Behandelter Abschnitt Jes 30,18-22
Verse 18–22 | Gnade für Gottes Volk
18 Und darum wird der HERR zögern, euch gnädig zu sein; und darum wird er sich erheben, bis er sich über euch erbarmt; denn der HERR ist ein Gott des Gerichts. Glückselig alle, die auf ihn harren! 19 Denn ein Volk wird in Zion wohnen, in Jerusalem. Du wirst nie mehr weinen; er wird dir gewiss Gnade erweisen auf die Stimme deines Schreiens: Sobald er hört, wird er dir antworten. 20 Und der Herr wird euch Brot der Bedrängnis und Wasser der Trübsal geben. Und deine Lehrer werden sich nicht mehr verbergen, sondern deine Augen werden deine Lehrer sehen; 21 und wenn ihr nach rechts oder wenn ihr nach links abbiegt, so werden deine Ohren ein Wort hinter dir her hören: Dies ist der Weg, wandelt darauf! 22 Und ihr werdet den Überzug deiner silbernen Schnitzbilder und die Bekleidung deiner goldenen Gussbilder verunreinigen; du wirst sie wegwerfen wie ein unflätiges [Kleid]: „Hinaus!“, wirst du zu ihnen sagen.
Es ist genau die Trostlosigkeit von Vers 17, die den HERRN dazu bringt, den Wunsch zu äußern, ihnen gnädig zu sein, während Er immer noch zögert, gnädig zu sein (Vers 18). Das hebräische Wort haka bedeutet ein Warten mit Sehnsucht, ein Warten, bis das Gericht vollzogen ist. Deshalb greift der HERR auch während der Belagerung durch die Assyrer, den König des Nordens, nicht ein. Er zeigt seine Barmherzigkeit immer einem hilflosen Überrest, der an sich kein Recht darauf hat und sich dessen bewusst ist.
Das Bindeglied zwischen den oben dargestellten Züchtigungen, die wegen seiner Verwerfung und seines Wortes notwendig waren, und der angekündigten Barmherzigkeit ist, dass „der HERR … ein Gott des Gerichts ist“. Das Gericht wird ausgeübt und seiner Gerechtigkeit wird entsprochen. Dann kommt das zweite „darum“. „Darum“ kann Er danach Barmherzigkeit zeigen.
Wir können es wie folgt zusammenfassen. Da sie sich weigern, auf den HERRN zu warten, muss der HERR auf sie warten, bis sie durch die Gerichte wegen ihrer Torheit ebenso wie der verlorene Sohn zu Ihm zurückkehren. Auf ihren Hilferuf: „Wie lange noch, HERR?“ lautet seine Antwort:
„Sobald ihr bereit und bekehrt seid.“
Weil Gottes heilige Anforderungen erfüllt wurden, als Er das volle Gericht über die Sünde auf Christus herabbrachte, kann Er allen Gnade erweisen, die in Reue über ihre Sünden sich auf diese Gnade berufen. Das Volk muss noch auf die Erweisung dieser Gnade warten. Sie wissen vielleicht schon, dass diese Gnade vorhanden ist. Die Zeit, um sie in Gnade wieder als sein Volk anzunehmen ist für Israel aber noch nicht gekommen. Wenn sie vertrauensvoll auf Ihn „harren“, nennt Er sie „glückselig“.
Dieses „glückselig“ wird vom Propheten weiter ausgeführt, indem er ihnen Gottes Trost und Erhörung während der Zeit der großen Drangsal verspricht (Vers 19). Babel wird nie wieder aufgebaut werden, und Ninive wird zerstört werden und keine Stadt mehr sein (Jes 13,19-21; Nah 1,14), aber die Juden werden eine ewige Wohnstätte in Zion, in Jerusalem, haben. In Zion zu wohnen, spricht von Gottes Gnade.
Wenn das Volk Ihn und nicht ein anderes Volk um Hilfe bittet, wird Er antworten, indem Er ihnen diese Wohnstätte der Ruhe gibt. Die Bestim-
mung Israels ist, wie die unsere, ein Zuhause der Ruhe zu besitzen. In Jerusalem werden sie nach all ihrem Umherirren durch unzählige fremde Länder diese Ruhe finden. Dort werden sie die Beweise der göttlichen Liebe erhalten, die auf sie warten.
Für eine kurze Zeit werden sie Trübsal leiden, nämlich während der Zeit der großen Drangsal. Dann werden sie von dem Brot der Bedrängnis essen und von dem Wasser der Trübsal trinken (Vers 20). Aber nach dieser Zeit wird eine gesegnete Zeit kommen, das Friedensreich, in dem Er sie mit Führung und Unterweisung durch kompetente Lehrer, die Er geben wird, versorgen wird. Ihr Lehrer im Besonderen wird der Herr Jesus selbst sein, der auch der „Lehrer zur Gerechtigkeit“ genannt wird (Joel 2,23 [niederländische Übersetzung]; vgl. Hiob 36,22; Mt 23,10; Joh 3,2; Ps 32,8).
Das hebräische Wort, das hier mit „Lehrer“ übersetzt wird, kann entweder im Singular oder im Plural übersetzt werden, aber das Verb „verbergen“ ist im Singular. Letzteres verstärkt den Gedanken, dass wir hier an Gott – im Hebräischen ist Gott Plural – als den Lehrer denken können.
Er wird ihnen nachgehen, sie auf den richtigen Weg bringen und sie so vor Abweichungen bewahren (Vers 21). Dieser Lehrer ist ständig bei ihnen.
„Ein Wort hinter dir“ zeigt an, dass Er nahe ist und dass kleine Hinweise ausreichen, um sie in die richtige Richtung zu führen. „Nach rechts oder links gehen“ ist ein Ausdruck, der auf die im Leben zu treffenden Entscheidungen hinweist.
So ist es auch für uns. Der Herr Jesus ist immer bei uns und will uns ständig durch sein Wort den richtigen Weg zeigen. Das Hören auf die Lehre des Wortes Gottes hält uns auf dem richtigen Weg. Wenn wir nach rechts oder links abbiegen wollen, werden wir seine Stimme hören, die uns auf seinem Weg halten wird.
All diese Vorkehrungen des HERRN werden, zusammen mit dem Geist der Buße, der in ihnen ist, eine reinigende Wirkung auf sie haben (Vers 22). Gesunde Lehre aus Gottes Wort und der Geist der Gnade in Gottes Volk sind die Grundlage für gesundes geistliches Wachstum. Das Wort offenbart im Leben, was im Widerspruch dazu steht. Alles, was dem Wort Gottes widerspricht, wird weggeworfen wie ein unreines Tuch. Wenn Gottes Wort Autorität über unser Leben hat und wir darauf hören, ist es viel
wahrscheinlicher, dass wir mit einem festen „Weg damit!“ alles aus unserem Leben entfernen, was uns daran hindert, Gottes Segen in vollem Umfang zu empfangen.