Behandelter Abschnitt Röm 11,32-33
Vers 32: „Denn Gott hat alle beschlossen unter den Unglauben, auf dass Er sich aller erbarme.“ Gott hat alle mit eingeschlossen, auf dass niemand sich rühme, sondern auf dass alles, was in Israel und in der Völkerwelt geschieht, die Gnade rühme. Was euch Heiden, was euch, der Gemeinde in Rom und was andern in der Heidenwelt widerfahren ist, ist ein Angeld für die Wiederaufnahme Israels, wenn dessen Stunde gekommen sein wird.
Und nun spricht der Apostel am Schluss des Kapitels Worte der Anbetung, Vers 33: „Oh welch eine Tiefe des Reichtums, beide, der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind Seine Gerichte und unausforschlich Seine Wege!“ Der Apostel hat die Gemeinde, soweit es möglich war, in das Geheimnis göttlicher Gnadenwahl eingeführt in göttlichen Linien und nun beugt er sich selbst in den Staub vor der Herrlichkeit Gottes, Seiner Gedanken, Seiner Wege, Seiner Erwählung.
Alles was Gott von Seiner Herrlichkeit offenbart, darf uns nicht mehr in den Kopf steigen, sondern muss uns zu Gottes Füssen in den Staub legen, dass der Heiland sich unserer erbarmt hat, während er Israel zurückgestellt hatte, während andere Völker und Länder noch in Finsternis dahin gehen. Es soll uns das mit Preis und Anbetung zu Seinen Füssen niederlegen. Gottes Wege sind unergründlich und unausforschlich. Der Weisheit und den Plänen kommt man bald auf den Grund, da ist keine Unendlichkeit.
Auch für solche, die den reichsten Schatz von Erkenntnis gesammelt haben, kommt immer ein Punkt, wo sie eingestehen müssen: Ich weiss nicht, wo ihnen sozusagen der Verstand stillsteht, wo sie nicht mehr ausreichen mit ihrer Kurzsichtigkeit; aber anbeten können sie und anbeten können auch wir, wenn sich uns Tiefen auftun, in die auch der Apostel tiefer und tiefer hinein zu schauen begehrte. „Wie unergründlich sind Seine Gerichte und Seine Wege!“ Wie unergründlich sind Seine Gerichte über die Völkerwelt, über die Familie und über die Einzelnen! Es ist herrliches, heiliges Studium, sich etwas in diese Gedanken und Wege Gottes zu versenken und Ihm Raum zu machen, weiter und tiefer zu enthüllen von Herrlichkeit zu Herrlichkeit und von Tiefe zu Tiefe.
Durch die Erkenntnis dieser Gottesgedanken und Gotteswege werden unsere Herz und unser Leben, unsere Lebensverhältnisse und Lebensaufgaben ins Licht kommen, vom Licht geleitet und beherrscht werden. Sonst kommt man natürlich immer wieder in eigene Gedanken und Wege hinein, verliert Zeit und Kraft und es geht viel heiliger Gottessegen verloren. Alle Erkenntnis muss uns klein machen, dann kann uns der Herr immer tiefer und weiter führen. Oh, welche Tiefe und Weisheit und der Erkenntnis Gottes.“ Im gewöhnlichem Leben zuweilen: da steht einem ja der Verstand still.
Das 11.Kapitel ist eines von den Kapiteln im Römerbrief, wo einem in besonderer Weise auferlegt wird, seine Vernunft gefangen zu geben unter die Gehorsam des Kreuzes. Kinder brauchen nicht alles zu verstehen, aber treu wollen wir sein in dem, was wir verstehen; dann kann uns der Herr Blicke geben in die Geheimnisse, die uns vorher verborgen waren. Wir treten jetzt mit ausgezogenen Schuhen an sie heran, nicht mit einer sich breitmachenden Vernunft und sind dankbar für jeden Blick, den Gott uns schenkt in Seine Weisheit und Erkenntnis, damit Er uns immer weiter und weiter die Augen öffnen und uns einführen könne von Klarheit zu Klarheit in die Erkenntnis Seines Heils und Seiner Heilsratschlüsse.
Wie klein und arm stehen wir vor solchen Tiefen und Geheimnissen Gottes! Wie hoch gehen sie über unseren Horizont! Da findet man keinen Boden. Da darf man schwimmen; da wird man vom Meer der Gnade getragen. „Wie unausforschlich sind Seine Wege…“ Man erzählt vom Kirchenvater Augustinus, er habe sich viel mit dem Geheimnis der ewigen Gnadenwahl beschäftigt.
Da sah er im Traum am Ufer des Meeres ein Knäblein, einen kleinen Engel, der mit der hohlen Hand Wasser aus dem Meer schöpfte und es in ein Grüblein goss, dass er im Sande gemacht hatte. Natürlich floss das Wasser sofort ins Meer zurück. Was tust du da? fragte Augustinus. „Ich schöpfe das Meer aus“, sagte das Englein. Bei diesen Worten gingen Augustinus ein Licht auf. Wie töricht, bin ich doch, fragte er sich, dass ich mit meinem armseligen Menschenverstand die Ratschlüsse Gottes zu ergründen suche!
Je tiefer wir uns vor den Ratschlüssen Gottes beugen, desto mehr Durchblicke kann Er uns geben in die Herrlichkeit Seiner Gnade, Seines Heils und Seiner wunderbaren Berufung.
Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“
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