Einleitung in das vierte Psalmbuch
Das vierte Buch ist vom dritten nicht so merklich unterschieden, wie es die drei ersten Bücher voneinander sind, und wie es besonders das dritte von den beiden ersten ist, indem das dritte prophetisch die Segnung ankündigt und einen Zustand der Dinge beschreibt, wo man das göttliche Einschreiten zur Einführung der vollen Segnung erwartet. Das erste Buch der Psalmen hat uns die Stellung des jüdischen Überrests in ihren Grundzügen in Verbindung mit der Geschichte Christi gezeigt, das zweite Buch betrachtet die Juden als fern von Jerusalem; das dritte sieht Israel als Volk in sein Land zurückgebracht, jedoch noch nicht in die volle Segnung vonseiten des Herrn eingeführt; das vierte Buch vervollständigt dies, wie ich schon sagte, indem es den Messias als gekommen betrachtet. Dies verbindet die Nation mit Christus und stellt gleichzeitig ihre Verbindung mit dem Herrn wieder her.
Das vierte Buch beginnt also mit Israels Verbindung mit dem Herrn; der Glaube erwartet, dass Er zurückkehrt und sie in die endgültige Segnung einführt, damit die Huld des Herrn über ihnen sei. Der zweite Psalm des Buchs (Ps 91) zeigt die Verbindung Christi als Mensch in der Welt mit dem Volk, der dritte, (Ps 92) feiert in prophetischer Weise das große Endergebnis aller Wege Gottes mit Israel, was dann in Psalm 93-100 näher ausgeführt wird. Dann folgen in Psalm 101 und Ps 102 tief ergreifende Einzelheiten in Bezug auf Christus, während in den Lobgesängen von Psalm 103 und Psalm 104 wieder das Endziel der Wege Gottes im Blick auf Israel und die Erde behandelt wird. Endlich sehen wir in Psalm 105 und Psalm 106, mit welchen das vierte Buch schließt, Gottes Handlungen mit Israel von Anfang an, und im Gegensatz dazu Israels Wege und Handlungen des Herrn gegenüber (JND).1
Weitere Punkte
Unterschied zwischen Nationen und Völkern
Vorkommen beider Wörter in einem Vers – in den Psalmen: 2,1; 33,10; 44,3.15; 96,3.10; 105,44; 117,1; 149,7. In den anderen Büchern der Bibel: 1Mo 17,16; 25,23; 5Mo 4,27; 32,8; 1Chr 16,24; 2Chr 32,13; Jes 11-mal; Jer 2-mal; Hes 7-mal; Joel 1-mal; Micha, Hab, Sach jeweils 2-mal, Apg 4-mal; Röm 1-mal; Off 3-mal.
Ich habe keinen Zweifel darüber, dass dieses Wort Völker (ammim) nicht in demselben Sinn wie Nationen (gojim) gebraucht wird. Mit Nationen (Ps 98,2 und anderswo) werden solche bezeichnet, die im Gegensatz zu Israel und zu der Erkenntnis des Herrn stehen, während die als Völker bezeichnet werden, die zwar nicht Israel selbst sind, wohl aber in Beziehung zu Israel und also zum Herrn selbst stehen. Israel wird eine Nation genannt, wenn es gerichtet und verworfen ist (Ps 43,1) (JND).
Psalm 90
Einleitung
Gott hat die Psalmen angeordnet – Menschen hätten diesen Psalm möglicherweise an den Anfang des gesamten Psalmbuchs gesetzt.
Mose beschreibt den Tod einer ganzen Generation. Der Psalm ist eigentlich eine Begräbnisrede. Jeden Tag starben im Durchschnitt von den Männern über 20 Jahren 42 Personen (wenn künftig in den sieben Jahren der Gerichte vier Milliarden Menschen sterben, sind das 3,2 Millionen pro Tag). Es können auch mehr sein, doch wir wollen nicht spekulieren.
Es ist der Psalm des ersten Adam, der Folgen der Sünde (1Mo 3) – das Kommen des letzten Adam wird in den Versen 13–17 erfleht, so fleht Israel in diesem Psalm um Wiederherstellung. Dieses Psalmbuch beschreibt uns das Kommen Christi in der Zukunft als der König der ganzen Erde.
Die Kürze unseres Lebens wird uns in den Versen 3–12 vor Augen geführt.
Luther hat gesagt, dass so wie Mose das Gesetz gelehrt hat, so hat er in diesem Psalm den Tod gepredigt, Sünde und Verdammnis.
