Behandelter Abschnitt 5. Mose 30,9-14
Das Wort Gottes im Mund und im Herzen
Die folgenden Verse (9–14) sind besonders interessant. Sie sind der Schlüssel zu dem „Verborgenen des Herrn“ und stellen die großen Grundsätze der göttlichen Gerechtigkeit in einen lebendigen Gegensatz der gesetzlichen Gerechtigkeit in jeder möglichen Form. Nach der Wahrheit, die hier entfaltet wird, ist „das Wort“ unabhängig vom Ort. Es tut also gar nichts zur Sache, wo sich jemand aufhält, denn „sehr nahe ist dir das Wort“. Was könnte eine größere Nähe ausdrücken als die Feststellung: „in deinem Mund und in deinem Herzen“? Wenn es sich um etwas handeln würde, was außer unserem Bereich läge, so könnten wir wohl bezweifeln, ob wir es erreichen. Aber nein, wir brauchen hierzu weder Hand noch Fuß zu regen. Herz und Mund sind es, die aktiv werden müssen.
Das zehnte Kapitel des Römerbriefes enthält (V. 1–11) eine sehr schöne Anspielung auf die oben erwähnte Stelle. Der elfte Vers lautet: „Denn die Schrift sagt: Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden!“.
Beachten wir das schöne Wort: „Jeder“! Sicher bezieht es sich zunächst auf den Juden, der, vertrieben aus seinem Land und in Situationen gekommen, in denen der Gehorsam gegen das Gesetz für ihn unmöglich geworden ist, trotz allem die reiche Gnade Gottes und seine Errettung in der Tiefe der Not erfahren kann. Kann er auch dort das Gesetz nicht beachten, so kann er doch mit seinem Mund den Herrn Jesus bekennen und in seinem Herzen glauben, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat. Das aber ist Errettung.
Wenn die Schrift sagt „jeder“, dann kann diese Errettung sich unmöglich auf die Juden beschränken, ja, es kann überhaupt keine Beschränkung geben. Darum fährt der Apostel auch fort: „Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche“. Unter dem Gesetz bestand der größtmögliche Unterschied zwischen beiden. Der Gesetzgeber selbst hatte die schärfste Grenze zwischen ihnen gezogen. Doch allein diese Grenze ist aus einem doppelten Grund beseitigt worden, zunächst weil „alle gesündigt haben und die Herrlichkeit Gottes nicht erreichen“ (Röm 3,23), sodann aber, weil „derselbe Herr von allen reich ist für alle, die ihn anrufen; ‚denn jeder, der irgend den Namen des Herrn anrufen wird, wird errettet werden‘“ (Kap. 10,12.13).
Welch eine herrliche Gnade strahlt aus den Worten hervor: „anrufen“ – „glauben“ – bekennen“! Ohne Zweifel setzen sie einen ernsten Zustand der Seele, ein Ergriffensein des Herzens voraus, denn Gott will Wirklichkeit und nicht einen bloßen Form- oder Kopfglauben haben. Es bedarf eines göttlichen, lebendigen, durch den Heiligen Geist im Herzen gewirkten Glaubens, der die Seele durch ein ewiges Band mit Christus verbindet.
Dazu kommt – und auch das ist wichtig – das Bekennen des Herrn Jesus mit dem Mund. Es könnte jemand sagen: „Ich glaube in meinem Herzen, aber ich bin nicht dafür, religiöse Überzeugung immer im Mund zu führen. Ich behalte meine Religion für mich und betrachte sie als eine Sache zwischen mir und Gott. Ich halte es nicht für richtig, anderen meine religiöse Überzeugung aufzudrängen“.
Ein solches Reden ist grundverkehrt. Ein Bekenntnis mit dem Mund ist unumgänglich notwendig. Viele möchten gern durch Christus errettet werden, schrecken aber vor der Schmach zurück, die auf dem Bekenntnis seines Namens ruht. Sie möchten gern zum Himmel gehen, wenn sie sterben, aber sich nicht gern solidarisieren mit einem verworfenen Christus. Gott erkennt solche nicht an. Er erwartet von dem Gläubigen ein klares Bekenntnis zu Christus angesichts einer feindlichen Welt. Dasselbe erwartet der Herr Jesus. Er erklärt, dass Er jeden, der irgend ihn vor den Menschen bekennt, auch vor den Engeln Gottes bekennen werde, und dass Er jeden, der ihn vor den Menschen verleugnet, auch vor den Engeln Gottes verleugnen werde. Der Räuber am Kreuz zeigte jene beiden großen Züge des echten, errettenden Glaubens. Er glaubte mit seinem Herzen und bekannte mit seinem Mund, und zwar in einer Art, durch die er sich in der wichtigsten Frage, die je erhoben worden ist, in Widerspruch zu der ganzen Welt setzte: der Frage über die Person Christi. Er erwies sich als ein entschiedener Jünger Christi. Möchte es mehr solcher entschiedener Jünger geben! Ein entschiedenes Zeugnis für den Herrn Jesus tut uns not.