Behandelter Abschnitt 2Mo 12,12-13
Vorwort
Die folgenden Seiten sollen mit einem gewissen Anspruch auf Vollständigkeit die vorbildliche Bedeutung der Stiftshütte entfalten. Sie enthalten deswegen nicht nur Hinweise für fortgeschrittene Bibelleser, sondern auch die Grundlagen, die bereits vielen bekannt sind, aber dennoch im Rahmen einer vollständigen Studie erwähnt werden müssen.
Das vorliegende Buch basiert auf Vorträgen. Der Vortragsstil wurde weitestgehend beibehalten in der Hoffnung, die Lektüre zu vereinfachen. Dabei entschuldigt sich der Verfasser nicht für die andächtige Art und Weise der Vorträge, denn wie könnten wir von solch einem Thema nicht bewegt werden?
Die Darstellung der Wahrheit über die Person und das Werk des Herrn Jesus bildet in typologischer Hinsicht ebenso den Mittelpunkt der Wahrheit, wie das Heiligtum in der Wüste damals buchstäblich das Zentrum des Lagers Israels war. Es ist daher notwendig, dass in einer möglichst vollständigen Betrachtung der Bedeutung der Stiftshütte auch die dort versinnbildlichten Lehren vollständig erörtert werden. Dies erklärt das Maß an Detailgenauigkeit bei der Behandlung dieser Lehrinhalte. In Tagen, in denen sie so sehr geleugnet werden, ist das sicherlich nicht unangebracht.
Eine Danksagung gebührt Bruder John Bloore für seine ausgezeichneten Illustrationen der Stiftshütte und ihrer Geräte, die er extra für diese Arbeit angefertigt hat, und in der große Sorgfalt darauf verwendet wurde dem Text der Schrift genau zu folgen.
Es ist das Gebet des Autors, dass der Herr diese Bemühungen segnet, die Herrlichkeiten seines geliebten Sohnes vorzustellen.
Vortrag 1: Bei wem wohnt Gott?
Wenn man ein Thema in der Schrift betrachtet, ist es immer lehrreich, auf den Zusammenhang zu achten. Wenn der Herr es schenkt, werden wir das in Verbindung mit dem tun, was die Schrift über seinen Wohnort unter den Menschen sagt. Die Stiftshütte war, wenn man so will, der Mittelpunkt seiner Offenbarung im Blick auf sein irdisches Volk. Israels Lager in der Wüste war um die Stiftshütte her angeordnet, und die Wege des Volkes standen immer mit ihr im Zusammenhang. Als sie das Land erreichten, wurde auch dort die Ordnung Gottes in Verbindung mit der Stiftshütte eingerichtet. Deshalb werden wir einen Blick auf den Zustand des Volkes werfen, als Gott ihnen die Stiftshütte gab.
Wenn dies schon bei der Betrachtung der buchstäblichen Geschichte Israels wesentlich ist, wie viel wichtiger ist es, wenn wir uns daran erinnern, von wem und von was sie für alle Zeiten ein Bild ist. Schauen wir uns nun die verlesenen Schriftstellen an, die uns sieben große Tatsachen vorstellen.
Gott liebt es, bei den Lobgesängen seines Volkes zu wohnen, und diese Lobgesänge bilden gleichzeitig eine Voraussetzung für sein Wohnen (Ps 22,4). Er kann nur dort wohnen, wo Er gekannt ist; und Er kann wiederum nur auf dem Boden der Erlösung gekannt werden. In Römer 1 sehen wir, dass diejenigen, die das Zeugnis seiner „ewigen Kraft und seiner Göttlichkeit“ (Röm 1,20) in den Werken der Schöpfung hatten, die sie umgaben, blind und verfinstert am Verstand waren. Indem sie sich für Weise ausgaben, wurden sie zu Toren und schließlich in alle Arten von Götzendienst und schändliche Leidenschaften hineingezogen.
