Verse 12 | Der Überrest Edoms und alle Nationen
damit sie den Überrest Edoms und alle Nationen in Besitz nehmen, über denen mein Name genannt werden wird, spricht der HERR, der dieses tut.
Es scheint, als ob etwas von Edom übrigbleiben wird, aber es wird keine eigenständige Bedeutung haben und zu ganz Israel gehören. Was von Edom übrig bleibt, ist sein Gebiet, und das wird Israel erblich besitzen, weil Gott es für sein Volk reserviert hat. Wie dies geschehen wird, darüber informiert uns Obadja, der nächste Prophet. In seiner Prophezeiung wird das Schicksal Edoms ausführlich beschrieben (vgl. 4Mo 24,18).
Amos benutzt Edom als Beispiel für die Wiederherstellung der Autorität Gottes. Gott übt seine Autorität durch sein Volk über alle Nationen aus, die einst an Israel unterworfen waren, sich aber durch den Niedergang des Hauses David der Autorität Israels entzogen hatten.
Das Nennen des Namens über eine Sache oder eine Person deutet auf ein Eigentumsrecht hin (2Sam 12,28; Jes 4,1; Jer 7,14; 5Mo 28,10). Die ganze Wiederherstellung Israels in dem Land der Verheißung und die Wiederherstellung seiner Autorität über die Nationen sind ausschließlich die Folgen des Handelns des HERRN. Obwohl Er sein Volk benutzt, ist Er es, der sein Volk in diese Lage versetzt und ihm die Kraft gibt, um frühere Feinde zu unterwerfen. Er ist „der HERR, der dieses tut“.
Dieser Vers und der vorige werden vom Apostel Jakobus in Apostelgeschichte 15 zitiert (Apg 15,16-18). In diesem Kapitel wird über die Frage gesprochen, ob Gläubige aus den Nationen in die Gemeinde aufgenommen werden können, ohne Juden zu werden, d. h., ohne beschnitten zu werden. In dem heftigen Wortstreit, der sich darüber entzündet, spricht Jakobus gesunde Worte. Er zeigt, dass bereits im Alten Testament gesagt wird, dass die Heiden gesegnet werden, ohne sich dem Judentum anzuschließen.
Um zu bestätigen, dass seine Aussage mit den Propheten übereinstimmt, zitiert er diese Verse aus Amos 9 (Verse 11.12). Er spricht überhaupt nicht über die Erfüllung der Prophezeiung. Er sagt nur, dass die Propheten mit dem übereinstimmen, was Petrus vorher während der Diskussion über dieses Thema gesagt hat. Amos macht deutlich, dass die Menschen aus den Nationen den Namen des HERRN tragen werden, unabhängig vom Judentum sind.
Was Jakobus mit seinem Zitat nicht sagt, ist, dass mit dem Entstehen des Christentums die verfallene Hütte Davids errichtet wurde. Wie bereits gezeigt, geht es um die Errichtung der verfallenen Hütte zu der Zeit, wenn der Herr Jesus auf der Erde auf dem Thron seines Vaters David regieren wird. Aber so wie es in dieser zukünftigen Zeit sein wird – dass es dann Segen für die Heiden als eigenständige Völker geben wird – so wendet Jakobus das Zitat von Amos auf die heutige Zeit an. Denn auch in der heutigen Zeit geschieht das, was Gott in der Zukunft tun wird, und das ist, die Heiden zu segnen. Gott segnet sie, nicht, indem er den Heiden erlaubt, sich dem Judentum anzuschließen, sondern indem er Jude und Heide zu einem Leib, der Gemeinde, formt.
Ein wichtiger Unterschied ist, dass die gläubigen Nationen zu dieser Zeit von Christus im Himmel gesegnet werden. Dies gilt auch jetzt für die gläubigen Juden. Bald werden die Nationen durch das wiederhergestellte jüdische Volk gesegnet werden.
Jakobus spricht nicht über die besondere Stellung der Gemeinde. Die Wahrheit der Gemeinde, in der Jude und Heide zusammen etwas völlig Neues bilden, wird von Paulus gelehrt und erklärt werden, besonders im Brief an die Epheser. Jakobus zitiert die Worte des Amos nur, weil sie in Übereinstimmung sind mit dem, was dort in Apg 15 geschieht, und er zitiert sie nicht, um zu sagen, dass sich die Prophezeiung des Amos zum damaligen Zeitpunkt bereits erfüllt hat.
Die Übereinstimmung zwischen dem, was Amos sagt, und dem Problem in Apostelgeschichte 15 ist also, dass es für die Heiden als solche Segen gibt. Der Unterschied besteht darin, dass Amos prophetisch über eine Zeit spricht, in der es für die Nationen im tausendjährigen Reich Segen gibt, wenn sie sich Israel unterwerfen. In Apostelgeschichte 15 geht es um die Zeit der Gemeinde, die bis heute noch andauert und es geht um den Segen für die Heiden aus den Nationen, den sie heute bekommen durch Buße zu Gott und nicht dadurch, dass sie zum Judentum konvertieren. Amos spricht also über die Zeit des Friedensreiches, in der die ganze Erde durch Israel gesegnet wird.