Behandelter Abschnitt 2Sam 19,2-9
Verse 2–9 | Joab tadelt David
Und es wurde Joab berichtet: Siehe, der König weint und trauert um Absalom. 3 Und der Sieg wurde an jenem Tag zur Trauer für das ganze Volk; denn das Volk hörte an jenem Tag sagen: Der König ist betrübt um seinen Sohn. 4 Und das Volk stahl sich in die Stadt hinein an jenem Tag, wie ein Volk sich wegstiehlt, das zuschanden geworden ist, wenn es im Kampf geflohen ist. 5 Und der König hatte sein Angesicht verhüllt, und der König schrie mit lauter Stimme: Mein Sohn Absalom! Absalom, mein Sohn, mein Sohn! 6 Da begab sich Joab zum König ins Haus und sprach: Du hast heute das Angesicht aller deiner Knechte beschämt, die heute dein Leben errettet haben und das Leben deiner Söhne und deiner Töchter und das Leben deiner Frauen und das Leben deiner Nebenfrauen, 7 weil du liebst, die dich hassen, und hasst, die dich lieben; denn du hast heute deutlich gemacht, dass dir Oberste und Knechte nichts sind; denn heute erkenne ich, dass, wenn Absalom lebendig und wir alle heute tot wären, dass es dann recht wäre in deinen Augen. 8 Und nun mach dich auf, geh hinaus und rede zum Herzen deiner Knechte; denn ich schwöre bei
dem HERRN, wenn du nicht hinausgehst, so wird diese Nacht nicht ein Mann bei dir bleiben; und das wäre schlimmer für dich als alles Böse, das über dich gekommen ist von deiner Jugend an bis jetzt. 9 Da machte der König sich auf und setzte sich in das Tor. Und man berichtete allem Volk und sprach: Siehe, der König sitzt im Tor! Da kam alles Volk vor den König.
Joab scheint hier der Anführer des Volkes zu sein und nicht David. Das Volk kommt zu ihm und berichtet, dass David von Trauer über den Verlust seines Sohnes Absalom überwältigt ist. David ist so niedergeschlagen und zerbrochen, dass das Volk nicht wagt, eine Spur von Freude über die Erlösung zu zeigen. Davids Haltung und sein Benehmen beeinflussen das gesamte Volk. Anstatt den Sieg zu feiern, verhalten sie sich wie Verlierer. So groß kann der Einfluss eines geliebten Anführers sein, der von immenser persönlicher Trauer überwältigt wird. David verliert sich in seiner Trauer und verliert dabei auch den Blick für die Bedeutung des Volkes.
David ist ein Vater mit einer besonderen Liebe für einen Sohn, der ein Rebell war. Diese Liebe geht so weit, dass sein Kummer über den Verlust von Absalom auf Kosten der Gefühle anderer geht. Während David unaufhörlich seine tiefe Trauer zum Ausdruck bringt, geht Joab zu ihm hinein. Er nimmt David hart ran, obwohl er selbst die Ursache für Davids Kummer ist. Er, der eigentlich der Letzte sein sollte, der diese Wahrheit ausspricht, sagt dennoch, was richtig ist. Er ist der Einzige, der dies dem König sagen kann. So kompliziert können manchmal Situationen sein.
Joab scheint ein gefühlloser Mann zu sein. Ohne jedes Mitleid, fast kühl sachlich, bricht er in Davids Gefühle ein. Sein Klagen muss jetzt ein Ende haben. David vermittelt durch seine Haltung und seinen Kummer über den Tod seines Sohnes die Botschaft, dass alles, was seine Männer für ihn getan haben, nichts bedeutet. Seine Männer retteten sein Leben und das Leben aller seiner Verwandten.
Anstatt dafür dankbar zu sein und sich bei seinen Männern zu bedanken, tut er so, als ob seine Männer ihm Schaden zugefügt hätten. David dreht die Dinge komplett um, sagt Joab. Absalom, der seinen Vater hasste, liebt er und seine Männer, die sich aus Liebe zu ihm einsetzten, hasst er. Joab zieht daraus den Schluss, dass es David recht gewesen wäre, wenn sein ganzes Heer getötet worden wäre, wenn nur Absalom noch am Leben wäre.
Joab befiehlt (!) David, aufzustehen und zu den Männern zu sprechen. Er warnt ihn auch, dass er nicht damit rechnen kann, dass noch jemand bei ihm bleibt, wenn er es nicht tut. David ändert daraufhin seine Einstellung. Er hört auf Joab und tut, was er sagt. Als David seinen Platz im Tor eingenommen hat, wird das Volk darüber informiert. Daraufhin kommt das ganze Volk zu ihm.
Aus dem Verhalten Davids gegenüber Absalom und der Ermahnung durch Joab können wir eine Menge über unseren Umgang mit unseren Kindern lernen. Es ist verständlich, dass ein „Sorgenkind“ viel von unserer Aufmerksamkeit beansprucht. Diese Sorgen können aufgrund einer Krankheit da sein, aber sie können auch durch einen sündigen Weg verursacht werden, den ein Kind geht. Trotzdem müssen wir versuchen, ein Gleichgewicht in der Zuwendung zu unseren Kindern zu behalten beziehungsweise herzustellen. Es kommt vor, dass das „Sorgenkind“ so viel Aufmerksamkeit bekommt, dass dadurch die anderen nicht die Zuwendung bekommen, die sie auch so nötig haben. Manchmal ist der Seufzer zu hören: „Ich wünschte, ich könnte einmal etwas Verrücktes tun, dann gäbe es auch Aufmerksamkeit für mich.“
Auch in der örtlichen Gemeinde kann es vorkommen, dass einige Jugendliche nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie brauchen. Dadurch können problematische Situationen entstehen, die hätten vermieden werden können, wenn wir als Ältere jedem Jugendlichen das Gefühl gegeben hätten, wie wichtig uns jeder einzelne von ihnen ist. Dann machen wir es so, wie der HERR es will, der sich auch für jedes einzelne Kind Gottes persönlich interessiert.
Nach den dramatischen Ereignissen, die mit Absaloms Griff nach dem Thron und dem Tod des Aufrührers verbunden waren, floh das Volk, das Absalom nachgefolgt war, in seine Häuser.