Behandelter Abschnitt Ps 56,1-2
Verse 1b.2 | Klage
1b Sei mir gnädig, o Gott! Denn es schnaubt nach mir der Mensch. Er bedrückt mich, indem er mich den ganzen Tag bekämpft. 2 Meine Feinde schnauben den ganzen Tag; denn viele bekämpfen mich in Hochmut.
Die Klage beginnt mit einem Gebet zu Gott, ihm gnädig zu sein (Vers 1b; vgl. Ps 51,1). Gnade ist das einzige, worauf David sich berufen kann, denn er hat jedes Recht auf Hilfe und Segen verwirkt. David schüttet sofort sein Herz vor Gott aus. Er malt Ihm in leuchtenden Farben die ständigen, vielfältigen und feindlichen Widerstände vor Augen.
Er sagt Gott, dass der Mensch es nach ihm „schnaubt“. Damit macht er die Sache zu einem Fall zwischen dem allmächtigen Gott und dem Menschen [Hebräisch enosch, sterblicher Mensch]. Selbst in seiner Not beharrt David darauf, dass die Feinde, obwohl sie mächtig und zahlreich sind, nur mickrige menschliche Wesen, Sterbliche sind. Er beharrt auch darauf, dass er, obwohl er verletzlich ist und nur mit Wenige ist, Hilfe von Gott, dem allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde, erwarten kann.
Er selbst hat keine Kraft gegen diesen sterblichen Menschen, so schwach ist er. Dieser Sterbliche stürzt sich mit weit aufgerissenem Maul auf ihn, um ihn ganz zu verschlingen. Der Sterbliche, mit dem er es zu tun hat, „bedrückt“ ihn und „bekämpft“ ihn „den ganzen Tag“. Er hat nicht einen Moment Ruhe und ist ganz auf sich allein gestellt.
Seine Kämpfer sind „Feinde“, Menschen, die schnauben (Vers 1). Und wieder sagt er, dass sie dies „den ganzen Tag“ tun. Er wird ständig bekämpft, ohne eine Atempause. Der nächste Tag bringt keine Veränderung. Es ist tagein, tagaus das Gleiche. Ständig spürt er den heißen Atem des geöffneten Mundes seiner Angreifer an seinem Hals, um ihn zu verschlingen. Die dreimalige Verwendung des Ausdrucks „den ganzen Tag“ (Verse 1.2.6) zeigt, wie unerbittlich er belagert wird, ohne einen sicheren Ort.
Hinzu kommt, dass „viele“ ihm „in Hochmut“ bekämpfen“. Er sieht sich von Leuten umgeben, die ihn umbringen wollen. In dem Land, über das er zum König gesalbt wurde, regiert ein König, der ihn verfolgt. In dem Land, in das er geflohen ist, um Saul nicht in die Hände zu fallen, ist er ebenfalls von Angreifern umgeben.
Die wörtliche Übersetzung der zweiten Zeile von Vers 3 lautet: „denn viele bekämpfen mich von oben herab“. Das heißt, seine Kämpfer haben überhaupt keinen Respekt vor ihm, sondern blicken in ihrem Hochmut auf ihn herab.