Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Sie verteilten aber seine Kleider unter sich und warfen Lose darüber: Der Herr Jesus hat in diesem Evangelium alle Gnade und Barmherzigkeit Gottes entfaltet. Darum passt dieses Wort so gut hierhin. Das ist nun das erste der sieben Worte, die der Herr am Kreuz gesprochen hat. Dieses Wort finden wir nur in diesem Evangelium. Der Herr spricht hier zuerst einmal über die römischen Soldaten. Wusste das Volk es auch nicht? Wussten es die Frauen nicht? Wussten es die Menschen nicht, die gerufen hatten, dass Er gekreuzigt würde?
Dem Volk wird eine zweite Chance gegeben. Siehe vor allem Apostelgeschichte 1-7, besonders 3,17. Auch Paulus hatte die Gläubigen in Unwissenheit verfolgt. Ihm wurde vergeben, weil dieses Gebet erhört worden ist. Wie viele Juden glaubten sieben Wochen später?
In vielen Handschriften fehlen diese Worte; es besteht jedoch kein Zweifel, dass sie authentisch sind; auch hat der Herr sie hörbar gesprochen. – Die Worte wurden während oder kurz nach der Kreuzigung gesprochen. Menschen haben dem Herrn unbeschreibliche Leiden zugefügt: „Sie haben meine Hände und meine Füße durchgraben“ (Ps 22,16). – Doch Er liebt seine Feinde.
Das Blut Jesu schreit nicht nach Rache, sondern nach Gnade (siehe Heb 12,24).
Er spricht zum Vater. Alles, was der Sohn sagte, war dem Vater wohlgefällig, so auch diese Bitte (Joh 8,29). Dieselbe Liebe sehen wir beim Vater (Joh 3,16).
Hier finden wird das Wunder der Vergebung – die Bereitschaft zur Vergebung. Das griechische Wort ist sogar noch stärker: entlassen, außer Acht lassen, wegsenden, wegschicken, frei ausgehen lassen.
ihnen: Wer sind diese Personen? Sicherlich zuerst einmal die Soldaten. Doch diese Erklärung reicht nicht aus: Das galt auch für das Volk (Apg 3,17), dann für die Bewohner Jerusalems (Apg 13,27, einschließlich der Obersten (vgl. 1Kor 2,8). Wussten die Menschen wirklich nicht, was sie taten? Durchaus; das gilt für jeden der einbezogen war. Andererseits kann niemand die Schwere der Sünde der Ermordung des Messias ermessen (sie kreuzigten den „Herrn der Herrlichkeit“ – „den Fürsten des Lebens“!), was es für den Sohn und für den Vater war.
Wer lernt, wer der Sohn Gottes ist, der Herr der Herrlichkeit, der Fürst des Lebens, der bekommt Vergebung. Das setzt zugleich Bekenntnis der Sünde voraus (Jes 53). – „In other words, Jesus prays that the Father may give these murderers of his time, grace, and the knowledge that may bring them the Father’s pardon” (Lenski).
Der Herr wandelte gleichsam den Mord in Totschlag um. Für den Totschläger gab es Zufluchtsstädte (4Mo 35,11-12.16.25-28;
5Mo 4,42; 19,3–6 ; Jos 20,3-6; 21,13.21.27.32.38), wo er sich so lange aufhalten konnte, bis der Hohepriester gestorben war. Dann war er frei. – Das Volk begeht Mord, und der Ermordete wird zum Anwalt.Die erste Erhörung findet man in Vers 43.
Bei diesem Gebet steht die Liebe des Vater und des Sohnes im Vordergrund.