Behandelter Abschnitt Jes 1,16-20
Verse 16–20 | Aufruf zur Umkehr
16 Wascht euch, reinigt euch; schafft mir die Schlechtigkeit eurer Handlungen aus den Augen, hört auf, Böses zu tun! 17 Lernt, Gutes zu tun, trachtet nach Recht, leitet den Bedrückten; verschafft Recht der Waise, führt die Rechtssache der Witwe! 18 Kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der HERR. Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, wie Schnee sollen sie weiß werden; wenn sie rot sind wie Karmesin, wie Wolle sollen sie werden. 19 Wenn ihr willig seid und hört, so sollt ihr das Gute des Landes essen. 20 Wenn ihr euch aber weigert und widerspenstig seid, so sollt ihr vom Schwert verzehrt werden. Denn der Mund des HERRN hat geredet.
Gott ruft das Volk auf, sich zu waschen und sich zu reinigen (Vers 16; vgl. Ps 51,7). In diesem Aufruf hören wir die Aufforderung von Johannes dem Täufer an die religiösen Führer, die zu seiner Taufe kommen: „Bringt nun der Buße würdige Frucht“ (Mt 3,8). Alle Opfer, die sie heuchlerisch darbringen, reinigen ihre sündigen Taten vor Gott nicht.
Die Aufforderung zum Waschen setzt voraus, dass sie schmutzig sind. Das Waschen geschieht mit Wasser. Geistlich gesehen bedeutet dies, dass ein Mensch durch das Lesen oder Hören des Wortes Gottes, das mit Wasser verglichen wird (Joh 15,3; Eph 5,26), einsieht, dass er ein Sünder ist und dies auch als gerecht anerkennt. Das Bekenntnis der Sünden wird von Gott mit der Reinigung von den Sünden beantwortet. Diese Reinigung geschieht auf der Grundlage des Blutes Christi (1Joh 1,7b.9).
Wenn sie gewaschen und gereinigt sind, werden sie auch der Aufforderung nachkommen, „die Schlechtigkeit“ ihrer „Handlungen aus den Augen“ Gottes zu schaffen (Vers 16a). Dann wird auch die Gesinnung gefunden, mit bösen Handlungen aufzuhören (Vers 16b), wodurch der Weg frei wird, „Gutes zu tun“ (Vers 17; Jak 4,8b; Röm 12,9). Ein Mensch kann nicht lernen, Gutes zu tun, wenn er nicht vorher aufhört, Böses zu tun.
Wer Gutes tut, wird nach Gerechtigkeit streben, was sich in der Fürsorge für die Schwachen und Verletzlichen in der Gesellschaft ausdrückt. Nach Recht zu trachten bedeutet also, sagt Jesaja, „den Bedrückten“ zu leiten, „den Waisen“ Recht zu verschaffen und „die Rechtssache der Witwe“ zu führen. Gerade die Schwachen und Verletzlichen aber werden von ihnen zu ihrem eigenen Vorteil benachteiligt (Vers 23). Durch eine völlige Umkehrung dieses Verhaltens würden sie sich als sein Volk erweisen.
Um dies zu erreichen, ruft der HERR sie auf, mit Ihm zu rechten (Vers 18). Dann wird Er ihnen die Gerechtigkeit seiner Taten zeigen. Und wenn sie seine gerechten Taten anerkennen, wird Er sie von ihren Sünden reinigen und ihnen seine Vergebung gewähren. Er kann dies aufgrund des Werkes tun, das sein Sohn, der vollkommene Knecht des HERRN, als Schuldopfer am Kreuz vollbringen wird (Jes 53,7-12; Röm 3,25). Gott bietet auf der Grundlage der Gerechtigkeit in einzigartiger Weise volle Vergebung und Reinigung an, egal wie schlimm und wie oft jemand gesündigt haben mag.
Gott erinnert sie an ihre Sünden, die „wie Scharlach“ und „wie Karmesin“ sind. Scharlach und Karmesin sind beide blutrote Farben. Es ist die Farbe, die wie ihre Blutschuld ist. Ihre Hände sind rot von dem Blut, das sie ver gossen haben und für das es kein Mittel gibt, mit dem sie es abwaschen könnten (Jer 2,22). Wenn sie jedoch ihre Sünden bekennen und um Gottes Gnade bitten, werden sie weiß durch die Vergebung, die sie von Gott nach ihrem Bekenntnis erhalten. Das Weiße wird mit Schnee und Wolle verglichen. Es verweist auf die unverfälschte Reinheit von frisch gefallenem Schnee und die wohltuende Wärme der Wolle, die vor der Kälte der Sünde und der Welt schützt.
Prophetisch gesehen ist das, was wir hier lesen, ein Aufruf an das Volk, seine beiden Sünden zu erkennen und zu bekennen. Diese beiden Sünden sind erstens die Ablehnung Christi und zweitens der Götzendienst, der in der Annahme des Antichristen gipfelt. Dieser prophetische Aspekt wird besonders im zweiten Teil von Jesaja besprochen.
Der HERR sagt ihnen, dass sie auf zwei Arten reagieren können. Er sagt ihnen aber zudem, welche Folgen jede Reaktion hat. Die erste Reaktion kann sein, dass sie willig sind, bereit, auf Ihn zu hören (Vers 19). Als Ergebnis wird es Segen geben, das heißt, sie werden „das Gute des Landes essen“. Die zweite mögliche Reaktion ist, dass sie widerspenstig und ungehorsam sind. In diesem Fall werden sie vom Schwert verzehrt werden (Vers 20). Sie können sicher sein, dass entweder der Segen oder der Fluch kommen wird, denn „der Mund des HERRN hat geredet“. Seine Aussprüche sind nie leere Aussagen, sondern voller wirksamer Kraft. Was Er sagt, das geschieht vollständig (Jes 34,16).
In den Versen 19 und 20 hören wir ein Wortspiel. Wenn sie willig sind und gehorchen, sollen sie das Gute des Landes essen; wenn sie sich aber weigern und ungehorsam sind, sollen sie vom Schwert gefressen werden. Im einen Fall dürfen sie die Nahrung zu sich nehmen, die Gott ihnen gibt; im anderen Fall dienen sie selbst als Nahrung für das Schwert ihrer Feinde.
Prophetisch gesehen gibt es hier zwei Gruppen von Menschen, die wir in der Endzeit finden. Wir erkennen in dem gehorsamen, treuen Überrest eine Gruppe, die „isst“. Die andere Gruppe, die „gefressen“ wird, erkennen wir in der großen, ungehorsamen Masse Israels. Als Christus kam, nahm das Volk als Ganzes Ihn nicht an (Joh 1,11), während der Überrest Ihn annahm (Joh 1,12).
Wenn der Antichrist kommt, wird das Volk ihn annehmen (Joh 5,43), während der Überrest ihn ablehnen wird. Deshalb wird der Überrest schließlich Segen empfangen und essen, während das ablehnende Volk vom Schwert gefressen wird. Das Schwert, das aus dem Mund des HERRN kommt (vgl. Off 19,15), ist Assyrien, das auch die Rute des Zornes Gottes genannt wird (Jes 10,5).
Für uns führt das Hören auf den Herrn zu geistlichem Segen. „Das Gute des Landes essen“ (Vers 19) bedeutet, dass wir uns ernähren mit „allen geistlichen Segnungen“ (Eph 1,3), die durch das Werk des Herrn Jesus unser Teil geworden sind. Wenn wir ungehorsam sind, wird unser geistliches Leben verdorren und unser Zeugnis verschwinden.