Und ich werde sie in ihrem Land pflanzen; und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Land, das ich ihnen gegeben habe, spricht der Herr, dein Gott: Gott selbst wird sein Volk in seinem Land pflanzen und fest verwurzeln. Diese Pflanzungen werden nicht ausgerissen werden (Jes 60,21; vgl. 2Mo 15,17). Das Land war Abraham von Gott verheißen und wird dem Volk in Zukunft vollständig gehören.
Begriffslexikon
Jerobeam (der II. Regierungszeit: 793–753): Jerobeam regierte eine ungewöhnlich lange Zeit, die längste und blühendste Zeit, die Israel erlebt hat. Er tat aber, was böse war in den Augen des Herrn. Der Götzendienst – von Jerobeam I. eingeführt – bestand unvermindert weiter. Strategisch war er erfolgreich: Das Reich Israel bekam wieder seine alte Ausdehnung: von Hamat (Hauptstadt in Südsyrien; Am 6,2) im Norden bis an das Tote Meer. Jona hatte darüber eine Prophezeiung ausgesprochen – er war der erste von 16 Propheten, die in dieser Zeit zu prophezeien begannen (C. Knapp, S. 273). Der Herr hatte sich des Volkes Israel sehr erbarmt, weil kein Helfer für Israel da war. Jerobeam hat sogar Damaskus zurückerobert und auch Hamat, das eine Zeitlang Juda gehört hatte. Jerobeam ist allerdings eines natürlichen Todes gestorben (2Kön 14,29). Es gab also ein gewaltiges politisches Aufleben, doch von einer geistlichen Erweckung kann keine Rede sein. Zu Jerobeams Charakter siehe weiterhin Amos 7,7-17.
Philister: Israel sollte nicht den Weg der Philister nehmen (2Mo 13,17). Israel hat zeitweise die Götter der Philister verehrt (Ri 10,6-7). Ihr Ende ist die völlige Zerstörung und Vernichtung ihres Stolzes (Am 1,7.8; Zeph 2,5; Sach 9,5). Die Philister sind ein Bild vom Fleisch im Land (Namenchristentum, fleischliche Christen). Saul fiel in einer Schlacht mit den Philistern. David besiegte sie und Salomo machte sie fronpflichtig. Darby meint, dass die Philister die Macht des Feindes innerhalb des Kreises des Volkes Gottes repräsentieren, nicht das Fleisch im Gläubigen. Sie wollen das Land besitzen.
Amoriter: Völker des östlichen Kanaans und jenseits des Jordan. Das Gebiet der beiden Könige der Amoriter Og und Sihon wurde von den Israeliten erobert (4Mo 21,21-35; 5Mo 2,24 - 3,31).
Tag des Herrn: Tag der Offenbarung der Herrlichkeit des Herrn und Tag des Gerichts; der große Gerichtstag über alle Völker: vgl. Jesaja 2,12-18; 13,5-11; 61,2; Joel 1,15; 2,1-11.31; Hesekiel 13,5; Amos 5,18-20; Obadja 15; Zephanja 1,7.14.18; 2,2; Maleachi 3,17; 4,1‒21; 1. Thessalonicher 5,2-10; 2. Thessalonicher 2,2-3; 2Pet 3,10. Die Grundbedeutung ist nicht der Gerichtstag, sondern der Tag, an dem der Herr seine Majestät und Allmacht in herrlicher Weise offenbart, um alle sich ihm widersetzenden Mächte zu stürzen und sein Reich zu vollenden. Daraus fließt erst der Begriff des Tages des Gerichts und der Vergeltung, der in den prophetischen Verkündigungen vorherrscht. Der Herr wird an diesem Tage nicht nur Gericht über alle Völker halten, sondern auch auf Zion Rettung geben und sein Königtum aufrichten.
Anhang – Überblick – B. Peters
„Eine Last tragen“
Schicke dich an, Israel, deinem Gott zu begegnen! (4,12) „Gott sucht sein Volk heim, damit Sein Volk Ihn suche“ (6,6).
