Behandelter Abschnitt Hiob 10,18-22
Verse 18–22 | Hiobs Verlangen nach dem Tod
18 Warum hast du mich doch aus dem Mutterleib hervorgehen lassen? Ich hätte verscheiden, und kein Auge hätte mich sehen sollen! 19 Als ob ich nicht gewesen wäre, [so] hätte ich sein sollen, vom Mutterschoß zu Grabe getragen! 20 Sind meiner Tage nicht wenige? Er lasse ab, wende sich von mir, dass ich ein wenig mich erheitere, 21 ehe ich hingehe (und nicht wiederkomme) in das Land der Finsternis und des Todesschattens, 22 in das Land, düster wie das Dunkel, [das Land] des Todesschattens und der Unordnung und wo das Hellwerden dem Dunkel gleich ist!
Was Hiob in den Versen 18 und 19 sagt, bekräftigt, was er in Hiob 3 gesagt hat. Hier schreibt er seine Geburt mit Nachdruck – und natürlich zu Recht – Gott zu (Vers 18; vgl. Ps 22,9a). Doch er ist Gott nicht dankbar für diese Tat, sondern beschwert sich bei Ihm darüber. Er hätte seine Geburt niemals zulassen dürfen. Wäre er nur im Mutterleib gestorben, hätte ihn kein Auge jemals in der erbärmlichen Lage gesehen, in der er sich jetzt befindet. Es wäre so, als wäre er nie da gewesen (Vers 19). Er wäre namenlos vom Mutterleib zum Grab gebracht und begraben worden. Dann hätte er nie von den Qualen erfahren, die er jetzt erleidet (vgl. Pred 4,2.3).
Aber er lebt noch, und er erlebt dieses Leben als einen langen Leidensweg, auf den er von Gott bewusst gesetzt wurde. Ihm bleiben nur noch wenige Tage, dann ist sein Leben vorbei (Vers 20; Ps 39,4). Er wünscht sich, dass
Gott aufhört, ihn zu quälen, dass Er damit nicht bis zum letzten Augenblick seines Lebens weitermacht. Er möchte in den wenigen verbleibenden Tagen, bevor er dieses Leben für immer verlässt, etwas Frieden und Freude erleben (vgl. Ps 39,12).
Wenn er dieses Leben verlässt, wird er im Grab sein und nie mehr auf die Erde zurückkehren (Vers 21). Das Grab befindet sich in einem „Land der Finsternis und des Todesschattens“. Es ist ein „Land, düster wie das Dunkel“, in dem Todesschatten und Unordnung herrschen und wo das Hellwerden dem Dunkel gleich ist (Vers 22).
In dieser Finsternis herrscht keine Ordnung, so wie vor den Schöpfungstagen (1Mo 1,2). Es gibt keine Ordnung von Tag und Nacht, Sommer und Winter oder Hitze und Kälte. Es gibt auch keine Reihenfolge nach Alter, Geschlecht, Rang oder Stellung. Die Gebeine der Toten werden zusammengefegt, und niemand weiß, zu wem sie gehören, außer der allwissende Gott.
Die Dunkelheit leuchtet dort, als ob sie Licht wäre. Wenn das Licht Finsternis ist, wie groß ist dann die Finsternis! Das Licht offenbart alles, aber wenn das Licht die Dunkelheit ist, dann ist die Dunkelheit selbst äußerst dunkel. Die Dunkelheit ist undurchdringlich. Nichts ist darin zu sehen, nicht einmal ein vager Umriss ist zu erkennen, an dem man etwas erkennen könnte.