Behandelter Abschnitt Pred 2,18-23
Verse 18–23 | Sich abmühen gibt auch kein dauerhaftes Glück
18 Und ich hasste all meine Mühe, womit ich mich abmühte unter der Sonne, weil ich sie dem Menschen hinterlassen muss, der nach mir sein wird. 19 Und wer weiß, ob er weise oder töricht sein wird? Und doch wird er über all meine Mühe walten, womit ich mich abgemüht habe und worin ich weise gewesen bin unter der Sonne. Auch das ist Eitelkeit. 20 Da wandte ich mich, zu verzweifeln wegen all der Mühe, womit ich mich abgemüht hatte unter der Sonne. 21 Denn da ist ein Mensch, dessen Mühe mit Weisheit und mit Kenntnis und mit Tüchtigkeit [geschieht]; und doch muss er sie einem Menschen als sein Teil abgeben, der sich nicht darum gemüht hat. Auch das ist Eitelkeit und ein großes Übel. 22 Denn was hat der Mensch von all seiner Mühe und vom Trachten seines Herzens, womit er sich abmüht unter der Sonne? 23 Denn alle seine Tage sind Kummer, und seine Geschäftigkeit ist Verdruss; sogar bei Nacht ruht sein Herz nicht. Auch das ist Eitelkeit.
Nach dem Hass auf das Leben (Vers 17) folgt der Hass auf die Arbeit (Vers 18). Die Arbeit ist so sinnlos wie das Leben, weil man seine ganze Arbeit zurücklassen muss. Wofür arbeitet man denn dann (vgl. Lk 12,13-21)? Salomo hat große Dinge gebaut, wie Häuser, Gärten und Obstgärten. Er konnte es für einige Zeit genießen, aber mit seinem Tod ist das vorbei. Es kommt ein Moment, an dem der Mensch die Kontrolle über seine Arbeit verliert und alles, was er getan hat, anderen überlassen muss.
Loslassen ist schon an sich unangenehm, aber noch schlimmer ist die quälende Frage, wer mit seinem Erbe abhauen, und vor allem, wie diese Person damit umgehen wird (Vers 19). Wenn du nur mit Sicherheit wissen könntest, dass du alles jemandem weitergibst, der genauso weise ist wie du, dann kann dieses Wissen zumindest deiner Arbeit eine gewisse Befriedigung geben. Aber solches Vorwissen gibt es nicht.
Was der weise Mann mit seiner weisen Mühe unter der Sonne erworben hat, kann auch leicht in den Händen eines Toren landen. Alles wird ihm dann zur Verfügung gestellt. Dieser Gedanke macht alles, was er getan hat, „eitel“, was bedeutet, dass es keine Garantie für eine gute Fortsetzung gibt. Die Furcht des Predigers hat sich bewahrheitet. Sein Sohn Rehabeam war ein Tor (1Kön 11,41-43; 12,1-24).
Der Gedanke an die mögliche Nutzlosigkeit seines Werkes verursachte Verzweiflung in seinem Herzen (Vers 20). Du kannst die Ergebnisse deiner Arbeit nicht vor dem Missbrauch schützen, den andere damit betreiben. Das macht verzweifelt, wenn man an alles denkt, was man mit harter Arbeit erreicht hat.
Diese (verständliche) Verzweiflung unterscheidet sich ganz wesentlich von der Freude über die Erfüllung, die er in ihr gesucht hat. Es ist auch ganz anders als die Gewissheit, dass unser Werk nicht umsonst ist, wenn es für den Herrn getan wird (1Kor 15,58). Unser Werk für den Herrn ist in seinen Händen sicher (2Tim 1,12). Das Gleiche gilt für diejenigen, die in der großen Drangsal vor dem Herrn sterben werden. Es steht von ihnen geschrieben: „Glückselig die Toten, die im Herrn sterben, von nun an! Ja, spricht der Geist, damit sie ruhen von ihren Arbeiten, denn ihre Werke folgen ihnen nach“ (Off 14,13).
In Vers 21 beruhigt sich sein Herz wieder ein wenig, das heißt, er fügt sich in das Unvermeidliche. Er erkennt, dass dies in der Tat der normale Verlauf des Lebens eines Weisen unter der Sonne ist. Ein weiser Mensch, der er selbst ist, müht sich ab. Er rennt nicht wie ein Verrückter durchs Leben, sondern arbeitet mit Weisheit. Er denkt über jede Entscheidung, die er treffen muss, gründlich nach und trifft die richtige. Und dabei stellt sich heraus, dass er Sachkenntnis hat. Er weiß, was seine Entscheidung beinhaltet. Und das ist noch nicht alles. Er hat auch die Fähigkeit, seine Entscheidung und sein Wissen in die Praxis umzusetzen.
Alles in allem ist klar geworden, dass du nach dem Sterben alles loslassen musst und dass jemand anderes sich die Ergebnisse deiner Arbeit ans eigene Revers heften wird. Das ist eine Tatsache, die du akzeptieren musst, aber du kannst sie unmöglich als gerechte Sache akzeptieren. Es macht die eigene Arbeit zu „Eitelkeit“, sie war umsonst. Es ergibt sich kein dauerhaftes Ergebnis für dich selbst, und die Gewissheit, dass jemand anderes es weise nutzen wird, wird dir nicht gegeben. Man kann es nur „ein großes Übel“ nennen.
Also, „was hat der Mensch von all seiner Mühe und vom Trachten seines Herzens, womit er sich abmüht unter der Sonne?“ (Vers 22). Die Antwort lautet: nichts, gar nichts. Der Prediger kann nichts anderes tun, als die Schlussfolgerung zu wiederholen, mit der er in Prediger 1 angefangen hat (Pred 1,3).
In Vers 23 folgt der Grund für seine Schlussfolgerung. Wir sehen dies an dem Wort „denn“, mit dem der Vers beginnt. Alle Tage seiner Anstrengungen, so erfolgreich sie auch gewesen sein mögen, hat er Leid und Traurigkeit gespürt. Das unbehagliche Gefühl einer „Mission impossible“, einer „unmöglichen Aufgabe“ ist bei einer arbeitenden Person immer unterschwellig da.
Und, so sagt der Prediger, wenn ein Mensch nach einem harten Arbeitstag müde ins Bett geht, kann er nicht gut schlafen. Seine Geschäftigkeit schwirrt ihm ständig im Kopf herum. Die Unsicherheit, ob er das gesetzte Ziel erreichen wird, nagt an ihm. Deshalb kommt sein Herz nicht zur Ruhe. So plagt ihn die Unruhe des Lebens unter der Sonne auch nachts.
Für diejenigen, die mit den Dingen des Herrn beschäftigt sind und den Weg gehen, den Er anzeigt, ist es anders. Zuerst sehen wir es im Herrn Jesus selbst. Er hat immer den Willen des Vaters getan und ist immer den Weg gegangen, den der Vater für Ihn bestimmt hat. Deshalb konnte Er auch mitten im Sturm schlafen (Mk 4,38). Wir sehen diese völlige Ruhe auch bei Petrus, als er im Angesicht des Todes im Gefängnis schläft (Apg 12,6).