Verse 7 | Gottes Volk ist nicht besser als die Heiden
Seid ihr mir nicht wie die Kinder der Äthiopier, Kinder Israel?, spricht der HERR. Habe ich nicht Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt und die Philister aus Kaphtor und die Syrer aus Kir?
Die Gerichte kommen über Israel, weil sie nicht besser sind als die Nationen. In der Praxis sind sie dem HERRN nicht näher als die Heiden. Gott nimmt ihnen die fleischliche Sicherheit, auf die sie sich verlassen, nämlich indem sie darauf vertrauen, dass sie doch das auserwählte Volk sind. Das hat Gott ja bewiesen, als Er sie aus Ägypten befreit hat. Diese Auserwählung gibt ihnen die Garantie, so meinen sie, dass Gott sie nicht als sein Volk im Stich lässt oder zulässt, dass sie von den Heiden vernichtet werden.
Für sie gilt, was wir in Römer 2 sehen: „Denn Beschneidung ist zwar von Nutzen, wenn du [das] Gesetz tust; wenn du aber ein Gesetzes-Übertreter bist, [so] ist deine Beschneidung Vorhaut geworden“ (Röm 2,25). Wer das Gesetz hält, ist ein wahres Mitglied des Volkes Gottes und kann auf Gottes Schutz zählen. Die Abtrünnigen werden untergehen, sie sind den Heiden gleich geworden. Sich zu rühmen, dass sie Abrahams Nachkommen sind, ist unangebracht, wenn sie nicht auch die Werke ihres Vaters Abraham tun (Joh 8,33.37.39.40). Ihr Verhalten ist dem der Nationen gleich, deshalb werden sie wie die Nationen behandelt.
Die Gleichheit mit den von Amos genannten Nationen ist nicht in absolutem Sinn gemeint (Amos 3,2). Aber praktisch hat sich das abtrünnige Israel auf die Ebene dieser Nationen gestellt, die ebenfalls keine Beziehung zu Gott haben. Es ist auch wahr, dass Gott sich außer Israel auch um die anderen Nationen der Erde kümmert und ihnen eine Wohnstätte gibt.
Alles in allem gibt es keinen Grund für Israel, sich selbst zu erheben, als ob sich Gottes Einmischung auf Israel beschränken würde und Israel somit für Ihn unverzichtbar wäre. Es geht also nicht darum, das besondere Privileg Israels zu verkennen, sondern sich der fleischlichen Auffassung zu widersetzen, die Israel davon hat.
Die Äthiopier werden wegen ihrer schwarzen Haut erwähnt (Jer 13,23), als ein Bild der geistlichen Schwärze Israels. Jeremia beschreibt es so: „Wie wurde verdunkelt das Gold, verändert das gute, feine Gold!“ (Klgl 4,1). Obwohl sie Kinder Israels sind, haben sie für Gott nicht mehr Wert als die Kinder Äthiopiens.
Auch Christen können sich in der Praxis so verhalten, dass sie vor Gott nicht anders sind als Söhne der Finsternis. Dann lehnt Er sie und ihren Dienst ab, so wie Er es hier mit Israel getan hat. Für das entartete Israel hat der Auszug aus Ägypten keine höhere Bedeutung als der Auszug der beiden genannten Heidenvölker aus ihrer früheren Heimat in das Gebiet, in dem sie jetzt wohnen.
Es scheint, dass die Philister und die Syrer nicht willkürlich als Vorbilder genannt werden. Die Philister sind unbeschnitten und werden daher von Israel verachtet. Aber Israel verhält sich, als ob sie unbeschnitten wären, weshalb Gott sie mit den Philistern gleichsetzt. Die Syrer werden erwähnt, weil sie in das Exil nach Kir, dem Ort ihrer Herkunft, zurückgebracht werden (Amos 1,5). Was mit den Syrern geschehen wird, ist ein Beispiel dafür, was mit Israel geschehen wird, das Gericht, das sie treffen wird (Hos 11,5).