Behandelter Abschnitt Röm 2,4-5
Grundsatz 2: Gott gibt Zeit, Buße zu tun (2,4.5)
„Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte und Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet? Nach deinem Starrsinn und deinem unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes“ (2,4.5).
Das führt den Apostel zu einem zweiten großen Grundsatz, der Gottes Gericht kennzeichnet. Gott gibt ausnahmslos Zeit, Buße zu tun, bevor Er das Gericht ausführt. Die Ausführung des Gerichts wird ohne jeden Zweifel kommen, auch wenn sie lange aufgeschoben werden mag. In seiner Güte verschiebt Gott sein Gericht und erträgt das Böse für eine Zeit. So war es in den Tagen Noahs, als Gott 120 Jahre lang zögerte, bevor Er das Gericht der Flut brachte. Es war genauso in der Geschichte Israels. Gott ertrug die bösen Wege dieses Volkes sehr lange, bevor Er Jerusalem zerstörte und die Nation zerstreute. So ist es auch heute, wenn Gott in Gnade dieses Gericht über die dem Untergang geweihten Welt zeitlich aufschiebt.
Wie aber reagiert der Mensch auf diese Langmut Gottes? Er verachtet den Reichtum der Güte Gottes. Wegen der Geduld meint der Mensch, Gott würde nie mehr richten. Aufgrund der Langmut Gottes denkt der Mensch, Gott stünde dem Bösen gleichgültig gegenüber. So verachtet der Mensch die Güte Gottes und erkennt nicht, dass der Grund für Gottes Geduld und Langmut darin liegt, dass Er dem Menschen noch die Möglichkeit einräumt, Buße zu tun. Die Güte Gottes macht auf diese Weise die Härte und Unbußfertigkeit des menschlichen Herzens offenbar. Gott handelt in Güte, der Mensch aber verachtet „den Reichtum seiner Güte“. Gott gibt Zeit zur Buße, aber der Mensch will keine Buße tun. Die Menschen verurteilen sich gegenseitig darin, Böses zu tun, aber sie lehnen ab, die eigenen Sünden zu bereuen. Die Tatsache, dass Gott Zeit zur Buße schenkt, zeigt zugleich, dass jeder Mensch Buße tun muss, um mit Gott ins Reine zu kommen und um dem Gericht Gottes zu entkommen.
Buße und Glaube
Paulus fasst sein Evangelium zusammen, indem er sagt: Ich bezeuge „die Buße zu Gott und den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus“ (Apg 20,21). Buße ist das Bekenntnis unseres verlorenen und verdorbenen Zustands vor Gott. Glaube ist die Annahme der guten Botschaft durch das Werk Christi. William Kelly hat einmal geschrieben: „Buße und Glaube sind untrennbar miteinander verbunden, wenn man sich ehrlich vor Gott beugt . . . Es gibt keine echte Buße ohne Glauben und auch keinen wahren Glauben ohne Buße“.
Buße ist mehr, als darüber traurig zu sein, dass man etwas Falsches getan hat. Sie ist auch mehr, als sich nur zu schämen, denn dazu ist auch ein natürliches Gewissen in der Lage. Buße ist eine Sinnesänderung im Blick auf einen selbst. Diese Änderung wird durch die Kenntnis der Gnade Gottes hervorgerufen. Sie ist das bewusste Bekenntnis des eigenen wahren Zustands vor Gott. Buße zu Gott ist die Annahme dessen, was Gott über mich sagt. Glaube zu dem Herrn Jesus Christus ist die Annahme dessen, was Gott über Christus sagt.
Petrus tat Buße, als er in der Gegenwart des Herrn sagte: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr“ (Lk 5,8). Der Zöllner tat Buße, als er sagte: „O Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig! (Lk 18,13). Der „verlorene Sohn“ tat Buße, als er in der Gegenwart seines Vaters sagte: „Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir“ (Lk 15,21). Auch der Räuber am Kreuz tat Buße, als er sagte: „Wir empfangen, was unsere Taten wert sind“ (Lk 23,41).
Es mag ein unterschiedliches Ausmaß von Buße geben, wie es auch ein unterschiedliches Maß an Glauben gibt. Bei einigen geht die Buße tiefer als bei anderen, bei manchen mag der Glaube deutlicher und einfacher sein als bei anderen. Aber wenn es ein Werk Gottes in der Seele gibt, werden sowohl Buße als auch Glaube gefunden werden.
Buße und Glaube – eine Aufgabe für das ganze Leben
Buße und Glauben sollten wir nicht als Dinge ansehen, die man ein für allemal getan hat. Die Haltung der Buße wird immer tiefer, je mehr wir mit Gott zu tun haben. Und Glaube zu unserem Herrn Jesus Christus sollte uns ständig kennzeichnen. Es ist zu Recht von John Nelson Darby über Buße gesagt worden, dass diese „in einem Sinn während unseres ganzen Lebens immer weiter vertieft wird, je mehr wir in der Erkenntnis Gottes wachsen“. Und im Blick auf den Glauben sagt Darby: „Auch wenn der Glaube an das Werk Christi notwendig ist, um Frieden zu besitzen, so bleibt diese Person immer der Gegenstand unserer Herzen – der Christus, der uns geliebt hat und nun verherrlicht zur Rechten Gottes thront, nachdem Er unsere Sünden getragen und sich in Tod und Gericht für uns hingegeben hat, jetzt aber in Ewigkeit für uns lebt.“
Der Mensch häuft sich selbst Zorn auf im Blick auf den Tag des Zorns, weil er ablehnt, Buße zu tun. Der Mensch ruft also den Zorn Gottes nicht nur dadurch auf sich herab, dass er Böses tut, sondern auch durch das Verachten der Güte Gottes, die diesem Bösen auf göttliche Weise begegnet. Das wird für den Unbußfertigen am Tag des Zorns offenbar werden. Aufgrund der Güte Gottes mag dieser Tag weit hinausgezögert werden. Nichtsdestoweniger wird er kommen. Das wird ein wirklicher Tag sein, wenn Gottes Gericht und nicht der Wille des Menschen offenbart und ausgeführt werden wird.