Behandelter Abschnitt 1Tim 6,4-5
Verse 4 und 5: Nachdem der Apostel gezeigt hat, dass die Gottseligkeit ein Bewahrungsmittel vor dem Missbrauch des Christentums ist, erklärt er nun, dass solche, die etwas anderes lehren, von dem Hochmut des Fleisches angetrieben werden. Stolz, der auf sich selbst vertraut und seine eigene Wichtigkeit zu behaupten sucht, steht in vollem Gegensatz zur Gottseligkeit, die auf Gott vertraut und nach seiner Verherrlichung trachtet.
Hinter diesem Hochmut steht die Unwissenheit über die Gedanken des Herrn, wie sie uns in seinem Wort mitgeteilt werden. Unwissenheit über die Gedanken des Herrn entsteht daraus, dass man dem menschlichem Geist erlaubt, sich mit den endlosen Fragen, die der Mensch aufwirft, und mit Auseinandersetzungen über bloße Worte zu beschäftigen. Der moralischen und sittlichen Kraft des christlichen Glaubens, die in der Seele wirksam ist und zu einem Leben der Gottseligkeit führt, stehen diese Menschen vollkommen gleichgültig gegenüber und betrachten das Christentum als eine Angelegenheit von Streitfragen und Wortgezänken.
Solche Wortgezänke, anstatt gegründeter Gottseligkeit, geben nur Gelegenheit dazu, dass sich die Werke des Fleisches offenbar machen. Der Stolz, der durch diese endlosen Streitfragen sich selbst in den Vordergrund stellen will, wird zwangsläufig zu Neid führen, denn der menschliche Stolz duldet keine Konkurrenz. Und das Fleisch wird natürlicherweise gegen die ankämpfen, auf die es neidisch ist. Neid führt also zu Hader, und solche Rivalitäten untereinander werden dazu führen, Lästerungen gegen den anderen auszusprechen.
Die Kenntnis solcher in Umlauf gebrachten Lästerungen wird böse Verdächtigungen und beständige Zänkereien hervorrufen. Dies ist die böse Ernte, die der Neid hervorbringt. Es gibt keine größere Macht für das Böse zwischen den Heiligen Gottes, als das Dulden des Neides im Herzen. Der weise Salomo sagt: „Grimm ist grausam, und Zorn eine überströmende Flut; wer aber kann bestehen vor der Eifersucht“ (Spr 27,4)! Es war Neid, der zu dem ersten Mord in dieser Welt führte; und es war Neid, der zu dem größten Mord in dieser Welt führte. Pilatus „wusste, dass sie ihn aus Neid überliefert hatten“ (Mt 27,18).
Ach! Dieser Neid kann sich auch unter dem wahren Volk des Herrn zeigen. Hier führt es der Apostel auf den Stolz des Herzens zurück, das verderbt und von der Wahrheit des Christentums entblößt ist. Der tieferliegende Beweggrund bei solchen ist irdischer Gewinn, daher meinen sie auch, dass „Gewinn“ das Ergebnis der Gottseligkeit sei. Mit anderen Worten gesagt predigen sie, dass das Christentum bloß ein Mittel zur Verbesserung unseres Zustandes sei und nebensächliche Ergänzung unserer weltlichen und irdischen Vorteile. Dies ist, wie wir aus der Geschichte Hiobs wissen, tatsächlich eine Unterstellung Satans. Hiob war ein frommer und gottesfürchtiger Mann, aber, so sagte Satan: „Ist es umsonst, dass Hiob Gott fürchtet“ (Hiob 1,9)?
Diese gemeine Unterstellung Satans bedeutete also, dass es so etwas wie Gottseligkeit gar nicht gibt; und wenn ein Mensch ein Bekenntnis von Frömmigkeit ablegt, heißt das nicht, dass er Gott fürchtet oder sich um ihn kümmert, sondern dass er einfach weiß, dass es sich lohnt und zu seinem irdischen und weltlichen Vorteil ist. Satan sagte zu Gott: „Aber strecke einmal deine Hand aus und taste alles an, was er hat, ob er sich nicht offen von dir lossagen wird“ (Hiob 1,11).
Der Herr ließ diese schreckliche Unwahrheit Satans geschehen, um ihn vollständig bloßzustellen. Es wurde dem Satan erlaubt, Hiob alles dessen zu berauben, was dieser besaß – und am Ende stand Satan als Lügner da. Anstatt sich von Gott loszusagen, fiel Hiob vor dem Herrn zur Erde nieder und betete an. „Und er sprach: Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen“ (Hiob 1,20.21).