Behandelter Abschnitt 4. Mose 17,2-8
Der Stab, der gesprosst hat
Welche unvergleichliche Weisheit sehen wir in der Anordnung in den ersten sechs Versen des Kapitels! Die Sache wird der Hand des Menschen vollständig entzogen und dahin gegeben, wo sie allein hingehört, nämlich in die Hände des lebendigen Gottes! Priester sollte nicht ein Mensch sein, der von sich selbst oder von seinesgleichen eingesetzt war. Gott war es, der den Mann seiner eigenen Wahl bestimmte. Die Frage sollte also von Gott selbst gelöst werden, damit auf diese Weise alles Murren für immer zum Schweigen gebracht würde und niemand mehr den Hohenpriester Gottes anklagen könnte, er maße sich zu viel an. Der Wille des Menschen hatte in dieser ernsten Angelegenheit nichts zu sagen. Die zwölf Stäbe, die alle gleich waren, wurden vor den Herrn hingelegt.
Der Mensch zog sich zurück und überließ es Gott, zu handeln. Da gab es keinen Raum, keine Möglichkeit für menschliche Beeinflussungen. In der Einsamkeit des Heiligtums, weit entfernt von allen Gedanken des Menschen, wurde die Frage des Priestertums durch göttliche Entscheidung geregelt, und nachdem sie so gelöst war, konnte sie nie wieder gestellt werden. „Und Mose legte die Stäbe vor den Herrn in das Zelt des Zeugnisses. Und es geschah am nächsten Tag, als Mose in das Zelt des Zeugnisses hineinging, siehe, da hatte der Stab Aarons, vom Haus Levi, gesprosst: Er hatte Sprossen getrieben und Blüten gebracht und Mandeln gereift“ (V. 7,8). Was für ein treffendes und herrliches Bild dessen, der als Sohn Gottes in Kraft durch Toten-Auferstehung erwiesen worden ist (vgl. Röm 1,4)! Die zwölf Stäbe waren alle gleich leblos, aber Gott, der lebendige Gott, trat auf den Schauplatz, und durch seine Macht gab Er dem Stab Aarons Leben und stellte ihn dar mit den herrlichen Früchten der Auferstehung.
Wer könnte das leugnen? Die Vernunft mag spotten. Der Glaube betrachtet den fruchttragenden Stab als ein schönes Bild der neuen Schöpfung, in der alles von Gott ist. Der Unglaube mag Einwände machen, indem er auf die augenscheinliche Unmöglichkeit hinweist, dass ein dürrer Stab in einer Nacht grünen, sprossen und Früchte tragen kann. Warum? Weil er immer Gott ausschließt. Er zieht seine Schlüsse und führt seine Beweise in Finsternis. In dem Bereich, in dem der Unglaube sich bewegt, ist kein einziger Strahl wahren Lichts. Er lehnt die einzige Quelle des Lichts ab und lässt die Seele in tiefer Finsternis.
Es ist besonders für den jungen Leser gut, über diese ernste Tatsache nachzudenken. Unglaube, Glaube an die menschliche Vernunft und Zweifelsucht – alle drei beginnen und enden damit, dass sie Gott ausschließen. Dem Geheimnis von Aarons sprossendem, blühendem und fruchtbringendem Stab treten sie mit einem frechen: „Wie kann das sein?“, entgegen. Das ist das Argument des Ungläubigen. Er wirft Tausende von Fragen auf, aber er löst keine einzige. Er lehrt dich zu zweifeln, aber nie zu glauben. Er erweckt in Bezug auf alles Zweifel in deiner Seele, aber er gibt dir nichts zu glauben.
Der Unglaube ist von Satan, der immer der große „Bedenken-Anmelder“ war und bis ans Ende bleiben wird. Immer und überall erhebt er Fragen und stürzt den Menschen in Finsternis. Aber einer Seele gegenüber, die einfach glaubt, dass Gott ist und dass Er gesprochen hat, ist Satan ohnmächtig. In diesem einfachen Glauben liegt die Antwort auf alle Fragen des Ungläubigen, liegt die göttliche Lösung aller Schwierigkeiten. Der Glaube denkt mit Gott, der Unglaube ohne Gott.
Ich möchte es daher jedem christlichen Leser ans Herz legen, doch keine Fragen mehr zuzulassen, wenn Gott einmal gesprochen hat. Wenn es doch geschieht, wird Satan sehr bald triumphieren können. Die einzige Sicherheit gegen ihn besteht in dem unvergänglichen Ausspruch: „Es steht geschrieben!“ Es wird niemals reichen, ihm auf Grund von Erfahrungen, Gefühlen oder Beobachtungen etwas beweisen zu wollen. Wir müssen ihm ausschließlich auf der Grundlage begegnen: Gott ist und Gott hat gesprochen. Gegen dieses gewichtige Argument vermag Satan nichts. Es schlägt ihn augenblicklich in die Flucht.
Wenn also im Hinblick auf den Stab Aarons jemand fragt: Wie kann so etwas geschehen? Es läuft den Naturgesetzen zuwider, und wie könnte Gott diese festen Gesetze umstoßen? – So ist die Antwort des Glaubens: Gott kann tun, was ihm gefällt. Er, der Welten ins Dasein gerufen hat, konnte auch einen Stab in einem Augenblick zum Sprossen, Blühen und Fruchttragen bringen.
Wir fühlen, wie wichtig es ist, die wahren Quellen der so einleuchtend klingenden Lehrsätze zu kennen, die in unserer Zeit so viele Köpfe erfüllen. Der Geist des Menschen beschäftigt sich damit, Systeme zu bilden, Schlüsse zu ziehen und Folgerungen abzuleiten, und zwar in einer Weise, die das Zeugnis der Heiligen Schrift und sogar Gott selbst aus dem, was Er geschaffen hat, vollständig ausschließt. Die Jüngeren unter uns müssen in dieser Hinsicht gewarnt werden. Wir sollen alles das mit Entschiedenheit als Unglauben bezeichnen und mit dem Apostel sagen: „Gott sei wahrhaftig, jeder Mensch aber Lügner!“ (Röm 3,4).
Geben wir doch der Heiligen Schrift immer den ersten Platz in unserem Herzen und in unserem Geist! Das ist die einzige Sicherheit gegen den mehr und mehr anschwellenden Strom des Unglaubens, der die Grundlagen alles gläubigen Denkens in der Christenheit zu zerstören droht.