(Hans Möller)
Der Prophet und seine Zeit
Der Name Amos bedeutet „eine Last tragen“. Er kann auch als eine Kurzform von Amasja (2Chr 17,16), aufgefasst werden: „der Herr trägt“. Amos trägt schwer an der Botschaft, die Gott ihm auflädt. Sie wird ihm zur Herzenslast. So identifiziert sich jeder wahre Prophet mit seiner Botschaft und mit dem Ergehen der Zuhörer seiner Botschaft (siehe 7,2,5). Trägt aber der Prophet an seiner Last, dann weiß er sich gleichzeitig von seinem Gott getragen (Jes 46,3), ja, er kann mit dem Psalmisten sogar bekennen: „Gepriesen sei der Herr! Tag für Tag trägt er unsere Last; Gott ist unsere Rettung“ (Ps 68,18).
Amos weissagte zur Zeit der Könige Ussija (787–736) und Jerobeam II (787–747). Alfred Kuen schreibt: „Le tremblement de terre ... était peut-être lié à une eclipse totale du soleil (8,6; cf Joel 3,16) et, dans ce cas, il eut lieu en juin 763“ (66 en 1, introduction aux 66 livres de la Bible). Amos nimmt dieses Erdbeben als Ausgangspunkt für seine gewaltige Botschaft: „If a story fit for a film-maker like Sam Goldwyn was ‘a plot that starts with an earthquake and builds up to a climax’, then Amos, despite being one of the most homespun and direct of the prophetic band, literally meets Goldwyn’s requirements as a writer. The very first verse of his prophecy mentions a recent earthquake and the last chapter rises to raptures of gospel grandeur, as it depicts the spiritual earthquake in the coming of the penitent, believing Gentiles into the Christian church to be one people with the converted Jews“ (Victor Budgen, The Charismatics and the Word of God, S. 19).
Er stammte aus Tekoa, das 16 km von Jerusalem und 8 km von Bethlehem entfernt ist; dennoch weissagte er im Nordreich, (ging also wie vor ihm Jona in die „Außenmission“), und zwar ausgerechnet in Bethel, am Ort des königlichen Heiligtums (7,13), aber auch der Sünde Israels. Er war Schafhirt und Feigenleser (1,1; 7,14), also kein Angehöriger der Priesterkaste noch der Prophetenschulen. Er war damit das, was man heute einen „Laien“ nennen würde, ein Mann, der keine theologische Ausbildung hatte und nicht ordiniert war:
Amos est und trouble-fête. Tout allait bien pour le peuple: paix intérieure, richesse, prospérité. Que vient faire cet homme de la campagne dans les villes d’Israel? De quoi se mêle-t-il? Il n’a ni diplôme, ni lettre de recommandation des prêtres pour parler de la part de Dieu. Pour qui se prend-il? (Francis Bailet: Connaissez-vous les petits prophètes?)
Amos hat eine außergewöhnlich harte Botschaft. Kapitel für Kapitel zählt er die Sünden Israels auf und nennt die Gerichte, die folgen müssen. Der erste Vers in diesem Buch redet schon von einer Katastrophe, einem Erdbeben, und der Vers, der die Weissagungen einleitet, spricht von Gottes Stimme als der Stimme eines Löwen. Das ist Gottes Reden im Gericht. Erst am Schluss findet sich eine Botschaft der Errettung und Wiederherstellung (9,11–15). Gleichzeitig ist Amos aber ein Prophet mit tiefem Mitgefühl. Er gleicht in beidem dem Propheten Jeremia, und wie bei diesem finden sich bei Amos die Regungen seines Erbarmens über sein gerichtsreifes Volk (7,2.5): Er ist neben Joel (1,19) der einzige der kleinen Propheten, von dem wir lesen, wie er für sein Volk Fürbitte tut. Man beachte die Überschrift dieses Buches: „Worte des Amos“. Die Überschrift über das Buch Jeremia lautet gleich: „Worte Jeremias“. Sie findet sich in keinem prophetischen Buch mehr, denn sie gehört zur Eigenart dieser beiden: Sie identifizieren sich so sehr mit der ihnen aufgetragenen Botschaft, dass die Worte Gottes zu ihren Worten werden.
