Behandelter Abschnitt Jes 65,1-7
Verse 1–7 | Einladung des HERRN
1 Ich bin gesucht worden von denen, die nicht [nach mir] fragten; ich bin gefunden worden von denen, die mich nicht suchten. Ich sprach: Hier bin ich, hier bin ich!, zu einer Nation, die nicht mit meinem Namen genannt war. 2 Ich habe den ganzen Tag meine Hände ausgebreitet zu einem widerspenstigen Volk, das nach seinen [eigenen] Gedanken auf dem Weg geht, der nicht gut ist. 3 Das Volk, das mich beständig ins Angesicht reizt, in den Gärten opfert und auf Ziegelsteinen räuchert; 4 die in den Gräbern sitzen und in verborgenen Orten übernachten; die Schweinefleisch essen und Gräuelbrühe in ihren Gefäßen haben; 5 die da sprechen: Bleib für dich und nahe mir nicht, denn ich bin dir heilig!, diese sind ein Rauch in meiner Nase, ein Feuer, das den ganzen Tag brennt. 6 Siehe, das ist vor mir aufgeschrieben. Ich werde nicht schweigen, bis ich vergolten habe; und in ihren Schoß werde ich vergelten 7 eure Ungerechtigkeiten und die Ungerechtigkeiten eurer Väter miteinander, spricht der HERR, [denen], die auf den Bergen geräuchert und mich auf den Hügeln verhöhnt haben; und ich werde zuvor ihren Lohn in ihren Schoß messen.
Die Antwort des HERRN auf die Fragen des gläubigen Überrestes im vorigen Kapitel finden wir nun in diesem Kapitel und besonders in den Versen 8 und 9. Der Zustand des Volkes war so schlecht, dass zunächst eine Erklärung für das Gericht, das über sie kam, notwendig ist. So hartnäckig und unaufhörlich widerstanden sie der Gnade Gottes.
Paulus zitiert die Verse 1 und 2 in Römer 10 aus der Septuaginta. Dort sehen wir, dass er Vers 1 benutzt, um diesen Vers auf die Heiden anzuwenden (Röm 10,20). Unter der direkten Leitung des Heiligen Geistes verwendete der große Apostel der Nationen diesen Vers für sie, während er Vers 2 zitiert, um den abgefallenen Zustand Israels zu veranschaulichen (Röm 10,21). Indem er beide Verse zitiert, verbindet Paulus die Annahme der Nationen mit dem Ungehorsam Israels (vgl. Apg 13,46).
Die Annahme der Nationen findet heute in der Gnadenzeit statt. Sie wird auch in der Zukunft stattfinden. Dann wird das Evangelium des Reiches
Gottes gepredigt werden und eine Menge, die niemand zählen kann, wird dieses Evangelium annehmen.
Im folgenden Abschnitt geben die Verse 3 und 4 eine schreckliche Beschreibung über die götzendienerischen Praktiken des Volkes Gottes, mit denen sie den HERRN reizen und kränken. Infolgedessen kommt Israel nicht in den Genuss der Segnungen, die die Nationen erhalten haben.
Das „in den Gräbern sitzen“ hat wahrscheinlich mit einer Form des Spiritismus zu tun, wobei danach getrachtet wird, den Kontakt mit den Toten zu suchen. Sie gehen nachts auf Friedhöfe, um böse Geister zu befragen, anstatt den HERRN zu bitten. Dadurch verunreinigen sie sich auf schreckliche Art und Weise.
Diejenigen, die diese Abscheulichkeiten praktizieren, rühmen sich wie üblich einer besonderen Heiligkeit und halten die nicht Eingeweihten auf Distanz, indem sie sich als unnahbar für andere aufstellen (Vers 5). Sie beanspruchen eine falsche Heiligkeit. Ihr ganzes Verhalten ist ein Gestank für den HERRN. Das führt dazu, dass das Maß ihrer Sünden voll wird, und es ruft nach einer gerechten Vergeltung (Verse 6.7).
Hier sehen wir den Pharisäismus in seiner vollen Ausprägung, der seinen Tiefpunkt in der Kreuzigung Christi erreichte. Heute ist diese Lehre der Heiligkeit auch in der bekennenden Christenheit präsent. Wir sehen sie dort, wo Absonderung gefordert wird aus einem Anspruch auf überlegene Heiligkeit, einer „Ich bin heiliger als du“–Haltung.
Alle ihre bösen Taten sind in einem Buch des Gedenkens „vor mir aufgeschrieben“ (vgl. Off 20,12). Er vergisst keinen von ihnen und wird jede Gräueltat mit einem absolut gerechten Gericht bestrafen. Dasselbe gilt für die Gläubigen, die auch wissen dürfen, dass es ein Buch des Gedenkens gibt (Mal 3,16). In diesem Buch ist alle Treue festgehalten, die auch mit absoluter Gerechtigkeit belohnt werden wird.