Behandelter Abschnitt Apg 26,27-32
Verse 27-32 Agrippa wird vor die Wahl gestellt
27 Glaubst du, König Agrippa, den Propheten? Ich weiß, dass du glaubst. 28 Agrippa aber sprach zu Paulus: In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden. 29 Paulus aber sprach: Ich möchte wohl zu Gott beten, dass über kurz oder lang nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen diese Fesseln. – 30 Und der König stand auf und der Statthalter und Bernice und die, die mit ihnen dasaßen. 31 Und als sie sich zurückgezogen hatten, redeten sie miteinander und sagten: Dieser Mensch tut nichts, was des Todes oder der Fesseln wert wäre. 32 Agrippa aber sprach zu Festus: Dieser Mensch hätte freigelassen werden können, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte.
Danach richtet sich Paulus ganz direkt an Agrippa. Paulus weiß, dass Agrippa den Propheten glaubt. Allerdings bringt diese Art von Glauben, die Agrippa hat, niemanden zur Bekehrung. Das Kennen der Tatsachen des Christentums reicht nicht aus. Es muss ein Werk des Heiligen Geistes im Herzen stattfinden und das Wort Gottes muss auf Herz und Gewissen angewandt werden, so dass jemand seine Sünden erkennt und Zuflucht zum Herrn Jesus nimmt. Das bedeutet jedoch nicht, dass Paulus das Bekenntnis von Agrippa nicht ernstnehmen würde. Er sieht darin einen Anknüpfungspunkt, ihn für das Evangelium zu gewinnen.
Doch für Agrippa, der wohl sehr aufmerksam zugehört hat, ist diese Konfrontation zu frontal. Mit einem Scheinargument zieht er „seinen Kopf aus der Schlinge“. Er wollte zwar alles über den neuen Gottesdienst wissen, wünscht aber nicht, persönlich angesprochen zu werden. Mit einer womöglich spöttisch gemeinten Bemerkung weicht er dem Druck aus, den Paulus auf ihn legt. Er begreift sehr gut, dass es Paulus darum geht, ihn zu einem Christen zu machen. Er gebraucht den Namen „Christ“, was zeigt, dass dieser Name für die Nachfolger Christi seit Kapitel 11,26 allgemein verbreitet war und gebraucht wurde. Vielleicht benutzt er diese Ausrede, damit er sich nicht vor der erlauchten Gesellschaft blamiert (vgl. Mt 14,9).
In seiner Reaktion darauf ruft Paulus noch allgemeiner auf und spricht alle an. Der sehnliche Wunsch seines Herzens ist es, dass sich nicht nur Agrippa retten lässt, sondern dass sich alle retten lassen. Er ist reich in Gott, und als solcher konnte er sich als Beispiel für Glück nennen. Die Jahre im Gefängnis waren gesegnete Jahre. Die mehr als zwei Jahre, die er ungerechterweise im Gefängnis war, haben aus ihm nicht einen verbitterten Mann gemacht, sondern einen Mann, der die Gnade umso heller erstrahlen lassen kann.
Er gönnt ihnen sein inneres Glück, nicht seine Fesseln. Er wünscht nicht, dass jemand so ungerecht behandelt wird wie er. Das ist Christentum. Die Gnade erhebt sich über alles Böse. Die Gnade wünscht anderen das
Beste, sogar denen, die sich der zeitlichen Ergötzung der Sünde hingeben. Für Felix war Paulus der Prediger der Gerechtigkeit (Apg 24,25). Für Agrippa und Festus ist er der, der den Segen besitzt, der weit über alle irdische Herrlichkeit hinausgeht.
Nach diesen Worten des Paulus folgt kein spöttisches Reden mehr, auch kein drohendes Reden. Stattdessen steht die ganze Gesellschaft auf und geht fort. Sie ziehen sich zurück, um sich zu beraten. Diese Beratung ergibt erneut, dass Paulus nichts Unrechtes getan hat. Die Schlussfolgerung ist, dass dieser Mensch hätte freigelassen werden können. Da er sich jedoch auf den Kaiser berufen hat, muss er nach Rom. Sie konnten auch nichts anderes beschließen, denn das ist der souveräne Weg Gottes, den Er für seinen Diener bestimmt hat.