Einleitung
Dieses Kapitel ist die Einleitung zum ganzen Buch. Es beschreibt die Anklageschrift des HERRN gegen Juda. Diese Anklageschrift macht die Notwendigkeit des Schreibens des Buches und die Notwendigkeit des Eingreifens Gottes wegen des geistlichen Zustandes seines Volkes deutlich. Dieses Eingreifen ist anders, höher, als wir es erwarten würden. Auch der Ruf zur Umkehr ertönt.
Die Anklageschrift zeigt uns den Zustand des Volkes aus der Sicht Gottes. In dieser Anklage sehen wir, dass Gott ihr gerechter Richter ist, der sie notwendigerweise richten muss. Der Grund dafür ist, dass sie den Bund mit Ihm gebrochen haben – der mit Himmel und Erde als Zeugen geschlossen ist (Vers 2). Die Anklageschrift zeigt uns aber auch, dass Gott immer noch ihr großer Erlöser und Retter sein will. Dieses Buch zeigt uns somit die Notwendigkeit des Gerichts und zudem, wie der HERR sein Volk inmitten des Gerichts bewahrt.
Das Buch zeigt uns darüber hinaus, was Prophetie ist. Prophetie ist das Reden im Namen Gottes, ein Reden, durch das das Gewissen des Volkes und des Einzelnen in das Licht Gottes gestellt wird. Deshalb ist Prophetie einerseits traurig, weil sie das Herz des sündigen und undankbaren Volkes Gottes entlarvt. Auf der anderen Seite ist Prophetie liebreich und herrlich, weil sie das Herz Gottes offenbart, das in Liebe nach seinem Volk Ausschau hält (Lk 15,20). Sie zeigt, dass Gott ihr Wohlergehen sucht und dass Er sie schließlich segnet – nachdem die Sünde entdeckt, bekannt und aufgrund des Werkes seines Sohnes vergeben wurde. Die Segnungen werden als Folge der Reue dargestellt, aber ursprünglich sind sie erst möglich geworden, nachdem die Strafe für die Sünde vom Mittler getragen wurde.
Wie in der Einleitung des Buches erwähnt, werden Propheten besonders dann gesandt, wenn Gottes Volk im Verfall begriffen ist. Sie rufen zur Umkehr auf, während sie gleichzeitig das Gericht ankündigen, wenn das Volk in der Sünde verharrt. Für diejenigen, die auf die Stimme Gottes hören, haben die Propheten eine ermutigende Botschaft. Sie erinnern sie an die Gewissheit des Segens, der auf sie wartet. Diese Aussicht gibt dem treuen Überrest die Kraft, inmitten der abtrünnigen Masse in der Heiligkeit auszuharren.
Verse 1 | Überschrift
Das Gesicht Jesajas, des Sohnes des Amoz, das er über Juda und Jerusalem geschaut hat in den Tagen Ussijas, Jothams, Ahas’, Jehiskias, der Könige von Juda.
Der Name „Jesaja“ mit der Bedeutung „die Rettung des HERRN“ weist schön auf das Kennzeichen seiner Prophetie hin. Sein Buch ist ein „Gesicht“, eine „Vision“, das heißt, er schreibt als echter „Seher“ über das, was er gesehen hat. Er hat seine Botschaft vom HERRN selbst erhalten. Er ist ein Prophet Gottes, das heißt ein Sprecher Gottes. Er verkündet nicht seine eigenen Gedanken, sondern gibt weiter, was er von Gott gehört und gesehen hat.
Jesaja wird zum Propheten berufen, als „Ussija“ noch König von Juda ist, das war um 740 v. Chr. Ussija wird nicht mehr lange König sein, denn das Jahr der Berufung Jesajas ist das Jahr seines Todes (Jes 6,1). Danach prophezeit er während der Regierungszeit der Könige „Jotham“, „Ahas“ und „Jehiskia“. Das bedeutet, dass der Bereich seines Dienstes das Zweistämmereich oder das Südreich ist. Wahrscheinlich hat er Hiskia überlebt, denn er beschreibt die Geschichte von Hiskia (2Chr 32,32).
Drei der vier genannten Könige werden als gute Könige angesehen. Nur Ahas ist ein sehr schlechter König. Doch auch unter den guten Königen ist der Zustand des Volkes schlecht. Das wird in diesem ersten Kapitel deutlich werden.
Es kann entmutigend sein zu erkennen, wie es wirklich um Gottes Volk in unseren Tagen steht. Äußerlich mag es gut aussehen, aber der Herr kennt das Herz (vgl. Verse 10–16). Deshalb brauchen wir den prophetischen Dienst, denn so kann Er den wahren Zustand des Herzens ans Licht bringen. Die ersten Kapitel dieses Buches halten uns einen Spiegel vor. Wenn wir aufmerksam und beobachtend in den Spiegel schauen, wird er uns dazu bringen, uns selbst im Licht des Wortes Gottes zu prüfen (vgl. Jak 1,22-24).