Vers 14. «Nicht achten auf jüdische Fabeln.» Die «Fabeln» sind im ersten Brief an Timotheus 1Tim 1,4 erwähnt, wo sie von den «endlosen Geschlechtsregistern» unterschieden, aber doch damit verbunden werden. Diese «Geschlechtsregister» haben keine Beziehung zu den Geschlechtsregistern im Alten Testament, wie man geneigt wäre zu denken, sondern sind eine Mischung von jüdisch-spiritistischen und philosophischen Spekulationen mit dem Christentum, hernach bei seinem Verfall durch das Heidentum übernommen.
Die jüdischen Fabeln, in 1Tim 4,7 als «ungöttliche Fabeln» und Altweiber- Geschichten bezeichnet, sind das Produkt orientalischer Einbildung, die sich auf die Schriften auswirkt und unter dem Vorwand, die Wahrheit zu zieren, sie entstellt und sogar zunichte macht. Der Apostel Petrus nennt sie «künstlich erdichtete Fabeln» (2. Petrus 1,16).3
In unserem Abschnitt wird zwischen jüdischen Fabeln und «Geboten von Menschen» unterschieden, obwohl die einen wie die andern von «denen aus der Beschneidung» kamen. Die Gebote, von denen hier die Rede ist, sind nicht die Gebote des Gesetzes, die Gott gegeben hatte, sondern durch Menschen erfundene und zur Tradition erhobene gesetzliche Vorschriften, deren es im Judentum eine Fülle gibt. Man begegnet ihnen häufig in den Evangelien, wie beispielsweise dem Waschen der Becher und Krüge und «vielen andern ähnlichen Dingen». Durch diese Dinge wandten sich solche Menschen von der Wahrheit ab. Sie waren im krassen Gegensatz zum Apostelamt des Paulus, das auf der «Erkenntnis der Wahrheit» beruhte (1.1).
3 Die endlosen Geschlechtsregister sind erdichtete Vorstellungen über den Ursprung und die Anfänge der geistigen Wesen. Sie sind das Produkt jüdischen Aberglaubens, verbunden mit der heidnischen Philosophie. Diese Kabale oder jüdische Überlieferung über die Auslegung des Alten Testaments enthält viele märchenhafte Bestätigungen bezüglich dieser «Anfänge». Gemäss der Kabale gibt es zehn «Sephiroth» oder Anfänge, die von Gott herrühren sollen. Sie scheinen die Äonen der Gnostiker veranlasst zu haben. Auf diese Theorie wurde ein System der Magie gepfropft, das vor allem im Gebrauch von Wörtern der Schrift bestand, um übernatürliche Wirkungen zu erzeugen.↩︎