Behandelter Abschnitt Hld 7,12
„Komm, mein Geliebter, lass uns aufs Feld hinausgehen, in den Dörfern übernachten. Wir wollen uns früh aufmachen zu den Weinbergen, wollen sehen, ob der Weinstock gesprosst hat, die Weinblüte sich geöffnet hat, ob die Granatbäume blühen; dort will ich dir meine Liebe geben“ (Hld 7,12.13).
In der vollen Gemeinschaft mit ihrem Bräutigam und im seligen Genuss Seiner Liebe wendet sich jetzt die Braut an ihren Geliebten. Der Ton ihrer Anrede und der Charakter ihrer Worte übersteigt alles, was wir bisher von ihr gehört haben. Sie redet nur noch von Dingen, von denen sie weiß, dass sie Ihm wohlgefällig sind. Ihr Glaube hat das Maß Seiner Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Person erreicht. So war es einst auch bei David im Terebinthental (1Sam 17). Sein Glaube erhob sich zu den Gedanken und Gefühlen Gottes bezüglich Seines Volkes Israel, und rechnete dementsprechend auf Ihn. Das ist der wahre Boden der Gemeinschaft: Einheit der Gefühle und des Herzens mit Christus.
Der Ausdruck: „Lass uns aufs Feld hinausgehen, in den Dörfern übernachten“, scheint anzudeuten, dass die Segnung und Herrlichkeit des tausendjährigen Reiches die Grenzen Israels überschreiten werden. Die Felder und Täler liegen außerhalb der Stadt. Jerusalem und die Städte Judas werden, als der irdische Mittelpunkt der Herrlichkeit des Messias, ohne Zweifel zuerst mit ihr erfüllt werden. Aber von diesem Mittelpunkt aus wird sie sich zur Rechten und zur Linken ausbreiten, bis die ganze Erde von jener Herrlichkeit erfüllt sein wird. Was mir so besonders lieblich und gesegnet in der vorliegenden Stelle erscheint, ist die Tatsache, dass die Juden mit ihrem Messias in dieser Herrlichkeit verbunden sein werden.
Christus und Sein Volk sind gleichsam füreinander gebildet, und erfreuen sich miteinander all der Segnungen der Erde. „Komm, mein Geliebter“, sagt die Braut, „lass uns aufs Feld hinausgehen, . . . wir wollen uns früh aufmachen“ usw. Bräutigam und Braut besuchen und überschauen in glückseliger Gemeinschaft die weiten, ausgedehnten Gefilde tausendjähriger Segnung und Herrlichkeit. Hernach fügt sie mit der Vertraulichkeit eines Herzens, das sich in Seiner Gegenwart völlig daheim fühlt, hinzu: „Dort will ich dir meine Liebe geben“. Ihr Herz wallt über. Das Wort „Liebe“ steht im Hebräischen in der Mehrzahl. Eine tiefe, überströmende Liebe erfüllt ihr ganzes Inneres und geht aus, dem Bräutigam entgegen. Und in der Tat, unsere Liebe kann nie zu tief, zu glühend sein, wenn Christus der Gegenstand unserer Herzen ist.
Ich brauche kaum noch einmal darauf aufmerksam zumachen, dass die Kirche und alle Heiligen, die bei der Ankunft des Herrn auferweckt und entrückt werden, bereits mit Christo in dem Jerusalem droben verherrlicht sind, bevor der König mit Seiner irdischen Braut vereinigt wird. Denn es ist der Vorsatz Gottes, alles was im Himmel und auf Erden ist, unter ein Haupt zusammenzubringen, und dieses Haupt ist Christus. Er wird die himmlischen wie die irdischen Teile Seines Reiches unter Seinem Szepter vereinigen. Sie werden miteinander verbunden sein, wie es einst vorbildlich durch die Leiter Jakobs dargestellt wurde. Die Herrlichkeit der himmlischen Heiligen wird den Heiligen auf Erden, ja der ganzen Welt sichtbar sein. „Damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast“ (Joh 17,23). Und im Blick auf das neue Jerusalem lesen wir: „Die Nationen werden durch ihr Licht wandeln, und die Könige der Erde bringen ihre Herrlichkeit zu ihr“ (Off 21,24).