Behandelter Abschnitt Neh 5,14-15
Verse 14.15 | Was Nehemia nicht tut
Auch von dem Tag an, als er mich bestellt hatte, um ihr Statthalter im Land Juda zu sein, vom zwanzigsten Jahr bis zum zweiunddreißigsten Jahr des Königs Artasasta, zwölf Jahre lang, habe ich mit meinen Brüdern die Speise des Statthalters nicht gegessen. 15 Aber die früheren Statthalter, die vor mir gewesen waren, hatten das Volk beschwert und Brot und Wein von ihnen genommen, dazu vierzig Sekel Silber; auch ihre Diener herrschten willkürlich über das Volk. Ich aber tat nicht so, aus Furcht vor Gott.
Nehemia verzichtet auf Dinge, die an sich erlaubt wären. Als Statthalter hat er das Recht, Nahrung vom Volk zu fordern. Ein Statthalter ist in dieser Zeit – Nehemia dient von 444 bis 432 v.Chr. als Statthalter von Juda
das höchste Amt, das in der jüdischen Nation zu bekleiden ist. Anstatt Nahrung zu fordern, teilt er Nahrung aus. Er macht sich eins mit seinem notleidenden Volk. Damit zeigt er Gnade, die über das Gesetz hinaus geht.
Solches Handeln ist die Folge der Gottesfurcht (Vers 15). Es ist die Frucht, die einen gerechten und heiligen Wandel ziert. Es hat nichts mit dem großzügigen Handeln zu tun, das auch Wohltäter in der Welt manchmal kennzeichnet. Hierbei ist er ein Bild des Herrn Jesus, der als Herr und Meister während seines Lebens auf der Erde auch als der Dienende ist (Joh 13,14; Lk 22,24-27).
Das Verhalten Nehemias ist ganz anders als das der Vorsteher des Volkes und der früheren Statthalter. Er hätte denken können, was oft geschieht: „Früher tat das jeder und heute tun es alle, warum dann nicht ich?“ Aber er hat die Speise des Statthalters nicht gegessen, weil die Furcht vor Gott ihn leitet. Er verhandelt nicht über die Schwierigkeiten oder organisiert Dinge, sondern er führt einen Lebenswandel, der über jedem Verdacht steht.
Er gibt seine persönlichen Rechte als Statthalter auf, um einfach und völlig ein Diener Gottes und seines Volkes zu sein. So gibt auch Paulus persönliche Rechte hinsichtlich der Korinther auf, um Gott und seiner Gemeinde zu dienen (1Kor 9,11.12; 2Thes 3,8). Sein Vorbild und das von Nehemia ist es wert, von uns nachgeahmt zu werden. Sie sind „Vorbilder der Herde“ (1Pet 5,1-3). Ein solches Verhalten gibt moralische Autorität, wodurch Ermahnungen Erfolg haben.
Auch in der Gemeinde kommt es vor, dass Verwandte derer, die darin einen führenden Platz haben, sich aus diesem Grund einen herausragenden Platz anmaßen. Durch eine gewisse natürliche Verbindung meint man, das Recht auf geistlichen Vorteil zu haben, und fordert das auch ein. Fähigkeiten und Gaben werden jedoch durch Gott verliehen und sind nicht übertragbar oder einzufordern, weil ein Bekannter oder ein Familienmitglied sie besitzt. Sogar Samuel handelt darin nicht richtig (1Sam 8,1-5).
Viel innerer Unfrieden und Streit entstammen einem falschen Lebenswandel, mehr als Angriffen von außen. Nur wenn wir in Gottesfurcht wandeln, können wir diese Gefahr bekämpfen. Erstens sollen wir nicht mitmachen bei der Anpassung an die Zeit, in der wir leben, wir sollen nicht der Masse nachfolgen. Es ist so einfach, das zu tun, was andere tun. Manchmal machen wir mit, weil wir feige sind, manchmal, weil wir insgeheim den Wunsch haben, so wie andere zu sein.
Zweitens sollen wir das Wesen der Welt meiden. Viele Christen sorgen dafür, dass die Welt nicht merkt, wie sehr sie sich davon unterscheiden. Sie sind nicht darauf aus, den Eindruck zu erwecken, dass sie sich im praktischen Leben von anderen unterscheiden. Was früher eine Schande war, findet heute jeder normal, zum Beispiel Sex vor der Ehe. Aber für den Christen muss das eine Schande bleiben. Er muss sagen können: „Ich aber tat nicht so.“
Vielleicht haben wir unbewusst den Maßstab für unser eigenes Verhalten und Denken gesenkt. Wie haben wir uns in den letzten Jahren oder Monaten gegenüber dem anderen Geschlecht verhalten? Haben wir in unserem Leben vor der Ehe Dinge zugelassen, die nicht hätten geschehen dürfen und worüber wir uns jetzt schämen müssen?