Einleitung
Hosea bekommt von Gott den Auftrag, eine Frau zu heiraten, die ihm untreu sein wird. Dadurch lernt er Gottes Gefühle mit Blick auf Israel kennen, das Ihm gegenüber untreu geworden ist. Gott kann Israel nicht mehr als sein Volk anerkennen. Dies kommt in den Namen zum Ausdruck, die Hosea seinen Kindern geben muss:
„Jisreel“ (Vers 4) bedeutet „Gott zerstreut“,
„Lo-Ruchama“ (Vers 6) bedeutet „Nicht-Begnadigte“ und
„Lo-Ammi“ (Vers 9) bedeutet „Nicht-mein-Volk“. Hosea 1 kann wie folgt unterteilt werden:
Einleitung (Vers 1).
Das Volk verlässt Gott und wird dafür gerichtet (Verse 2–5).
Gott bricht die Beziehungen zu seinem Volk ab und hört auf, sich ihrer anzunehmen (Verse 6–9).
Verse 1 | Das Wort des HERRN ergeht an Hosea
Das Wort des HERRN, das an Hosea, den Sohn Beeris, erging in den Tagen Ussijas, Jothams, Ahas’, Jehiskias, der Könige von Juda, und in den Tagen Jerobeams, des Sohnes Joas’, des Königs von Israel.
Der Prophet bringt nicht sein eigenes Wort, sondern das des HERRN. Es steht nicht geschrieben „die Worte (Plural) des HERRN“, sondern „das Wort des HERRN“. Das zeigt, dass alle Worte Gottes eine innere Einheit bilden. Jedes einzelne Wort im „Wort des HERRN“ bildet mit allen anderen gesprochenen Worten ein vollkommenes Ganzes.
Die Zeit, in der dieses Wort zu Hosea kommt, wird hauptsächlich anhand der Könige von Juda angedeutet. Vom Zehnstämmereich, in dem er doch auch prophezeit, erwähnt er nur Jerobeam, wogegen er nach Jerobeam noch sechs Könige erlebte. Allgemein wird angenommen, dass er mit der
Nennung der Könige von Juda anerkennt, dass die Könige der Familie Davids nach der Wahl Gottes Anspruch auf den Thron Israels haben. Gott hat David versprochen, dass seine Nachkommen fortwährend regieren werden (2Sam 7,12.13). Die Könige Israels, das Zehnstämmereich, sind keine Nachkommen Davids und können daher auf diese Verheißung keinen Anspruch erheben.
Von dem Zehnstämmereich nennt Hosea nur Jerobeam, weil er der letzte König Israels ist, durch den Gott handelt und Hilfe gegen den Feind verschafft. Er wird durch den HERRN gebraucht, um sein Volk zu erlösen (2Kön 14,27). Nach Jerobeam gibt es nur noch Unordnung, Totschlag und Anarchie (Hos 8,4). Deshalb erwähnt Hosea keinen der sechs Nachfolger Jerobeams, nämlich Sekarja, Sallum, Menachem, Pekachja, Pekach und Hosea. Es ist, als ob er sich dafür schämt. Er würde ihnen durch das Nennen ihrer Namen auch zu viel Ehre geben.
Jerobeam ist die dritte Generation nach Jehu, um den es in Vers 4 geht. Jehu wurde versprochen, dass er bis zur vierten Generation jemanden auf dem Thron haben wird. Der Vierte wird Jerobeams Sohn Sekarja sein. Jerobeam regiert lange: einundvierzig Jahre (2Kön 14,23). Sein Sohn Sekarja regierte für sehr kurze Zeit, nur sechs Monate (2Kön 15,8). Nach der kurzen Herrschaft Sekarjas folgt ein König dem anderen in rasantem Tempo, oft durch Mord. Durch die lange Herrschaft von Jerobeam zeigt Gott, dass Er Geduld mit dem Haus Jehus hat.
