schiff umgürteten; und da sie fürchteten, in die Syrte verschlagen zu werden, ließen sie das Takelwerk nieder und ließen sich so treiben. 18 Da wir aber sehr vom Sturm litten, warfen sie am folgenden Tag Ladung über Bord; 19 und am dritten Tag warfen sie mit eigenen Händen das Schiffsgerät fort. 20 Da aber mehrere Tage lang weder Sonne noch Sterne schienen und ein nicht geringes Unwetter auf uns lag, war zuletzt alle Hoffnung auf unsere Rettung entschwunden.
Der Rat des Paulus wird in den Wind geschlagen. Daraufhin schweigt er und öffnet seinen Mund erst wieder in Vers 21. So hat die bekennende Kirche ebenfalls nicht auf Paulus gehört, und das ist die Ursache des Verfalls. Die Warnungen, die wir in der Schrift finden, werden in den Wind geschlagen. Die christlichen Führer, die behaupten, es zu wissen und ein Diplom vorzeigen können, haben in der Kirche das Ruder in der Hand. Die Folge ist, dass das Schiff zur Beute der Naturelemente wird, führungslos und ohne irgendein Licht.
Es ist eine Situation, die wir in der Kirchengeschichte im dunklen Mittelalter wiedererkennen. Da wurde das Wort Gottes völlig verachtet, nur das Wort von Menschen zählte. Die Kirche lehrte, und das Kirchenvolk schluckte es. Es gab eine Geistlichkeit, die dem Volk vorschrieb, wie die Bibel gelesen werden musste. Diese Situation finden wir besonders in der römisch-katholischen Kirche, doch diese Dinge finden wir auch in den protestantischen Kirchen. Die Probleme werden auf menschliche Weise behandelt und menschliche Lösungen werden eingesetzt. Nach demokratischem Grundsatz beschließt die Mehrheit.
So war es auch an Bord des alexandrinischen Schiffes, wo Paulus zwar anwesend war, doch man hörte nicht auf ihn. Allgemein ist man der Meinung, dass der Hafen zum Überwintern nicht geeignet sei. Wenn es jedoch darauf ankommt, was vernünftig ist, finden die meisten es ratsam, abzufahren und nach Phönix zu gelangen, um dort zu überwintern. Wenn dort steht, dass das befolgt wurde, was „die meisten“ rieten, heißt das auch, dass es Menschen gab, die lieber dem Rat des Paulus gefolgt wären. Sie bildeten allerdings eine Minderheit.
Nachdem das Schiff den Hafen verlassen hat, scheinen die ersten Erfahrungen dem, was „die meisten“ rieten, Recht zu geben, also nicht Paulus. Bei dem sanften Südwind vermutete niemand, was für ein starker Charakter in dem Mann Paulus steckte. Das wird offenbar, als ein Wirbelsturm aufkommt. Nun übernimmt der Passagier und Gefangene Paulus die Führung. Er entscheidet und gibt Anweisungen, die über Tod oder Leben für alle entscheiden.
Der Eindruck einer richtigen Entscheidung hält nicht lange an, denn kaum sind sie unterwegs, zieht von der Insel her plötzlich ein nordöstlicher Wirbelsturm auf, Eurakylon genannt. Der Sturm ist so heftig, dass das Schiff nicht auf Kurs gehalten werden kann. Die Mannschaft ist gegenüber dieser Naturgewalt machtlos. Sie überlassen das Schiff den Launen der Natur. Das ist ein treffendes Bild von einer Kirche, die von jedem Wind der Lehre umhergetrieben wird. Besonders die römischkatholische Kirche ist „eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes und ein Gewahrsam jedes unreinen und gehassten Vogels“ (Off 18,2).
Das einzige Rettungsmittel ist das Beiboot. Das Beiboot ist der Fluchtweg für den Augenblick, wenn es schief zu gehen droht. Darüber will der Mensch die Kontrolle behalten, was bis zu einem gewissen Punkt gelingt. Doch alle Fluchtwege und Sicherheitsmaßnahmen bringen das Schiff nicht an Land. Der Sturm rast unvermindert weiter. Eine andere Vorsichtsmaßnahme besteht darin, das Schiff zu umgürten. Dadurch sollen die Bretter des Schiffes zusammengehalten werden, so dass es ein Ganzes bleibt. Das Umgürten des Schiffes ist vergleichbar mit den äußeren Mitteln, mit denen man versucht, die Kirche als Schiff über Wasser zu halten, z. B. durch Konzile. Doch trotz dieser Maßnahmen bleibt das Schiff führungslos.
Da auch die Gefahr groß ist, in die Syrte verschlagen zu werden, wird das Takelwerk niedergelassen. Was noch irgendwie helfen konnte, das Schiff auf Kurs zu halten, aber was der Sturm nun in seine Macht bekommen hat, wird herabgelassen. Obwohl das möglicherweise eine direkte Gefahr verhindert, bietet es keine wirkliche Rettung. Der schädliche Sturm hält an.
Das veranlasst die Mannschaft dazu, die Ladung am nächsten Tag über Bord zu werfen. Vielleicht war es ein Teil des Korns, dessen Rest in Vers 38 über Bord geworfen wird. Am dritten Tag werden das niedergelassene Takelwerk und der Rest des Schiffsgeräts weggeworfen. Auf diese Weise wird dem Sturmwind möglichst viel Angriffsfläche genommen. Alles, was über Bord geht, sei es nun ein Teil des Schiffes oder der Ladung, beraubt das Schiff seines Wertes und seiner Funktion.
So hat die christliche Kirche im Lauf der Jahrhunderte immer mehr von ihrem Wert nach Gottes Gedanken und von ihrer Bestimmung für Gott und gegenüber der Welt verloren. Denken wir nur an den „dritten Tag“, der an die Auferstehung des Herrn Jesus erinnert. Ist der nicht beinahe in der gesamten Christenheit über Bord gegangen? Das kann bedeuten, dass die Auferstehung radikal geleugnet wird oder auch, dass das orthodoxe Bekenntnis zwar vorhanden ist, jedoch die entsprechenden Konsequenzen für das Glaubensleben völlig fehlen.
Wenn diese Säule des Glaubens umgehauen wird, ist die Folge, dass der Glaube keine Nahrung mehr für das Herz bietet und dass man in völliger geistlicher Finsternis umherirrt. Man sieht kein himmlisches Licht mehr. Was kennzeichnend war für das dunkle Mittelalter, weil das Wort Gottes dem Volk vorenthalten wurde, ist auch kennzeichnend für die heutige Christenheit. Da ist nichts mehr, woran der Christ seinen Kurs ausrichten kann. Die Hoffnung auf Errettung, die Rettung aufgrund des Glaubens ist verschwunden.