Wenn wir Gott erkennen wollen, muss das auf der Grundlage seiner eigenen Offenbarung geschehen, und zwar entsprechend seiner Natur, die wahr und gerecht ist. Aus diesem Grund muss Er sich im Umgang mit sündigen und schuldigen Menschen als vollkommen gerecht und heilig offenbaren – als ein Gott des Gerichts, selbst wenn Er noch weit mehr zu sagen hätte. Doch gelobt sei sein heiliger Name: Er hat tatsächlich mehr zu sagen, denn seine Offenbarung im Gericht hätte uns nur dazu verurteilen können, ewig von Ihm getrennt zu sein, und zwar in der äußersten Finsternis. Das bildet den dunklen Hintergrund, vor dem in all ihrem Glanz die Barmherzigkeit Gottes erstrahlt, wie Er sie in Christus Jesus – in seiner Person und in seinem Werk – offenbart hat. Das ist es, was in den erwähnten Stellen zum Ausdruck kommt.
Und ich werde in dieser Nacht durch das Land Ägypten gehen und alle Erstgeburt im Land Ägypten schlagen vom Menschen bis zum Vieh, und ich werde Gericht üben an allen Göttern Ägyptens, ich, der Herr. Und das Blut soll euch zum Zeichen sein an den Häusern, worin ihr seid; und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen; und es wird keine Plage zum Verderben unter euch sein, wenn ich das Land Ägypten schlage. ( 2Mo 12,12-13)
Diese erste Schriftstelle (2Mo 12,12-13) erinnert uns daran, dass sein Volk vor einem Gericht geschützt wurde, das sie gerechterweise verdient gehabt hätten. Gott kann nur in der Mitte solcher wohnen, die geschützt worden sind, denn andernfalls stünden sie noch immer (wie alle anderen Menschen auch) unter dem Gericht – ebenso wie Israel so lange mit allen Ägyptern unter dem Gericht stand, bis Gott das Lamm gab und anordnete, dass sein Blut an den Türsturz und die Pfosten ihrer Häuser gestrichen werden sollte.
Wie sehr spricht das alles von Ihm, dem „Lamm ohne Fehl und ohne Flecken“ (1Pet 1,19), der am Kreuz „zur Sünde gemacht“ worden ist (2Kor 5,21), um den Schuldigen einen Zufluchtsort zu bereiten! Wie lieben es die Seinen, dabei etwas stehen zu bleiben! Hätte Gottes Langmut in Gericht geendet, wäre für immer nichts anderes als die äußerste Finsternis verblieben. Doch in seiner Liebe stellte Gott einen vollkommenen Schutz vor dem verdienten Gericht und Zorn bereit. Er tat das, während sie sich noch in Ägypten befanden, dem Ort der Knechtschaft unter die Sünde. Gott verlangt von dem Sünder nicht, dass er den ersten Schritt auf dem Weg zu Ihm tut, sondern knüpft selbst an dem Menschen an, wo und wie er ist, und bietet ihm durch das kostbare Blut Christi einen vollkommenen Schutz.
Wenn dieses kostbare Blut durch den Glauben erfasst wurde1 lautet die Antwort Gottes: „Und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen“. Wir erkennen darin seine Vorkehrung in dem Blut Christi und seine Zusicherung in seinem eigenen Wort, dass diejenigen, die unter dem Schutz dieses Blutes stehen, für immer von dem kommenden Gericht befreit sind. Sein Volk erwartet die Errettung nicht irgendwann in der Zukunft, es wartet auch nicht darauf, dass sich erst irgendetwas in ihm selbst tut, bevor es dauerhaften Frieden mit Gott haben kann. Nein, das Volk beruft sich darauf, sich unter den Schutz gestellt zu haben, den Gott bereitet hat. „Und das Blut soll euch zum Zeichen sein an den Häusern, worin ihr seid; und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen“.
1 Der Büschel Ysop aus 2. Mose 12,22 mit dem das Blut an die Wohnungen gestrichen wurde, spricht von wahrhaftigem Selbstgericht vor Gott, dem Bekenntnis der Schuld und der eigenen Unwürdigkeit.↩︎