Der erste Psalm des vierten Buches, stellt also das Volk, das heißt seinen gläubigen, frommen Teil, auf den Boden des Glaubens an den Herrn und drückt das Sehnen nach Befreiung und dem Segen durch seine Hand aus. Zunächst erkennt der gläubige Israelit den Herrn an als die Wohnung Israels von Geschlecht zu Geschlecht, als ihre Zuflucht und Heimat. Dann war Er der ewige Gott, ehe die Welt war, und Er lässt den Menschen kommen und gehen in einem Augenblick, wie es Ihm gefällt; für Ihn gibt es keine Zeit. Israel war durch seinen Grimm verzehrt worden. Doch das war noch nicht alles. Obwohl seine Macht unumschränkt war, handelte Er doch nicht nach Willkür, sondern seine Wege waren der Ausdruck einer wahren und heiligen sittlichen Regierung. Und so finden wir in unserem Psalm nicht nur ein unumwundenes Bekenntnis offenbarer Sünden und Fehltritte, sondern die Anerkennung der heiligen Regierung Gottes, die auch das verborgene Tun des Menschen vor das Licht seines Angesichts stellt (denn so handelt Gott, Ihm sei Dank dafür, dass Er es tut!). Ihre Tage schwanden durch seinen Grimm dahin. Aber sie wünschen, dass der Stolz ihres Herzens dadurch gebrochen werde und sie ihrer Schwachheit und Sterblichkeit eingedenk seien, damit alle Selbstzufriedenheit, die dem natürlichen Herzen so eigen ist, für immer weggetan sei und das Herz sich der Weisheit, der Furcht Gottes, zuwende. Dass der Mensch so an seinen wahren Platz gestellt und Gott sein Platz eingeräumt wird, und zwar in Verbindung mit einem Glauben, wie der Israels an den Herrn, das ist reich an Unterweisung im Blick auf die moralische Stellung, die sich für den Überrest in den letzten Tagen geziemt; grundsätzlich ist es stets wahr. So schaut also der Überrest nach dem Herrn aus, dass Er zurückkehre und sie befreie – der Glaube fragt: bis wann? – und dass seinen Knechten sein Tun erscheinen möge, wie auch die Prüfung von Ihm gekommen war; ja, dass die Huld des Herrn, ihres Gottes, über ihnen sein und das Werk ihrer Hände durch Ihn befestigt werden möge. Es ist wahrer Glaube aufgrund der Beziehung zu Gott, jedoch zu Gott als dem Höchsten in seiner heiligen Regierung auf der Erde; als solcher aber ist Er der Gott Israels (JND).
Einteilung
Der mächtige und ewige Herr (V. 1.2)
Die Verwüstungen des Todes (V. 3‒6)
Gottes Zorn ist eine Antwort auf die Sünde (V. 7‒10)
Der Gerechte braucht Belehrung (V. 11‒17)
Vers 1
Ein Gebet von Mose, dem Mann Gottes. Herr, du bist
unsere Wohnung gewesen von Geschlecht zu Geschlecht: Dieser
Psalm ist der einzige Psalm von Mose, dem Mann des Gebets (
Mann Gottes: Er war auch ein Mann Gottes. Im Alten Testament werden sieben Personen Mann Gottes genannt. Im Neuen Testament nur Timotheus (Mensch Gottes). Es ist insbesondere ein Name in Zeiten des Niedergangs.
Wohnung: Luther übersetzt Zuflucht, Wohnung ist besser. Gott hat das Volk nicht nur durch die Wüste geleitet, Er war nicht nur in der Wohnung in ihrer Mitte, sondern war selbst ihre Wohnung. Hat Mose hier an die Erzväter gedacht, an die vielen Jahrhunderte, wo das Volk in Ägypten war? Hat Er den Psalm am Ende der Wüstenreise geschrieben? Die Erde, die Wüste, hat nichts Beständiges für uns; nichts, wo wir uns wohlfühlen. Die Wohnung ist das Zuhause, wohin man zurückkehrt. Der Herr sagte den Jüngern, (a) dass Er sie in das Haus seines Vaters bringen würde, wo viele Wohnungen sind (Joh 14,2-3). Solange das nicht erfüllt wäre, (b) würden der Geist, der Vater und der Sohn kommen, um Wohnung bei dem Gläubigen zu machen, der sein Wort hält (Joh 14,23). Hier ist (c) Gott die Wohnung seines Volkes.
1 Jedem Psalm ist die entsprechende Erklärung vorangestellt, die der Betrachtung über Gottes Wort (engl. Synopsis) von J. N. Darby entnommen ist. Man kann das an der Schriftart Trechbuchet MS, Größe 9 erkennen. Die gesamte Betrachtung kann hier eingesehen werden: http://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/AT-19-Betrachtung-ueber-die-Psalmen-JND.pdf↩︎