Behandelter Abschnitt Hiob 29,11-17
Verse 11–17 | Seine Wohltaten segneten ihn
11 Denn wenn das Ohr [von mir] hörte, so pries es mich glücklich, und wenn das Auge [mich] sah, so legte es Zeugnis von mir ab. 12 Denn ich befreite den Elenden, der um Hilfe rief, und die Waise, die keinen Helfer hatte. 13 Der Segen des Umkommenden kam über mich, und das Herz der Witwe machte ich jubeln. 14 Ich kleidete mich in Gerechtigkeit – und sie bekleidete mich – [und] in mein Recht wie in ein Oberkleid und einen Kopfbund. 15 Auge war ich dem Blinden und Fuß dem Lahmen; 16 Vater war ich den Armen, und die Rechtssache dessen, den ich nicht kannte, untersuchte ich; 17 und ich zerbrach das Gebiss des Ungerechten, und seinen Zähnen entriss ich die Beute.
Hiobs Beschreibung seines Verhaltens in den Tagen des Wohlstands und des Glücks sollte eine Beschreibung des Verhaltens eines jeden Gläubigen in der heutigen Zeit sein. Es spricht für Hiob, dass er seinen Einfluss nicht missbraucht hat. Er setzte sich für die sozial Schwachen, für die unteren Schichten der Gesellschaft, ein. In dem, was er für die Bedürftigen tat, glich er dem Herrn Jesus, der auch ihnen diente (Mt 8,17).
Alles, was man von ihm hörte oder sah, legte ein gutes Zeugnis über ihn ab (Vers 11). Dies zeigt auch, wie verleumderisch der Vorwurf von Eliphas ist, dass Hiob die Menschen in seiner Umgebung ausgebeutet hat (Hiob 22,6-9). Auch wir werden danach beurteilt, was die Menschen von uns sehen oder hören (vgl. 2Kor 12,6). Haben wir eine Vorstellung davon, wie die Menschen auf das reagieren, was sie von uns sehen und hören?
Hiob erhielt dieses Zeugnis, weil er anderen Gutes tat:
Er half dem Elenden, indem er ihn aus seinem Elend befreite (Vers 12).
Auch dem Waisen, der niemanden hatte, der für ihn sorgte, half er in seiner Not.
Er empfing den Segen von jemandem, der verloren war, zum Beispiel durch Nahrungsmangel oder durch Unterdrückung oder falsche Rechtsprechung, weil er ihn aus seiner aussichtslosen Lage rettete (Vers 13; Spr 24,11).
Der Witwe, die ihrer Unterstützung beraubt worden war und sich Sorgen machte, wie es weitergehen sollte, schenkte er durch seine Hilfe ein jubelndes Herz (vgl. Hiob 22,9).
Mitten in der Beschreibung seines wohltätigen Auftretens weist Hiob darauf hin, dass er sich „in Gerechtigkeit“ kleidete (Ps 132,9; Jes 11,5; 61,10; 59,17) und dass sie ihn bekleidete (Vers 14). Sein Leben war so sehr von Gerechtigkeit geprägt, dass es schien, als sei er mit ihr bekleidet. Seine gerechten Taten waren wie ein Oberkleid um ihn, und sein gerechtes Urteil war wie ein Kopfbund auf seinem Haupt. Gleichzeitig weisen Oberkleid und Kopfbund darauf hin, dass Hiob eine Leitungsposition innehatte. Die Gerechtigkeit wurde von Hiob in hervorragender Weise ausgeübt und nahm in ihm Gestalt an.
Er vergleicht sein „Recht“ mit „einem Oberkleid und einem Kopfbund. Das Oberkleid ist ein Kleidungsstück, das von angesehenen Leuten getragen wurde, es zeugt von Würde. Der Kopfbund ist eine priesterliche und königliche Kopfbedeckung (Sach 3,5; Jes 62,3).
Gerechtigkeit und Recht waren für ihn kein angelerntes Verhalten, sondern sie wohnten in ihm. Das kennzeichnete ihn, so war er. Gerechtigkeit bedeutet, jemandem gerecht zu werden, ihm das zu geben, was ihm zusteht, ihn gut zu behandeln. Der Begriff Recht ist umfassender und bezieht sich auf alles, was ein Mensch tut und sagt.
Hiob hat nicht aus Eigennutz gehandelt, um reicher zu werden oder mehr Ansehen zu erlangen. Mose und die Propheten haben immer zu einem solchen Leben aufgerufen, sich für die Bedürftigen, die weniger Begüterten und die Ausgestoßenen einzusetzen.
Hiob half dem Blinden, indem er für ihn wie ein Auge war, indem er ihn an der Hand nahm und ihm half, sein Ziel zu erreichen und nicht unterzugehen (Vers 15).
Den Lahmen, der nicht gehen konnte, brachte er dorthin, wo dieser sein musste.
Für die Armen, um die sich niemand kümmerte, für die niemand sorgte, war er wie ein Vater, der ihr Los auf sich nahm (Vers 16).
Die Klagen gegen die Fremden, die er nicht kannte und die in der patriarchalischen Gesellschaft juristisch nicht geschützt waren, wurden von ihm untersucht. Damit hat er gezeigt, dass er das Recht ohne Ansehen der Person ausübte.
Er handelte entschlossen gegen diejenigen, die Unrecht taten (Vers 17). Wenn er sah, dass jemand einen anderen durch ein ungerechtes Urteil ausgeplündert hatte, riss er die Beute aus dem gefräßigen Rachen dieser Person, indem er ihr „Gebiss zerbrach“ (vgl. Spr 30,14).
So zeigte Hiob Mitgefühl, wo es nötig war, in einer Zeit ohne soziale Absicherung. Er trat auch energisch gegen das Böse auf, wo es nötig war, in einer Zeit, in der man der Willkür der Machthaber ausgeliefert war.