Behandelter Abschnitt Mt 24,44-51
Vers 44: „Seid bereit" — scheidet alles aus eurem Leben aus, was euch aufhält — und was der Herr euch aufträgt, das tut in der Kraft der Gnade, dann bleibt ihr bewahrt vor irdischem Sinn. Dann muss alles — ob Schweres oder Leichtes — was an euch herantritt, dazu dienen, euch wach zu erhalten und euch zuzubereiten für die Zukunft des Herrn. Wach bleiben kann man nur, wenn man dient, nicht wenn man sich selbst pflegt. Um dienen zu können, muss man offene Augen haben für das, was der Herr einem aufträgt, und man muss auch ein offenes Auge haben für die Bedürfnisse anderer, damit alles geschehe zur rechten Zeit; denn für alles gibt es eine rechte Zeit und Art und Weise, und das Gelingen hängt eben davon ab, dass alles zur rechten Zeit und in der richtigen Weise geschieht. „Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, wachend findet . . ." Zu solchem Dienst gehört Übung.
Übung macht den Meister, und wenn der Herr mit seinem Kommen noch verziehen sollte, so ist das nur eine Gnadenfrist, die wir treu auszukaufen haben. „Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen." Was sind das für Ausblicke in die Herrlichkeit, wenn der Herr uns solches anvertraut für künftige Äonen. Zunächst dürfen wir ihm hier unten dienen und dann droben mit ihm regieren. Wahres Regieren ist ein Dienen. „Wenn er kommt" — und niemand weiss, wann er kommt. „Wenn aber jemand sagt: Mein Herr versäumt zu kommen", und nun seinen Launen die Zügel schiessen lässt und auf seine Mitknechte losschlägt, sich selbst aber alles Gute zuführt, isst und trinkt, so wird sein Herr kommen, da er es nicht erwartet.
Aufgehen im Essen und Trinken gehört schon in das Gebiet des Schlemmens — nur was mit Danksagung und mit der nötigen Zucht genossen wird — nur das ist uns nach Geist, Seele und Leib ein wirklicher Segen und eine Förderung und Stärkung. „Der Herr wird kommen an einem Tage, da du es nicht weisst und zu einer Stunde, da du ihn nicht erwartest" — dann wird der untreue Knecht, der auf seine Mitknechte losschlägt, anstatt ihnen zu dienen — losschlagen kann man aber auch mit Worten und damit dem andern sehr schaden — ich sage, der untreue Knecht wird dann seinen Lohn bekommen, sein Teil mit den Heuchlern .. ." Zu dem Schlimmsten also gehört die Heuchelei: etwas sein wollen — vorgeben, etwas zu sein, was man in Wirklichkeit nicht ist.
Das verbreitet Stickluft, und man kann dem Heuchler schwer auf die Spur kommen. Darum müssen wir darauf bedacht sein, in der Wahrheit zu bleiben und zu reden — mit einem Worte, wir müssen Leute sein, die nur Gott gefallen wollen. Sobald du den Menschen gefallen willst, gerätst du in Heuchelei hinein, ehe du dich dessen versiehst und ohne es zu wollen. Man hängt dann an den Blicken seiner Mitmenschen und hängt von deren Lob oder Tadel ab, richtet sich nach anderen anstatt einzig und allein nach seinem Gott. Man darf nie etwas tun, um anderen zu gefallen — ja, ihnen wohltun, aber nicht ihnen zu gefallen suchen. Anderen wirklich dienen werden wir nur, wenn wir uns vom Geiste Gottes leiten lassen — dann finden wir auch, vom Geiste geleitet und vom Geiste bewahrt, die rechte Zeit und Stunde und die richtige Art und Weise, wie wir anderen Handreichung tun können, so dass wir ihnen eine Hilfe und nicht ein Anstoss seien.