Verse 7 | Die Handlung Nehemias
Und mein Herz hielt Rat in mir, und ich stritt mit den Edlen und mit den Vorstehern und sprach zu ihnen: Auf Wucher leiht ihr, jeder seinem Bruder! Und ich veranstaltete eine große Versammlung gegen sie;
Als Nehemia das Schreien und die Fakten gehört hat, lässt er alles auf sich einwirken. Er geht nicht direkt zum Handeln über und geht auch „nicht mit Fleisch und Blut zu Rate“ (Gal 1,16b). Hier haben wir eine weitere Lektion, die wir lernen müssen. Auch wenn wir die Fakten kennen, wodurch wir verpflichtet sind zu handeln, muss unser Handeln zu dem passen, was wir über das Unrecht wissen. Wir dürfen uns nicht zu einem parteiischen Handeln verleiten lassen. Wir können zu Gunsten des Benachteiligten parteiisch sein, weil wir Sympathien für ihn haben, oder zu einem schwereren Urteil kommen als recht ist, weil wir den Täter unsympathisch finden.
Darum müssen wir von Nehemia lernen, der erst mit sich selbst zu Rate geht und alles erwägt und erst danach zum Handeln übergeht. Mit uns selbst zu Rate zu gehen bewirkt, dass wir Herr unserer Gefühle werden und uns nicht von ihnen mitreißen lassen und so zu einem überstürzten und verkehrten Handeln kommen. Dieses „mein Herz hält Rat in mir“ kann auch mit „Herr über seine Gefühle werden“ übersetzt werden.
Bei Nehemia ist kein Ansehen der Person. Es macht ihm nichts aus, ob er es mit Feinden von Gottes Volk zu tun hat, mit gewöhnlichen Angehörigen des Volkes oder mit den Angesehenen des Volkes. Sein Vorwurf ist klar. Er beschuldigt die Edlen und Führer, dass sie Wucher nehmen und das von ihren Volksgenossen. Er spricht nicht über „Arme“ oder „Untergebene“, sondern über „eure Brüder“. Damit betont er, dass sie ihren Brüdern Unrecht tun (1Kor 6,8). Das ist eine besonders schlimme Sache.
Nehemia lässt den Bau eben ruhen, um dieser Situation die Stirn zu bieten. Er sieht, dass die Klage berechtigt ist und veranstaltet eine große Versammlung gegen die Edlen und Vorsteher. Ohne jegliche Angst vor diesen vornehmen Vorstehern prangert er die Missstände an, die sie gegenüber dem versammelten Volk verursacht haben. Er spricht sie auf die übermäßig hohen Zinsen an, die sie fordern. Das Fordern von Zinsen ist schon verboten, geschweige denn das Fordern von Wucherzinsen (2Mo 22,25; 3Mo 25,35-38; 5Mo 23,20.21). Geld darf bei Armut wohl geliehen werden (5Mo 15,7.8).
Nehemia weiß, wie er gegen die Feinde von außen auftreten muss. Er weiß auch, wie er mit den Missständen umgehen muss, die intern vorliegen. In beiden Fällen tritt er mit großer Entschlossenheit auf. Nehemia ist ein Mann, der eine Antwort auf den drohenden Niedergang des Werks hat, zu dem er berufen wurde. Das bestätigt seine Berufung durch Gott. Jedes Werk, zu dem der Herr beruft, wird angegriffen werden. Der Arbeiter, der vom Herrn berufen ist, darf darauf vertrauen, dass der Herr dann auch Weisheit und Klarheit geben wird, wie auf jeden Angriff reagiert werden muss.