Behandelter Abschnitt Jer 9,2-8
Verse 2–8 | Der Betrug der Zunge
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Und sie spannen ihre Zunge, ihren Bogen, mit Lüge, und nicht nach Treue herrschen sie im Land; denn sie schreiten fort von Bosheit zu Bosheit, und mich kennen sie nicht, spricht der HERR. 3 Hütet euch, jeder vor seinem Freund, und vertraut auf keinen Bruder; denn jeder Bruder treibt Hinterlist, und jeder Freund geht als Verleumder umher. 4 Und sie betrügen einer den anderen, und Wahrheit reden sie nicht; sie lehren ihre Zunge Lügen reden, sie mühen sich ab, verkehrt zu handeln. 5 Deine Wohnung ist mitten unter Trug. Vor Trug weigern sie sich, mich zu erkennen, spricht der HERR. 6 Darum, so spricht der HERR der Heerscharen: Siehe, ich will sie schmelzen und läutern; denn wie sollte ich [anders] handeln wegen der Tochter meines Volkes? 7 Ihre Zunge ist ein mörderischer Pfeil, man redet Trug; mit seinem Mund redet man Frieden mit seinem Nächsten, und in seinem Innern legt man ihm einen Hinterhalt. 8 Sollte ich dies nicht an ihnen heimsuchen, spricht der HERR, oder sollte an einer Nation wie dieser meine Seele sich nicht rächen?
Das Volk glaubt, dass es durch seine Zunge stark geworden ist, durch den Gebrauch von Lügen (Vers 2). Die Zunge ist hier der Bogen und die Lüge ist der Pfeil (Ps 64,3.4). Die Sünde der Zunge ist ein großes und weit verbreitetes Übel (Ps 12,2-4; Jak 3,1-12). Der HERR stellt der Macht ihrer Lügen die „Treue“ gegenüber. Der Kontrast ist groß.
Sie gehen ihren Weg der Bosheit, weil sie den HERRN nicht kennen. Ihr Weg ist so voller Ungerechtigkeit, dass Er von ihnen sagt: „Sie schreiten fort von Bosheit zu Bosheit.“ Das ist diametral entgegengesetzt zu denen, die ihre Kraft beim HERRN suchen. Von ihnen sagt Er: „Sie gehen von Kraft zu Kraft; sie erscheinen vor Gott in Zion“ (Ps 84,7).
Sünde bringt nicht nur Trennung zwischen Gott und Mensch, sondern auch zwischen Menschen (Vers 3). Hier hören wir die Warnung, dem Nächsten und sogar dem Freund nicht zu trauen (Mich 7,5.6). Wenn das Zusammenleben von Misstrauen beherrscht wird, ist der Zusammenhalt dahin. Es zerstört die Einheit des Volkes von innen heraus. Wenn Freundschaft und Blutsverwandtschaft, beides im Osten so heilige Dinge, keine Garantie mehr für Treue sind, dann ist jegliche Verbundenheit aus dem gemeinschaftlichen Leben verschwunden.
Die Lüge ist die Sünde, die den Sündenfall verursacht hat. Die Zunge, die Gott bekennen soll, lügt über Gott. Die Zunge wird benutzt, um Lügen und nicht die Wahrheit zu verbreiten (Vers 4). Die Lehre ist sogar darauf ausgerichtet, der Zunge Lügen zu lehren und diese Lügen auszusprechen. Dadurch gehören Lügen gewissermaßen zum Charakter. Sie können nichts anderes mehr tun als lügen. In der Folge mühen sie sich ab, Unrecht zu tun und das gelehrte Unrecht in die Praxis umzusetzen. Bei dem neuen Menschen ist das anders (Eph 4,25.28).
Jeremia wird gesagt, dass er mitten unter Trug wohnt (Vers 5). Das Gleiche gilt für uns (vgl. Off 2,13). Alles, was gesagt wird, soll die Menschen davon abhalten, den HERRN zu erkennen. Das ist auch heute so. In Vers 2 heißt es noch, dass sie den HERRN nicht kennen, aber in Vers 5 heißt es, dass sie sich weigern, Ihn zu erkennen. Das liegt an ihrem Trug. Sie wollen nicht aufhören, zu lügen und zu betrügen, weil keine Liebe für die Wahrheit da ist.
Der HERR ist immer noch darauf aus, sie zu läutern, nicht sie zu vernichten (Vers 6; vgl. Mal 3,3a; Hes 22,18-22). Ihm bleibt keine andere Wahl als zu richten, Er kann nicht anders handeln, aber sein Ziel ist ihre Wiederherstellung. Er spricht von ihnen als „der Tochter meines Volkes“. Das zeigt seine Liebe zu ihnen.
Er wird den Gebrauch der Zunge, die eine wunderbare Gabe von Ihm ist, bestrafen, weil sie diese wie einen mörderischen Pfeil benutzen (Vers 7). Was mit der Zunge bekundet wird, mag noch so schön klingen, aber die Gedanken dahinter sind mit einem Hinterhalt zu vergleichen. Hinter oder unter ihren schönen Worten, in ihrem Inneren, stecken Habgier und Mordlust. Sie wollen andere mit ihrem schönen Gerede so einwickeln, dass sie zur leichten Beute werden. Sie sind darauf aus, andere zu töten, wenn sie darin einen Vorteil sehen.
Solche Dinge kann der HERR nicht ungestraft lassen (Vers 8), Er muss sie vergelten. Das Verhalten seines Volkes berührt Ihn in seiner Seele und trifft Ihn tief. Er kann es nicht ignorieren und muss dieses sündige Verhalten an ihnen heimsuchen, an denen, die nach seinem Namen genannt sind und mit denen Er sich mit Herz und Seele verbunden hat.