Verse 7 | Herzlosigkeit und sexuelles Fehlverhalten
sie, die danach lechzen, den Staub der Erde auf dem Haupt der Geringen zu sehen, und den Weg der Sanftmütigen krümmen; und ein Mann und sein Vater gehen zu derselben Hure, um meinen heiligen Namen zu entweihen;
Die Unterdrücker sind so herzlos, ihre Gesinnung so verdorben, dass es ein unnatürliches Verlangen nach Erniedrigung der Armen gibt. Die Armen wurden bereits durch ihre Armut erniedrigt, doch Erbarmung oder Mitgefühl für ihre Situation gibt es bei diesen Unterdrückern nicht. Hart und egoistisch wie sie sind, finden sie ein teuflisches Vergnügen daran, anzuschauen wie die Armen noch tiefer gedemütigt und in extreme Verzweiflung getrieben werden. Was über Edom gesagt wurde, gilt auch für diese Reichen: Sie haben ihre Barmherzigkeit erstickt (Amos 1,11). Und hier geht es um ihre eigenen Landsleute, um die Mitglieder des Volkes Gottes.
Der Ausdruck „Staub … auf dem Haupt“ bedeutet, dass sie in Trauer versinken oder dass die Reichen über sie hin trampeln und sie so in den Staub drücken. Staub auf dem Haupt ist ein Zeichen von tiefster Trauer (2Sam 1,2; Hiob 2,12).
Arme sind zugleich auch wehrlos. Macht und Einfluss liegen bei denen, die Geld haben. Arme dagegen sind der Willkür der Reichen ausgeliefert. Sie bestimmen nach ihren eigenen, ungerechten Normen, was für die Armen richtig ist und welchen Lohn sie erhalten. Es läuft darauf hinaus, dass sie alle Lebensbedingungen der Armen so verändern, um selbst den größten Vorteil zu haben.
Wer mit der Geschichte der Menschheit etwas vertraut ist, wird immer wieder auf diese schreckliche Praxis stoßen. Die am meisten Benachteiligten werden übervorteilt und man tut so, als wären sie Waren oder Gebrauchsgegenstände. Die Menschenwürde und das Recht auf eine würdige Existenz werden ihnen genommen. Nochmals, das sind Handlungen von
Menschen, die zum Volk Gottes gehören, in Bezug auf solche Männer und Frauen, die ebenfalls zu diesem Volk gehören.
Wenn das Herz gegenüber Gott und seinem Wort verschlossen ist – obwohl noch ein mündliches Bekenntnis da sein mag –, ist das Herz auch für die Mitgläubigen verschlossen (vgl. 1Joh 3,17). Der Umgang mit anderen Mitgliedern des Volkes Gottes wird durch das bestimmt, welchen Nutzen diese Verbindung hat in Bezug auf einen materiellen Vorteil oder hinsichtlich der Befriedigung verdorbener Gefühle.
Wie sehr die natürlichen Gefühle erstickt sind, zeigt auch die zweite Übertretung: Das Gehen eines Mannes und seines Vaters zur gleichen Hure erinnert an „eine solche Hurerei, die nicht einmal unter den Nationen vorkommt: dass einer seines Vaters Frau hat“ (1Kor 5,1). Wenn das Volk Gottes das Wort Gottes ablehnt, sinkt es tiefer als die Heiden. Zum selben Mädchen oder zur selben Hure zu gehen, ist noch schlimmer als zu verschiedenen Mädchen oder Huren zu gehen. Das eine ist bereits eine große Sünde, das andere ist eine noch größere Sünde.
In Verbindung mit dieser widerlichen Sünde spricht der HERR durch Amos, dass genau diese Sünde geschieht, „um meinen heiligen Namen zu entweihen“. Dieser Ausdruck findet sich auch in 3. Mose 22 als Abschluss eines langen Abschnitts über persönliche und soziale Reinheit (3Mo 22,32). In diesem Teil wird speziell die Sünde des Inzests besonders verboten (3Mo 18,6-18; 20,17-21). Auch wenn es im vorliegenden Fall um eine Frau außerhalb der Familie geht, so ist doch ein deutlicher Bezug vorhanden, wenn Vater und Sohn zu derselben Hure gehen.
Derartige Handlungen geben einen Einblick in die damalige soziale Situation. Die Reinheit und Treue, die man von einem gottesfürchtigen Vater in seiner Ehe erwarten kann, fehlt. Sowohl der Vater als auch der Sohn handeln bewusst im Ungehorsam gegenüber Gott. Mit Beharrlichkeit im Ungehorsam verschwinden auch alle Gefühle der Scham.
Paulus macht in 1. Korinther 5 deutlich, dass so etwas Furchtbares nicht nur in Israel geschah. Auch in der christlichen Gemeinde kommt diese schamlose Unzucht vor. Wo das Recht gebeugt wird, gibt es auch kein richtiges Bild mehr von Ehe und Sexualität und es wird selbst in diesen Dingen der Bruder übervorteilt (1Thes 4,3-6).
Paulus macht in 1. Korinther 5 deutlich, was die Pflicht der Gemeinde gegenüber Mitgliedern der Gemeinde ist, die in solchen und anderen Sünden leben. Die Gemeinde bekommt den Auftrag: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (1Kor 5,13b). Wer in einer Sünde verharrt, muss schließlich als Böser aus der Mitte der Gemeinde hinausgetan werden.