Behandelter Abschnitt 2Sam 3,22-27
Verse 22–27 | Joab tötet Abner
22 Und siehe, die Knechte Davids und Joab kamen von einem Streifzug und brachten große Beute mit sich. Abner war aber nicht mehr bei David in Hebron; denn er hatte ihn entlassen, und er war hingegangen in Frieden. 23 Als nun Joab und das ganze Heer, das bei ihm war, ankamen, da berichtete man Joab und sprach: Abner, der Sohn Ners, ist zum König gekommen; und er hat ihn entlassen, und er ist hingegangen in Frieden. 24 Da kam Joab zum König und sprach: Was hast du getan! Siehe, Abner ist zu dir gekommen; warum doch hast du ihn entlassen, dass er ungehindert weggegangen ist? 25 Du kennst Abner, den Sohn Ners, dass er gekommen ist, um dich zu bereden und um deinen Ausgang und deinen Eingang zu wissen und alles zu wissen, was du tust. 26 Und Joab ging von David hinaus und sandte Boten hinter Abner her; und sie holten ihn zurück von der Zisterne Sira; David aber wusste es nicht. 27 Als nun Abner nach Hebron zurückkam, führte ihn Joab beiseite in das Tor, um in der Stille mit ihm zu reden; und er schlug ihn dort in den Bauch, dass er starb – wegen des Blutes seines Bruders Asael.
Es ist nicht undenkbar, dass Abner seinen Besuch bei David so geplant hat, dass er während der Abwesenheit von Joab stattfand. Als Joab davon erfährt, ist er sehr verärgert. Er macht David starke Vorwürfe, dass er Abner ungehindert hat gehen lassen. Er zögert nicht, falsche Anschuldigungen zu erheben. Was er zu David sagt, erinnert an Abners Haltung gegenüber Isboseth.
David hat diesem wütenden Mann zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Joabs Sprache und Tonfall sind unangemessen für einen Neffen, der mit seinem Onkel spricht, und schon gar nicht für einen Heerobersten, der mit seinem König spricht. Aber David schluckt es.
Wir können uns fragen, wie es möglich ist, dass ein mächtiger König gegenüber einem Mann wie Joab so schwach ist. Wie kommt es, dass David nicht in der Lage war, sich von diesem Mann zu befreien? Es wird aus der Geschichte nicht ersichtlich. Vielleicht haben Familienbeziehungen eine Rolle gespielt. Im weiteren Verlauf der Geschichte stellt sich heraus, dass David in seiner Familie und Verwandtschaft nicht die geistliche Kraft hat, die er als König besitzt. Sein Handeln als Vater ist geradezu schwach und in mancher Hinsicht sogar falsch und schuldig.
Die Tatsache, dass Gott Joab benutzen wird, um Davids törichte Absicht zu verhindern, einen Bund mit Abner zu schließen, bedeutet nicht, dass Joab das Richtige tut. Es ist öfters so, dass Gott das sündige Handeln von Menschen benutzt, um sein Ziel zu erreichen. Das ist die Weisheit Gottes. Gott stiftet Joab nicht an, sondern nutzt seine Eifersucht, um Abner zu töten und so den Bund zu verhindern. Wir können Joab die Eifersucht unterstellen, denn er sah in Abner einen gewaltigen Konkurrenten für seine Position als Oberster in der Armee Davids. Wenn Abner zu David überlaufen würde, könnte das bedeuten, dass Abner über ihn gestellt würde.
Nach seiner Konfrontation mit David folgt Joab seinem eigenen Kurs. Er kümmert sich nicht um David und die getroffenen Vereinbarungen, sondern tritt selbst als Richter auf. Ganz ohne Davids Wissen hat er Abner mit einer Ausrede zurückgeholt. Er tut so, als hätte er etwas Persönliches mit Abner zu besprechen und lockt ihn in eine Falle (vgl. Ps 55,21). Abner tappt in die Falle. Als Joab mit Abner allein ist, bringt er ihn um.
Was Joab macht, ist eine gemeine, hinterhältige Tat. Durch diese Handlungsweise zieht er den Fluch des Gesetzes auf sich: „Verflucht sei, wer seinen Nächsten im Geheimen erschlägt! Und das ganze Volk sage: Amen“ (5Mo 27,24). Abner hatte Joabs Bruder im Kampf getötet und das erst nach zwei Verwarnungen. Joab tötet Abner in Friedenszeiten. David gibt dies später seinem Sohn Salomo als Grund, Joab töten zu lassen (1Kön 2,5.6).