Der Bund Gottes mit Israel im Land Moab
Dieses Kapitel schließt den zweiten großen Abschnitt unseres Buches ab. Es enthält einen ernsten Appell an das Gewissen der Gemeinde und ist sozusagen eine Zusammenfassung und praktische Anwendung aller vorhergehenden Ermahnungen. „Das sind die Worte des Bundes, den der Herr im Land Moab Mose geboten hat, mit den Kindern Israel zu schließen, außer dem Bund, den er am Horeb mit ihnen geschlossen hatte“ (Kap. 28,69). Wir haben bereits früher darauf hingewiesen, dass diese Stelle einen der vielen Beweise für den Unterschied zwischen diesem und den vorhergehenden Büchern Mose liefert. Doch sie erfordert auch nach einer anderen Seite hin unsere Aufmerksamkeit. Sie redet von einem besonderen Bund, der mit den Kindern Israel im Land Moab gemacht wurde und kraft dessen sie in das Land gebracht werden sollten. Dieser Bund unterscheidet sich von dem am Sinai geschlossenen Bund ebenso wie von dem, der einmal mit Abraham, Isaak und Jakob errichtet worden war. Wir begegnen hier weder nur dem Gesetz noch der reinen Gnade, sondern vielmehr einer in unumschränkter Barmherzigkeit ausgeübten Regierung.
Es liegt auf der Hand, dass Israel aufgrund des am Sinai oder Horeb geschlossenen Bundes nicht in das Land eintreten konnte, da es ihn durch die Anbetung des goldenen Kalbes völlig gebrochen hatte. Es hatte alle Rechte und Ansprüche auf das Land verloren und wurde nur aufgrund einer unumschränkten Barmherzigkeit vor der augenblicklichen Vernichtung bewahrt, und zwar durch die Vermittlung und ernste Fürbitte Moses. Ebenso klar ist es, dass die Kinder Israel nicht durch den mit Abraham geschlossenen Gnadenbund in das Land gekommen sind, denn dann würden sie auch im Land geblieben sein. Weder die Ausdehnung noch die Dauer ihrer Besitznahme entsprachen dem mit ihren Vätern geschlossenen Bund. Vielmehr sind es die Bedingungen des „Bundes im Land Moab“, durch die sie in den nach Zeit und Raum begrenzten Besitz des Landes eingetreten sind. Und da sie unter diesem Bund ebenso versagt haben, wie unter demjenigen vom Berg Horeb, unter der Regierung ebenso sehr wie unter dem Gesetz, sind sie nach den Wegen der Regierung Gottes aus dem Land vertrieben und über die ganze Erde zerstreut worden.
Aber doch werden die Nachkommen Abrahams, des Freundes Gottes, einmal das Land Kanaan nach dem herrlichen Wortlaut des ursprünglichen Bundes besitzen. „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.“ Gnadengaben und Berufung dürfen niemals mit Gesetz und Regierung vermengt, und der Berg Zion darf nie dem Berg Horeb oder dem Land Moab gleichgestellt werden. Der neue und ewige Bund der Gnade, bestätigt durch das kostbare Blut des Lammes, wird allen Mächten der Erde und der Hölle zum Trotz buchstäblich erfüllt werden (vgl. Heb 8,8-13).