Behandelter Abschnitt Daniel 2,5-13
„Der König antwortete und sprach zu den Chaldäern: Die Sache ist von mir fest beschlossen: Wenn ihr mir den Traum und seine Deutung nicht kundtut, so sollt ihr in Stücke zerhauen werden, und eure Häuser sollen zu Kotstätten gemacht werden; wenn ihr aber den Traum und seine Deutung anzeigt, so sollt ihr Geschenke und Gaben und große Ehre von mir empfangen. Darum zeigt mir den Traum und seine Deutung an. Sie antworteten zum zweiten Mal und sprachen: Der König sage seinen Knechten den Traum, so wollen wir die Deutung anzeigen. Der König antwortete und sprach: Ich weiß zuverlässig, dass ihr Zeit gewinnen wollt, weil ihr seht, dass die Sache von mir fest beschlossen ist, dass, wenn ihr mir den Traum nicht kundtut, es bei eurem Urteil bleibt; denn ihr habt euch verabredet, Lug und Trug vor mir zu reden, bis die Zeit sich ändert. Darum sagt mir den Traum, und ich werde wissen, dass ihr mir seine Deutung anzeigen könnt. Die Chaldäer antworteten vor dem König und sprachen: Kein Mensch ist auf dem Erdboden, der die Sache des Königs anzeigen könnte, weil kein großer und mächtiger König jemals eine Sache wie diese von irgendeinem Wahrsagepriester oder Sterndeuter oder Chaldäer verlangt hat. Denn die Sache, die der König verlangt, ist schwer; und es gibt keinen anderen, der sie vor dem König anzeigen könnte, als nur die Götter, deren Wohnung nicht bei dem Fleisch ist.
Darüber wurde der König zornig und ergrimmte sehr, und er befahl, alle Weisen von Babel umzubringen. Und der Befehl ging aus, und die Weisen sollten getötet werden; und man suchte Daniel und seine Genossen, um sie zu töten“ (2,5–13).
Eine Deutung mochte leicht gegeben werden, die, wenn sie zukünftige Ereignisse beinhaltete, unbestritten bleiben konnte – denn bis zu der Zeit ihrer Erfüllung konnte niemand sagen, ob sie wahr oder falsch war. Die Absicht Gottes, die Nichtigkeit ihrer vorgetäuschten Fähigkeiten und Weisheit zu enthüllen, wäre demnach nicht erreicht worden. Der König wäre durch ihre Antwort nicht beruhigt worden. Indem sie durch verschiedene Belohnungsversprechungen und Drohungen weiter aufgestachelt wurden, waren sie gezwungen zu bekennen: „Kein Mensch ist auf dem Erdboden, der die Sache des Königs anzeigen könnte, weil kein großer und mächtiger König jemals eine Sache wie diese von irgendeinem Wahrsagepriester oder Sterndeuter oder Chaldäer verlangt hat. Denn die Sache, die der König verlangt, ist schwer; und es gibt keinen anderen, der sie vor dem König anzeigen könnte, als nur die Götter, deren Wohnung nicht bei dem Fleisch ist.“
Die aufgeworfene Fall war also entschieden, und die Weisen selbst wurden gezwungen, klar und deutlich ihre Unfähigkeit einzugestehen, das Geheimnis des Königs zu offenbaren, und erklärten gleichzeitig, dass die benötigte Erkenntnis außerhalb jeglicher menschlicher Kompetenz lag – dass allein die „Götter“ sie besaßen. Aus menschlicher Sicht war diese Antwort nicht unvernünftig; doch Nebukadnezar als ein absoluter und gebietender Herrscher wollte die Verwehrung seiner Wünsche nicht hinnehmen. Wutschnaubend befahl er, alle Weisen Babylon zu vernichten. „Und der Befehl ging aus, und die Weisen wurden getötet; und man suchte Daniel und seine Genossen, um sie zu töten.“
Die Radikalität des Menschen ist Gottes Gelegenheit. Daniel war nicht mit den Sterndeutern vor den König gerufen worden; doch da er allgemein unter die „Weisen“ gezählt wurde, wurde er in den königlichen Erlass eingeschlossen. Dies lenkte das Augenmerk auf ihn und brachte ihn in Kontakt mit dem Hauptmann, der mit seiner Hinrichtung beauftragt worden war. Es war Gottes Absicht, sein Zeugnis in der Person Daniels vor Nebukadnezar zu bringen. Die Tatsache, dass der König seinen Traum vergaß, sowie seine Wut über das Versagen seiner Weisen, ihn ihm zu offenbaren, waren nur die Werkzeuge zu seiner Erfüllung.