Behandelter Abschnitt 5. Mose 1,24-33
Der Bericht der Kundschafter – der Unglaube des Volkes
„Und sie wandten sich und zogen ins Gebirge hinauf, und kamen bis zum Tal Eskol und kundschafteten es aus. Und sie nahmen von der Frucht des Landes in ihre Hand und brachten sie zu uns herab.
Und sie erstatteten uns Bericht und sprachen: Das Land ist gut, das der Herr, unser Gott, uns gibt“ (V. 24.25). Konnte es anders als gut sein, wenn Gott es ihnen geben wollte? Waren Kundschafter nötig, um ihnen zu berichten, dass die Gabe Gottes gut ist?
Es ist interessant zu sehen, wie Mose weiter von den Kundschaftern spricht. Er beschränkt sich auf den wahren Teil ihres Berichtes. Er erwähnt hier nicht die zehn ungläubigen Kundschafter. Das steht wieder völlig im Einklang mit dem Charakter dieses Buches. Mose will einen Einfluss auf das Gewissen der Versammlung nehmen. Er erinnert die Israeliten daran, dass sie selbst den Vorschlag zur Sendung der Kundschafter gemacht hatten, dann aber sich weigerten, hinaufzuziehen, obwohl die Kundschafter die Früchte des Landes mitbrachten und Gutes berichteten. „Aber ihr wolltet nicht hinaufziehen und wart widerspenstig gegen den Befehl des Herrn, eures Gottes“ (V. 26). Hierauf konnten sie nichts erwidern, denn sie waren nicht nur ungläubig, sondern aufrührerisch gegen Gott gewesen. Die Sendung der Kundschafter hatte das deutlich bewiesen. „Und ihr murrtet in euren Zelten und spracht: Weil der Herr uns hasste“ – welch eine schreckliche Lüge angesichts der Tatsachen! – „hat er uns aus dem Land Ägypten herausgeführt, um uns in die Hand der Amoriter zu geben, damit sie uns vertilgen“ (V. 27). Wieso war das ein Beweis des Hasses?
Wie unsinnig sind doch die Argumente des Unglaubens! Hätte der Herr sie gehasst, so wäre es leicht gewesen, sie in Ägypten sterben zu lassen unter den grausamen Geißelhieben der Arbeitsvögte des Pharaos. Warum gab Er sich dann so viel Mühe mit ihnen? Warum verhinderte Er, dass die Wasser des Roten Meeres sie zusammen mit den Feinden verschlangen? Warum befreite Er sie von dem Schwert der Amalekiter? Mit einem Wort, wozu alle diese herrlichen Siege seiner Gnade, wenn Er sie gehasst hätte? Doch ein finsterer Unglaube beherrschte sie, und deshalb zogen sie die falschen Schlüsse. Es gibt nichts Törichteres unter der Sonne als den Unglauben. Und es gibt nichts, was so klar und vernünftig ist, wie die einfachen Argumente eines kindlichen Glaubens. „Und ihr murrtet in euren Zelten.“
Der Unglaube ist nicht nur blind und unvernünftig in seinen Urteilen, sondern er führt den Menschen auch zu finsterem und verdrießlichem Murren. Er kann eine Sache nicht von ihrer richtigen und guten Seite auffassen. Er tappt stets in Finsternis auf dem verkehrten Weg umher, und nur darum, weil er Gott ausschließt und auf die Umstände blickt. „Wohin sollen wir hinaufziehen?“, fragten die Israeliten, „unsere Brüder haben unser Herz verzagt gemacht, indem sie sagten: Ein Volk, größer und höher als wir“ – war es denn auch größer als der Herr? – „Städte, groß und befestigt bis an den Himmel“ – welche Übertreibung! – „und auch die Kinder der Enakim haben wir dort gesehen!“ (V. 28).
Der Glaube hätte einfach erwidert: „Was macht‘s, wenn auch die Städte bis zum Himmel befestigt sind? Unser Gott ist über ihnen, Er ist im Himmel. Was sind große und hohe Mauern vor ihm, der das Weltall bildete und es erhält durch das Wort seiner Macht? Was sind Enakskinder gegenüber dem allmächtigen Gott?“
Aber Israel glaubte nicht. In Hebräer 3 wird gesagt: „Sie konnten nicht eingehen wegen des Unglaubens.“ Das war die große Schwierigkeit. Über die befestigten Städte und die schrecklichen Riesen hätte Israel schnell triumphiert, wenn es Gott vertraut hätte. Wie steht der Unglaube unseren Segnungen doch immer im Weg! Er hindert die Strahlen der Herrlichkeit Gottes.
Gott beschämt nie einen Menschen, der auf ihn vertraut. Es ist seine Freude, die höchsten Schecks einzulösen, die der Glaube in den himmlischen Schatzkammern vorlegt. Zu allen Zeiten gilt das Wort: „Fürchte dich nicht, glaube nur!“ (Mk 5,36), und: „Dir geschehe, wie du geglaubt hast“ (Mt 8,13). Lasst uns die Kraft dieser Worte mehr erkennen und verwirklichen!
Warum konnte Israel bei dieser Begebenheit die Herrlichkeit Gottes nicht sehen? Das Volk glaubte nicht. Die Sendung der Kundschafter war ein grober Fehler. Sie endete deshalb, wie sie begonnen hatte, nämlich im Unglauben. Gott war ausgeschlossen. Sie sahen nur noch Schwierigkeiten. „Sie konnten nicht eingehen.“ Sie konnten die Herrlichkeit Gottes nicht sehen. Es ist wohltuend, die weiteren Worte Moses zu lesen. „Da sprach ich zu euch: Erschreckt nicht und fürchtet euch nicht vor ihnen! Der Herr, euer Gott, der vor euch herzieht, er wird für euch kämpfen.“ Welch ein Gedanke!
Gott kämpft für sein Volk und zieht als ein Kriegsmann vor ihnen her! – „Er wird für euch kämpfen, nach allem, was er in Ägypten vor euren Augen für euch getan hat, und in der Wüste, wo du gesehen hast, dass der Herr, dein Gott, dich getragen hat, wie ein Mann seinen Sohn trägt, auf dem ganzen Weg, den ihr gezogen seid, bis ihr an diesen Ort kamt. Aber in dieser Sache glaubtet ihr nicht dem Herrn, eurem Gott, der auf dem Weg vor euch herzog, um euch einen Ort zu erkunden, dass ihr lagern konntet: in der Nacht im Feuer, dass ihr auf dem Weg sehen konntet, auf dem ihr zogt, und am Tag in der Wolke“ (V. 29–33).
Welche eindringlichen und ergreifenden Worte! Sie beweisen wiederum, dass unser Buch nicht eine Wiederholung bekannter Tatsachen ist. Wenn der Gesetzgeber im zweiten und vierten Buch Begebenheiten der Wüstenreise berichtet, so gibt er ihnen hier Erläuterungen. Die Weise, in der der
Herr mit seinem Volk gehandelt hatte, wird uns lebendig und frisch vor Augen gemalt. „Wie ein Mann seinen Sohn trägt“ – welch ein schönes Bild! Diese wenigen Worte schildern treffend, wie Gott sich des Volkes angenommen hat. Sie zeigen uns die Art und Weise, in der Gott etwas tut, um sein Herz zu offenbaren. So wie die Kraft der Hand oder die Klugheit des Geistes in einer Handlung sichtbar werden, so offenbart sich die Liebe des Herzens in der Art und Weise, wie sie ausgeführt wird.