Verse 16 | Eine anmutige Frau und Gewalttätige
Eine anmutige Frau erlangt Ehre, und Gewalttätige erlangen Reichtum.
„Eine anmutige Frau“ ist eine charmante, anziehende Frau. Die Frau ist zwar „das schwächere Gefäß“ (1Pet 3,7), dennoch besitzt sie die Kraft, „Ehre“ zu erlangen. Sie tut das so, wie „Gewalttätige … Reichtum“ erlangen. Ihre Stärke äußert sich natürlich in einer ganz anderen Weise als bei Gewalttätigen. Ihre Stärke ist nicht körperlich, sondern geistlich. Sie ist eine Frau mit Tugend (das ist geistlicher Mut oder Stärke), eine Frau, die auf Gott vertraut. Ein Beispiel für eine solche Frau ist Ruth (Rt 2,11).
Sie ist „anmutig“ oder charmant, weil sie an der unvergänglichen „Ehre“ festhält. Diese Ehre bleibt bestehen, auch wenn die äußere Schönheit abnimmt. Sie kennt ihren Wert. „Erlangen“ bedeutet, dass Kräfte wirksam sind, um die Ehre von ihr fernzuhalten. Im Neuen Testament wird die Ehre der Frau verbunden mit ihrem langen Haar, das ein Symbol für ihre Unterordnung gegenüber ihrem Mann ist (1Kor 11,15). Daran hält sie trotz allen Emanzipationsbestrebungen fest.
Gewalttätige klammern sich an vergänglichen „Reichtum“. Um ihren Reichtum zu sichern, wenden sie physische Gewalt gegen ihren Nächsten an. Sie haben ihren Reichtum gewaltsam erworben und werden ihn mit Gewalt festhalten. Wenn ein Nachbar bei ihnen anklopft, um das gestohlene Eigentum zurückzuholen, werden sie ihn gewaltsam verjagen.
Verse 17–21 | Folgen von gerechtem oder gottlosem Verhalten
Sich selbst tut der Mildtätige gut, der Unbarmherzige aber tut seinem Fleisch weh. 18 Der Gottlose schafft sich trügerischen Gewinn, wer aber Gerechtigkeit sät, wahren Lohn. 19 Wie die Gerechtigkeit zum Leben, so gereicht es dem, der Bösem nachjagt, zu seinem Tod. 20 Die verkehrten Herzens sind, sind dem HERRN ein Gräuel; aber sein Wohlgefallen sind diejenigen, die in Lauterkeit wandeln. 21 Die Hand darauf: Der Böse wird nicht für schuldlos gehalten werden; aber die Nachkommenschaft der Gerechten wird entkommen.
Wer gegen andere Menschen „mildtätig“ ist, wird die wohltuende Wirkung davon an „sich selbst“, das heißt persönlich, in seiner eigenen Seele, erfahren (Vers 17). Der „Mildtätige“ hat Liebe zu seinem Nächsten, zu denen, die mit ihm verbunden sind oder mit denen er in Kontakt kommt. So jemand ist ein Nachfolger Gottes, der mildtätig ist und den Menschen seine Mildtätigkeit erweist. Rahab erwies den Kundschaftern Mildtätigkeit und tat damit ihrer eigenen Seele Gutes und den Seelen derer, die zum Haus ihres Vaters gehörten (Jos 2,12.14).
Auf gleiche Weise verhält es sich bei „einem Unbarmherzigen“, allerdings genau umgekehrt. Wer ohne Barmherzigkeit ist, bewirkt sein eigenes Unglück. Solch ein Mensch ist grausam; ihm fehlt jegliche Liebe zu seinem Nächsten, sowohl in seinen Gedanken als auch in seinem Tun. Er tut seinem Fleisch weh, weil er sich ins Unglück stürzt. Ahab und Isebel haben das erlebt (1Kön 22,37.38; 2Kön 9,36.37). „Der Gottlose“ beschäftigt sich mit einem Werk, das „trügerisch“ ist, das bedeutet: mit einer Arbeit, die nichts bringt, die erfolglos ist (Vers 18). „Wer Gerechtigkeit sät“ (vgl. Jak 3,18), wird es anders erleben. So jemand bringt andere dazu, in ihrem Leben Gerechtigkeit zu tun, was wiederum für andere eine Wohltat ist. Was gesät wird, wird Frucht bringen (1Kor 9,11; 2Kor 9,6). Die Ernte, die das einbringt, wird hier als „wahrer Lohn“ bezeichnet.
Wenn „Gerechtigkeit“ gesät wird (Vers 18), dient das „zum Leben“ (Vers 19). Mit dem Leben ist hier das Leben in seiner tiefsten und reichsten Form gemeint, ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott, das ewige Leben. Gerechtigkeit und Leben gehören zusammen. Der Gegensatz dazu ist, dem „Bösen nachjagen“, um es zu tun, und zwar mit allen gebündelten Kräften.
Das führt immer und unweigerlich zum „Tod“. So wie Gerechtigkeit und Leben zueinander gehören, passt Böses tun zum Tod, „denn der Lohn der Sünde ist der Tod“ (Röm 6,23). „Die verkehrten Herzens“ sind (Vers 20), sind Menschen, die einen krummen, verschlungenen Geist haben. Ihr ganzes geistliches Leben ist vom Bösen beeinflusst und durchdrungen. Sie sind „dem HERRN ein Gräuel“, weil sie sich im Herzen hinterhältige Dinge ausdenken und den Willen Gottes in keiner Weise berücksichtigen. Aber „die in Lauterkeit wandeln“, solche, die sich innerlich an Ihm ausrichten und daher seinen Weg gehen, sind „sein Wohlgefallen“.
Wie schon in Vers 1, geht es darum, was „ein Gräuel für den HERRN“ und was „sein Wohlgefallen ist“. Das Thema von Vers 1 ist ehrlicher oder unehrlicher Handel, die Praxis des Lebens. Hier geht es um die Gesinnung des Herzens, ob das Herz falsch oder aufrichtig ist. Es geht nicht nur um das äußere Verhalten, sondern auch um die dahinterliegenden Motive. Gott beobachtet unsere Wege und sieht, was in unseren Herzen ist (1Sam 16,7). Wir können zwar ehrlich sein, aber dabei nur unsere eigenen Interessen suchen. Dann sind wir Ihm nicht wohlgefällig.
Es kommt ein Tag der Vergeltung; da kann man sich sicher sein. Da kann man „die Hand darauf“ geben, so wie man etwas mit einem Handschlag bestätigt (Vers 21). Jeder Mensch wird einmal vor dem Richterstuhl Gottes stehen und für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden (Röm 14,10-12; 2Kor 5,10). Dann wird der Übeltäter nicht in der Lage sein, sich für „schuldlos“ zu erklären. Der Richter durchschaut ihn völlig. Aber „die Nachkommenschaft der Gerechten“ – das sind nicht die Nachkommen, sondern alle, die zum Geschlecht der Gerechten gehören –, wird dem Gericht entgehen (vgl. Joh 5,24).