Einleitung
In diesem Kapitel folgen die wechselnden Bilder, die der Prophet beschreibt, immer heftiger aufeinander. Das liegt an seiner Empörung über all das Böse, das sein Auge wahrnimmt. Es wird nur über Ephraim gesprochen, also über die zehn Stämme. Die Verse 3–7 befassen sich mit inneren Angelegenheiten, die Verse 8–16 mit der Außenpolitik.
Jeder Versuch Gottes, Israel zu heilen, wird von ihnen mit noch größerer Untreue beantwortet. Ephraim (= Israel) hat sich nicht von den Nationen abgesondert gehalten. Infolgedessen ist seine Kraft verschwunden, aber das sieht er selbst nicht. Und wenn sie zu Gott um Hilfe schreien, dann nicht mit dem Herzen. Sie brauchen Gott nur, um aus dem Elend herauszukommen und dann wieder ihren eigenen Weg zu gehen. Wehe uns, wenn wir meinen, auf diese Weise mit Gott umgehen zu können.
Verse 1 | Heilung offenbart Bosheiten
Sobald ich Israel heilen will, werden die Ungerechtigkeit Ephraims und die Bosheiten Samarias offenbar; denn sie verüben Falschheit, und der Dieb dringt ein, draußen raubt die Streifschar.
Alle gnädigen Versuche Gottes, Israel zu heilen, bleiben ergebnislos. Vielmehr kommt es zu einer noch größeren Offenbarung von Ungerechtigkeit. Gottes erwähnte Versuche bestehen in der Aussendung seiner Propheten. Gott will dadurch ihr Gewissen erreichen, damit das Volk seine Schuld einsieht und seine Sünde bekennt. Aber statt auf diese Propheten zu hören, wird ihr Hass gegenüber Gott offenbar. Sie verwerfen Ihn in seinen Propheten. Das offensichtlichste Beispiel ist, als der Herr Jesus in die Mitte seines Volkes kommt. Seine Gegenwart bringt die Ungerechtigkeit des Volkes auf die deutlichste Weise ans Licht.
Gott ist immer auf der Suche nach Heilung, er bietet immer Rettung an. Aber alles wird abgelehnt, von Israel und auch von dem Sünder heute. Gott will heilen, aber die Krankheit muss anerkannt werden. Anstatt die
Krankheit anzuerkennen und Gott sein Werk tun zu lassen, verschlimmert das Volk seine Krankheit, indem es Ihn ablehnt. Sie wollen ihre Krankheit nicht sehen.
Wenn ein Arzt ständig andere Medikamente verschreiben muss, weil die früheren nicht wirken, muss das Leiden hartnäckig und tiefgreifend sein. Es liegt dann eine sehr ernste Krankheit vor. Der HERR hat immer gute Medikamente gegeben, aber der Patient Israel hat sie nicht eingenommen. Die Sünden bleiben nicht verborgen, sondern werden für alle deutlich sichtbar.
Die Ungerechtigkeit wird in drei Formen beschrieben, in denen sie immer brutalere Formen annimmt:
Zunächst ist da, dass „sie Falschheit verüben“. Dies geschieht heimlich, während der Betrüger nach außen hin so tut, als sei er anständig.
Die nächste, noch brutalere Form ist die des Diebes. Der Dieb tut auch etwas Heimliches, aber sein Verhalten, er „dringt ein“, kann kaum als anständig bezeichnet werden.
Die dritte und brutalste Form des Bösen wird in der „Streifschar“
sichtbar. Eine Streifschar schämt sich für nichts. Diese Banditen „rauben draußen“, sie begehen ihre Untaten bei vollem Tageslicht.
So wird es immer schlimmer. Wenn eine Krankheit nicht aufgehalten wird, kommt es nur zu einer Verschlechterung.
Dieses Fortschreiten der Krankheit, diese Verschlechterung der Gesundheit, kennzeichnet auch die Christenheit. Bestimmte Sünden, die früher eine Ausnahme waren, werden jetzt immer häufiger. Das liegt daran, dass manche Sünden nicht mehr als Sünden erlebt werden. Und, so wird argumentiert, wenn man etwas nicht mehr als Sünde empfindet, ist es keine Sünde. Das Gefühl, das jeder hat, wird zur Norm, und die Bibel, die einzig richtige Norm, wird mehr und mehr ausgehöhlt und schließlich beiseitegeschoben. Das bedeutet eine absolute Abstumpfung der natürlichen Gefühle.
Es ist gesagt worden, dass wir die Scham hinter uns gelassen haben, das bedeutet, dass das Gefühl der Scham, das durch den Sündenfall in den Menschen gekommen ist, mehr und mehr verschwindet. Immer mehr
Menschen schämen sich für immer weniger Dinge. Was die Niederlande betrifft, hat man sogar festgestellt, dass es in diesem Land nicht mehr möglich ist, zu sündigen. Denn es gibt nichts mehr, was als Sünde bezeichnet wird. Alles ist erlaubt und gilt als normal. Das zeigt das deutliche Beispiel der gleichgeschlechtlichen „Ehe“. Für etwas so Schreckliches wurde in den Niederlanden, als erstem Land der Welt, eine „gesetzliche“ Grundlage geschaffen.