Behandelter Abschnitt 5. Mose 26,5-11
Erinnerung an das Tun Gottes
Die folgenden Verse enthalten ein schönes Bild von wirklicher Anbetung. „Ein umherirrender Aramäer war mein Vater“ (V. 5). Das war der Ursprung des israelitischen Anbeters. Da gab es für die Natur keinen Anlass zum Rühmen. In welchem Zustand hatte ihn die Gnade gefunden? In der Sklaverei Ägyptens, in den Ziegelbrennereien und unter der Geißel der ägyptischen Treiber. Aber was dann? „Da schrien wir zu dem Herrn“ (V. 7). Das war alles, was sie tun konnten, aber es war genug. Dieser Schrei der Hilflosigkeit und Not drang zu Gottes Thron und Herz und bewirkte, dass Er herabkam zu den Ziegelöfen Ägyptens. Hören wir die Worte, die Er zu Mose sprach: „Gesehen habe ich das Elend meines Volkes, das in Ägypten ist, und sein Schreien wegen seiner Treiber habe ich gehört; denn ich kenne seine Schmerzen. Und ich bin herabgekommen, um es aus der Hand der Ägypter zu erretten und es aus diesem Land hinaufzuführen in ein gutes und geräumiges Land, in ein Land, das von Milch und Honig fließt . . . Und nun siehe, das Schreien der Kinder Israel ist vor mich gekommen; und ich habe auch den Druck gesehen, womit die Ägypter sie drücken“ (2Mo 3,7-9). So lautet die unmittelbare Antwort des Herrn auf das Schreien seines Volkes. „Ich bin herabgekommen, um es zu erretten.“ Ja, Er kam in seiner freien und unumschränkten Gnade herab, um sein Volk zu befreien, und keine Macht der Menschen oder der Teufel hätte die Israeliten über die bestimmte Zeit hinaus festhalten können. In unserem Kapitel nun finden wir das große Ergebnis des Eingreifens des Herrn in den Worten des Anbeters und in seinem gefüllten Korb. „Ich tue heute . . . kund, dass ich in das Land gekommen bin, das der Herr unseren Vätern geschworen hat, uns zu geben! . . .
Und nun siehe, ich habe die Erstlinge der Frucht des Landes gebracht, das du, Herr, mir gegeben hast“ (Kap. 26,3.10). Der Herr hatte nach der Liebe seines Herzens und nach der Treue seines Wortes alles erfüllt. Nicht ein Jota, nicht ein Strichlein war unverwirklicht geblieben. „Ich bin gekommen“ und: „ich habe die Frucht gebracht“. Die Frucht wovon? Von Ägypten? Nein; sondern „von dem Land, das du, Herr, mir gegeben hast“. Die Lippen des Anbeters verkündeten die Vollständigkeit des Werkes des Herrn, und sein Korb enthielt die Frucht des Landes des Herrn. Nichts konnte einfacher, nichts wirklicher sein. Da gab es keinen Raum für Zweifel oder Ungewissheit. Der Anbeter hatte nur das Werk des Herrn zu verkünden und die Frucht zu zeigen. Alles war von Gott, von Anfang bis Ende. Er hatte sie aus Ägypten geführt und nach Kanaan gebracht. Er hatte ihre Körbe mit den saftigen Früchten seines Landes und ihre Herzen mit seinem Lob gefüllt.
Die christliche Anbetung
War es Anmaßung, wenn ein Israelit so sprach? War es richtig, bescheiden und demütig von ihm, zu sagen: „Ich bin in das Land gekommen?“ Wäre ein unbestimmtes Hoffen, früher oder später einmal dorthin zu kommen, nicht passender für ihn, und wären Zweifel und Ungewissheit über seine Stellung und sein Besitz nicht ehrender für den Gott Israels gewesen? Mancher meint vielleicht: „Das lässt sich doch mit unserer gegenwärtigen Stellung als Christen nicht vergleichen“. Warum nicht? Wenn ein Israelit damals sagen konnte: „Ich bin in das Land gekommen, das der Herr unseren Vätern geschworen hat, uns zu geben“, sollte dann ein Gläubiger heute nicht sagen können: „Ich bin zu Jesus gekommen“? Zwar war es bei ihnen ein Schauen, während es bei uns Glaube ist. Aber beeinträchtigt das die Wirklichkeit? Sagt nicht der Apostel zu den Hebräern: „Ihr seid gekommen zum Berg Zion“? und: „Deshalb, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns Gnade haben, durch die wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht“? (Heb 12,22.28). Wenn wir uns nicht sicher sind, ob wir „zum Berg Zion gekommen sind“, oder ob wir „ein unerschütterliches Reich empfangen“, dann können wir unmöglich Gott anbeten oder ihm wohlgefällig dienen. Nur dann, wenn wir in dem bewussten Besitz unserer Stellung und unseres Teiles in Christus stehen, kann wirkliche Anbetung zum Thron Gottes aufsteigen und ein wirksamer Dienst in dem Weinberg des Herrn hier auf der Erde ausgeübt werden.
Worin besteht denn nun wirkliche Anbetung? Darin, dass man in der Gegenwart Gottes von dem redet, was Er ist und was Er getan hat. Das Herz ist beschäftigt mit ihm, erfreut sich an ihm und an allen seinen wunderbaren Handlungen und Wegen. Wie aber können wir ihn anbeten, wenn wir ihn nicht kennen und nicht an das glauben, was Er getan hat? „Denn wer Gott naht, muss glauben, dass er ist, und denen, die ihn suchen, ein Belohner ist“ (Heb 11,6). Gott erkennen ist ewiges Leben (Joh 17,3). Man kann Gott nicht wirklich anbeten, wenn man ihn nicht kennt, und man kann ihn nicht kennen, ohne das ewige Leben zu haben. Die Athener hatten „dem unbekannten Gott“ einen Altar errichtet, und Paulus sagt ihnen, dass sie in Unwissenheit anbeteten und verkündigt ihnen dann den wirklichen Gott, wie Er sich in der Person und dem Werk des Menschen Christus Jesus offenbart hat.
Es ist wichtig, dass hierüber Klarheit herrscht. Ich muss Gott kennen, ehe ich ihn anbeten kann. Ich mag Gott suchen, ob ich ihn „wohl ertasten und finden möchte“ (Apg 17,27), aber nach einem Gott suchen, den man noch nicht gefunden hat, und sich an einem Gott erfreuen und einen Gott anbeten, den man gefunden hat, sind zwei ganz verschiedene Dinge. Gott hat sich offenbart. Er hat uns das Licht der Erkenntnis seiner Herrlichkeit in dem Angesicht Christi geschenkt. Er ist uns nahe gekommen in der Person des Gesegneten, so dass wir ihn kennen und lieben, uns an ihm erfreuen und ihm vertrauen können in all unseren Schwachheiten und Nöten. Wir brauchen nicht länger nach ihm zu tappen mitten in der Finsternis der Natur und des Nebels einer falschen Religion. Nein, Gott hat sich uns durch eine so klare Offenbarung bekannt gemacht, dass selbst Einfältige nicht irregehen können. Der Christ kann sagen: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“. Das ist die Grundlage aller wirklichen Anbetung. Ein Mensch kann viel fleischliche Frömmigkeit besitzen und unzählige Formen beobachten, ohne eine Spur von echter geistlicher Anbetung zu kennen. Diese entspringt einzig und allein der Erkenntnis Gottes.