Während des Dienstes des Propheten Hosea werden vier Könige ermordet. Diese Zeit ist von großer politischer Instabilität geprägt. Auch gibt es diverse politische Gruppierungen. Die eine Gruppierung sucht ihr Heil bei dem nördlichen Nachbarn Assyrien, die andere Gruppierung befürwortet ein Bündnis mit dem südlich gelegenen Ägypten. Doch wo sind die Menschen, die ihr Vertrauen auf Gott richten?
Heute wird in der Christenheit auch mehr von kirchlichen Allianzen, erwartet sowie von Vereinbarungen und Verträgen nach dem Vorbild der Weltpolitik, als von einer Rückkehr zum Herrn und seinem Wort. Und wie steht es mit dem Vertrauen auf Gott im persönlichen Leben der Christen? Ist es nicht oft so, dass wir uns statt auf die Hilfe Gottes mehr auf Versicherungen verlassen, die wir abgeschlossen haben, auf soziale Hilfen, die wir als erworbene Rechte betrachten oder auf einflussreiche Menschen, die ein gutes Wort für uns einlegen können? Nehmen wir uns einmal kritisch unter die Lupe. Wenn wir tatsächlich entdecken, dass wir uns mehr auf andere Menschen und sonstige Hilfen stützen als auf Gott, dann sollten wir das als Sünde vor Gott erkennen und mit seiner Hilfe einen Neuanfang machen.
Dass in Vers 1 Juda und Israel als getrennte Reiche erwähnt werden, erinnert uns an die traurige Trennung, die im Volk Gottes geschehen ist. Durch die Untreue Salomos musste Gott dieses Gericht bringen (1Kön 11,11; 12,16-19).
Die große Zerrissenheit in der Christenheit ist auch das Ergebnis fortwährender Untreue der Christen. Sehr früh schon in der Geschichte der christlichen Kirche sind die Christen in Gruppen auseinandergefallen. Der Hauptgrund dafür liegt in der Entstehung einer speziellen Klasse von Gläubigen, die für sich in Anspruch nimmt, den „einfachen“ Gläubigen das Wort Gottes auslegen zu können. Dadurch hat diese Sonderklasse eine herrschende Position in der Kirche erhalten. Der Unterschied zwischen „Geistlichen“ und „Laien“ war geboren.
Es konnte nicht ausbleiben, dass auch unter denjenigen, die die herrschende Klasse, den Klerus, bildeten, Unterschiede auftraten. Infolgedessen zerfiel das Ganze in unterschiedliche Gruppierungen und Parteiungen. Paulus weist die Korinther auf dieses Übel hin, wenn er das Denken in verschiedenen Gruppen als „menschliches Denken und Handeln“ bezeichnet (vgl. 1Kor 1,11.12; 3,4). Die Ergebnisse dieser Zerrissenheit zeigen sich in der Christenheit bis heute um uns herum.
Gott hält den Weg offen, um nach seinen Gedanken als sein Volk zu leben. Wo immer man Demut über den Zustand unter dem Volk Gottes findet und wo man nach seinem Willen fragt, wird Er diesen Weg zeigen. Sein Wort ist es immer noch wert, dass man ihm ohne Abstriche gehorcht. Wer sich von diesem Wort unterweisen lässt, darf die Gedanken Gottes hinsichtlich seiner Gemeinde auf der Erde in die Tat umsetzen, auch wenn es in großer Schwachheit geschieht.
Gott will die Botschaft Hoseas auch heute noch benutzen, um Christen wachzurütteln, damit sie aufs Neue und ausschließlich auf Gott und sein
Wort vertrauen. Paulus hat die Tage, in denen wir leben, in seiner Abschiedsrede an die Ältesten der Gemeinde in Ephesus sehr scharf gezeichnet. Er weist sie und uns auf die einzige Stütze hin, die für die Gemeinde gültig bleibt: „Und nun befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade an, das vermag, aufzuerbauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten“ (Apg 20,32).