Amos betont, wie das Ende seines Buches zeigt, die Wiederherstellung als eines der Ergebnisse der Erlösung. Entsprechend beginnt das Buch mit einer ausführlichen Schilderung von Zerstörung.
Thema
Gemeinschaftliche (oder nationale) Verantwortung. Auf Sünde folgt unweigerlich Gericht (1,2), wie an Gottes auserwähltem Volk und an seinen Nachbarvölkern demonstriert wird (1,3–2,3). An ihnen lernen wir: Je größer die Vorrechte, desto größer die Verantwortung. Israel war von Gott gelehrt, die Nachbarn Israels sahen Gottes Handeln am Volk Gottes. Daher waren sie alle schuldiger als andere Nationen, die von Gott nicht so viel Licht empfangen hatten. Juda und Israel hatte vielleicht nicht so grelle Sünden begangen wie die Philister und Phöniker, aber sie hatten Gottes Offenbarung, und daher war ihre Verantwortung größer und darum auch ihre Schuld schwerer. Darum kommt Gott (4,12) und wird richten; aber Er wird Israel auch wiederherstellen und es wird „an jenem Tage“ unter der Regierung des Messias unaussprechliche Wohlfahrt genießen (9,11–15). Das ist ein Ausdruck von Gottes vollkommener und bedingungsloser Gnade. Schließt denn Gnade nicht Verantwortung aus? Nein, die Tatsache, dass Gott gnädig ist, erhöht die Verantwortung, denn Seine Gnade befähigt uns, der Verantwortung zu entsprechen. Deshalb sind wir alle ohne Entschuldigung.
Besonderheiten
Amos tut wie Mose Fürbitte für das Volk, nachdem er aus Gottes Mund dessen Gericht vernommen hat: 7,2,5.
Es findet sich erst ganz am Schluss des Buches eine Verheißung von Errettung und Wiederherstellung
Die Weissagung vom Hunger nach Gottes Wort (7,11–14)
Stephanus zitiert Amos in seiner Verteidigungsrede (4,25.26; Apg 7; 42; 43).
Der Appell des Amos an unser Gewissen
Was man sät, das muss man ernten (1 – 2; Gal 6; 7; 8)
Je größer die Vorrechte, desto größer die Verantwortung (3,2).
Wir müssen nicht ordiniert oder formal gelehrt und geschult sein, um dem Herrn und Seiner Sache zu dienen; wir müssen aber Glauben, Gehorsam und einen Ruf von Gott haben (8,14.15; vgl. 1Pet 4,10).
Jakobus zitiert am Apostelkonzil in Jerusalem (Apg 15,16-17) Amos 9,11-12.
Eine Gliederung
Titel (1,1)
I. Gerichte über die Völker und Israel (1 und 2)
1. Gericht über 3 Nachbarvölker: Aram, Philistäa, Phönizien (1,3–10)
2. Gericht über 3 stammverwandte Völker: Edom, Ammon, Moab (1,11–2,3)
3. Gericht über Juda und Israel (2,4–16)
II. Gerichte über Israel (3–9)
Drei Predigten:
1. „Hört dieses Wort“ (3)
2. „Hört dieses Wort“ (4)
3. „Hört dieses Wort“ (5–6)
Fünf Visionen über das Schicksal Israels (7,1–9,10)
1. Die Heuschrecken (7,1–3)
2. Die Feigen (7,4–6)
3. Das Senkblei (7,7–9)
(biographisches Zwischenspiel: Amazja greift Amos an: 7,10–17)
4. Das Sommerobst (8,1–14)
5. Der zerschlagene Götzentempel (9,1–10)
III. Israels wunderbare Wiederherstellung (9,11–15)