Behandelter Abschnitt 1Kön 22,9-14
Verse 9–14 | Micha wird geholt
9 Da rief der König von Israel einen Hofbeamten und sprach: Bring Micha, den Sohn Jimlas, schnell her! 10 Und der König von Israel und Josaphat, der König von Juda, saßen jeder auf seinem Thron, bekleidet mit königlichen Kleidern, auf einem freien Platz am Eingang des Tores von Samaria; und alle Propheten weissagten vor ihnen. 11 Und Zedekia, der Sohn Kenaanas, machte sich eiserne Hörner und sprach: So spricht der HERR: Hiermit wirst du die Syrer stoßen, bis du sie vernichtet hast. 12 Und alle Propheten weissagten ebenso und sprachen: Zieh hinauf nach Ramot-Gilead, und es wird dir gelingen; denn der HERR wird es in die Hand des Königs geben. 13 Und der Bote, der hingegangen war, Micha zu rufen, redete zu ihm und sprach: Sieh doch, die Worte der Propheten verkündigen einstimmig dem König Gutes; lass doch dein Wort sein wie das Wort eines von ihnen und rede Gutes. 14 Aber Micha sprach: So wahr der HERR lebt, was der HERR mir sagen wird, das werde ich reden!
Während Micha geholt wird, prophezeien die falschen Propheten. Das wird, wie auf dem Karmel mit den notwendigen Ritualen geschehen sein. Falsche Propheten sprechen nicht nur, sie wollen auch durch alle Arten von geistlichen Manifestationen beeindrucken, wobei sie sich selbst verletzen und außer sich geraten. Das ist es, was in allen heidnischen Völkern geschieht. Auf die gleiche Weise sind allerlei Elemente des Götzendienstes in den christlichen Gottesdienst eingedrungen. Menschen werden durch sensationelle Phänomene, von denen sie fälschlicherweise behaupten, sie seien Offenbarungen des Geistes, und durch ohrenbetäubende, bewusstseinsverzerrende Musik in Trance gebracht.
Einer der falschen Propheten, Zedekia, verkündet auf bildhafte Weise den Sieg Ahabs. Die Hörner und Worte, die er benutzt, erinnern an das, was Mose über Josef in seinem Segen sagt, den er über die zwölf Stämme ausspricht (5Mo 33,17a). Er imitiert Mose. So werden oft fromme Aussagen gemacht, aber sie dienen als Anstrich, um die Lüge annehmbar zu machen. Das klingt wie Musik in den Ohren der Menschen. Es ist wie die
Weihnachtslieder, die durch die Geschäfte hallen. Die Worte handeln von dem süßen Kindlein in der Krippe, aber die Musik soll die Menschen in den Schlaf wiegen und sie zum Kaufen animieren.
Der Mann, der Micha abholen muss, versucht, ihn davon zu überreden, doch keinesfalls etwas anderes zu sagen als das, was die falschen Propheten gesagt haben. Micha darf nicht zum Spielverderber werden. Die Wohlstandsprediger von heute sind auch Leute, die angenehme Worte sprechen. Es geht nicht darum, ob Gott spricht, sondern darum, was die Leute gerne hören. Gott ist nicht König, der Kunde ist König.
Aber Micha lässt sich nicht von der Meinung der Vielen beeinflussen. Er weiß zweifellos, dass er in die Höhle des Löwen geht und dass die ganze Atmosphäre von Dämonen erfüllt ist. Aber er geht in vollem Vertrauen darauf, dass der HERR bei ihm ist. So groß die Bedrohung durch den Feind auch sein mag, die Macht des HERRN ist unendlich viel größer. Micha weiß noch nicht, was er sagen soll, aber er vertraut darauf, dass der HERR ihm sagen wird, was er sagen muss (vgl. Lk 21,14.15).
Wagen wir es, das auf uns selbst anzuwenden, oder gehen wir lieber mit der großen Menge, die uns mit schönen Worten das Gefühl gibt, dass wir selbst etwas sind? Wenn letzteres der Fall ist, kann die Gnade nicht wirken, denn mit einer solchen Haltung gehen wir an Gott vorbei. Die Propheten im Alten Testament brachten keinerlei gute Botschaft. Jeremias Botschaft zum Beispiel, dass das Volk weggeführt werden wird, wird auch nicht angenommen. Obwohl es oft nicht so wahrgenommen wird, ist es doch eine große Gnade Gottes, dass Er stets jemandem gibt, der Worte spricht, in denen sein Herz und seine Gedanken klar zum Vorschein kommen.