Behandelter Abschnitt Hiob 13,24-28
Verse 24–28 | Hiob nimmt seine Klage wieder auf
24 Warum verbirgst du dein Angesicht und hältst mich für deinen Feind? 25 Willst du ein verwehtes Blatt wegschrecken und die dürre Stoppel verfolgen? 26 Denn Bitteres verhängst du über mich und lässt mich erben die Ungerechtigkeiten meiner Jugend; 27 und meine Füße legst du in den Stock und beobachtest alle meine Pfade, grenzest dir ein die Sohlen meiner Füße; 28 da ich doch zerfalle wie Moder, wie ein Kleid, das die Motte zerfressen hat.
Da Gott auf seine Fragen in den vorangegangenen Versen keine Antwort gibt, nimmt Hiob seine Klage wieder auf. Es gibt keine Antwort, denn er ist noch nicht bereit, sich seiner eigenen Gerechtigkeit zu entledigen. Er sieht Gott als einen, der ihn nicht anschaut, sondern sein Antlitz vor ihm im Zorn verbirgt (Ps 104,29) und sich ihm gegenüber als unnahbarer Gott aufstellt (Vers 24). Hiob erlebt Gott als seinen Widersacher. Gott hat ihn mit Elend überladen, obwohl er Ihm immer so treu gedient hat.
Warum verfolgt Gott eigentlich einen „Niemand“ wie ihn? Er fühlt sich Gottes Willkür völlig ausgeliefert, so wie ein totes Blatt dem Wind nichts entgegenzusetzen hat und wie trockene Stoppeln vom Wind in alle Richtungen geweht werden (Vers 25). Warum beschäftigt er sich mit jemandem, der nicht mehr ist als ein totes Blatt?
Hiob mag dies negativ erleben, aber wir können darin Gottes Fürsorge für Hiob erkennen. Hiob ist für Gott kein „Niemand“, sondern ein „Jemand“, dem sein ganzes Interesse gilt. In seinem Umgang mit Hiob zeigt sich seine Fürsorge für ihn.
Die Fürsorge Gottes entgeht Hiob noch immer völlig. Gott ist für ihn jemand, der gegen ihn wütet und bittere Dinge gegen ihn verhängt (Vers 26). Es scheint, als ob Gott einen Haftbefehl gegen einen Schurken ausgestellt hat, der alle möglichen Sünden begangen hat. Das ist wirklich sehr bitter. Seine Schuld steht von vornherein fest. Nach Hiob muss es sich um Jugendsünden handeln (vgl. Ps 25,7), denn er ist sich in letzter Zeit keiner Sünden bewusst. Versucht Gott nicht immer noch, alte Geschichten wieder aufzuwärmen, indem Er ihm Sünden zur Last legt, die längst vergessen sind?
Er fühlt sich wie ein Gefangener Gottes, der seine Füße in den Stock legt, sodass er in seinen Bewegungen behindert wird (Vers 27; Jer 20,2). Außerdem hat Gott ein wachsames Auge auf ihn und beobachtet alle seine Wege, damit er nicht versucht zu entkommen. Gott hat auch ein Zeichen in seine Fußsohlen gezeichnet. Sollte er entkommen, würde seine Fußspur leicht erkannt und er könnte leicht wieder gefasst werden. Hiob beschreibt, wie Gott es ihm unmöglich macht, auch nur zu versuchen, seinem Elend zu entkommen. Er steckt bis über den Kopf im Leid und ist dazu gezwungen, darin zu bleiben.
Wie ist es möglich, dass Gott jemandem wie ihm so etwas antut, fragt sich Hiob verzweifelt. Gott sieht doch sicher, dass sein von Krankheiten geplagter Körper altert und verfault (Vers 28)? Sein Leib, der mit Maden bedeckt ist (Hiob 7,5; 21,26), ist wie ein Kleid, das die Motten fressen (vgl. Jes 50,9b). Motten verrichten ihr zerstörerisches Werk langsam, aber auch gründlich (vgl. Hes 5,12). So zerfällt der Körper von Hiob langsam und stirbt Stück für Stück ab. Welchen Sinn hat es, dass Gott noch mehr Elend darüber kommen lässt?