Verse 13 | Der Einsichtige schweigt
Darum schweigt der Einsichtige in dieser Zeit, denn es ist eine böse Zeit.
Amos beantwortet nicht die Frage, ob der Einsichtige besser schweigen sollte. Er stellt vielmehr die Tatsache fest. Der Weise kann schweigen, denn sonst wird er den Hass der Reichen auf sich ziehen. Er kann auch schweigen, weil er sieht, dass doch niemand zuhört und dass nur die Sprache des Geldes zählt. Er schweigt, weil ein Appell an die Führer vergeblich sein wird, so korrupt und bestochen sie sind, sodass ihm keine Gerechtigkeit zuteilwerden wird. Der Umfang des Bösen kann so übermächtig sein, dass es sinnlos ist, sich dagegen zu wenden. Wenn es eine Zeit des geistlichen Niedergangs ist, in der alles Reden und Ermahnen nicht mehr hilft, dann ist „eine Zeit des Schweigens“ (Pred 3,7) angesagt.
Das Schweigen kann auch Bezug haben auf die Haltung, die der Einsichtige annimmt, wenn er Gottes gerechte Strafen sieht. Er wird nicht dagegen rebellieren, denn er erkennt, dass Gott seine Strafe ausführt, weil es eine Zeit ist, in der die Bosheit offen zu Tage tritt. Der Verständige sucht dann Zuflucht im Heiligtum. Er protestiert nicht, sondern vertraut auf Gottes Eingreifen.
Es ist möglich, dass mit diesem „Einsichtigen“ ein maskil
gemeint ist. Die Bezeichnung maskilim bedeutet „Verständige“
oder „Lehrer“. Dies ist eine Gruppe von besonderen Gottesmännern. Sie
sind Menschen, die in der Endzeit Einblick in die Gedanken und Wege
Gottes gewinnen werden, um andere zu lehren (