Behandelter Abschnitt Off 3,13
„Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“ (3,13).
Es mag uns vielleicht etwas erstaunen, dass sogar Philadelphia dieser Ermahnung bedurfte. Doch es sind gerade in unserer Zeit der einschläfernden und verwirrenden Stimmen so viele, dass es ein geschärftes Ohr bedarf, um die wahre Stimme des Heiligen Geistes von der oft recht verschleierten Stimme des Verführers zu unterscheiden.
Es mag nun vielleicht in den Reihen der Leser die Frage aufsteigen, welche Kirche oder Gemeinschaft in unseren Tagen als Philadelphia anzusprechen sei. Doch die Zustände in der Christenheit sind heute derart, dass der Herr keine Gruppe als solche, als Ihm entsprechend anerkennen kann; denken wir an die vielfache Zerrissenheit der äußeren Gestalt der Kirche, die vielfältige Vermengung mit menschlichem Beiwerk einerseits und ihre Unzulänglichkeit anderseits. Vielmehr wendet sich der Herr in diesem Sendschreiben, wie auch in den speziell für die letzten Zeiten bestimmten Briefen (Timotheus bis Judas), an die Treue der Einzelnen, die sein Wort bewahren und seinen Namen nicht verleugnen. Es sind die, die sich um Ihn selbst als seine Glieder scharen, denen es, mit andern Worten ausgedrückt, nicht um Religion oder Kirche geht, sondern um die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus Christus selbst. Das ist Philadelphia; nicht so sehr die, die solches formell bekennen, sondern die es, in Schwachheit zwar, aber in Treue verwirklichen, die den Charakter seines Zeugnisses in der Welt, gleich Ihm selbst, darstellen.
Dieses Sendschreiben ist in allen Teilen eine Darstellung dessen, was dem Herrn entspricht, im Gegensatz zu den großen und kleinen menschlichen Kirchenkörpern, in denen der Herr nicht den Platz hat, der Ihm gehört, sondern die selbst diesen Platz einnehmen:
1. Stellung in dieser Welt in äußerer Schwachheit und nicht in Macht, aber in seiner Kraft.
2. Ein tätiges, lebendiges Zeugnis für Ihn und von Ihm, nicht Selbstbefriedigung und Eigenlob.
3. Sein Wort, die Bibel, bewahren, nicht die Überlieferungen der Menschen.
4. Seinen Namen, d. h. seine Person und die Zugehörigkeit zu Ihm und den Seinen, nicht verleugnen, nicht bloß ein äußerliches Formalbekenntnis.
5. Das Wort seines Ausharrens bewahren, d. h. seine persönliche Ankunft für uns, Ihn selbst erwarten, nicht bloß egoistisch an die eigene Seligkeit denken.
6. Halte fest, was du hast, d. h. alles, was Er uns in seinem Wort und Werk gegeben und verheißen hat, nicht bloß eine vage, unklare Hoffnung.
Das sind sehr ernste Ermahnungen an jeden einzelnen von uns, damit auch wir nicht einem leblosen, wenn auch an sich richtigen, bloßen Dogmatismus verfallen, denn die Gefahren sind auch für uns Gläubige eminent groß. Wenn auch äußerlich nichts Schwerwiegendes zu Philadelphia gesagt wird, will das nicht heißen, dass wir das Recht zu Selbstdarstellung und Selbstbewunderung hätten. O, lasst uns Acht auf uns selbst haben! Möchten wir uns stets bewusst sein, dass auch unsere Herzen zu allem Bösen fähig sind! Ist unser Blick auf den Herrn gerichtet, dann wird seine Kraft sich mächtig entfalten können, so dass die Charakterzüge Philadelphias gesehen werden können. Möchte der Herr dies schenken!