Behandelter Abschnitt 4. Mose 12,1-3
Mirjam mit Aussatz geschlagen
Der anschließende kurze Abschnitt unseres Buches kann unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden: zunächst unter dem seiner bildlichen, dann aber auch unter dem seiner moralischen bzw. praktischen Bedeutung.
Die Frau Moses – ein Bild der Versammlung
In der Verbindung Moses mit der „kuschitischen Frau“ wird das große und wunderbare Geheimnis von der Vereinigung der Versammlung mit Christus, ihrem Haupt, bildhaft dargestellt. Dieses Thema hat uns schon bei der Betrachtung des zweiten Buches Mose beschäftigt. Hier aber sehen wir es in einem besonderen Licht: der Anlass ist die Feindschaft Aarons und Mirjams. Das unumschränkte Handeln der Gnade ruft den Widerstand derer hervor, die irgendwelche fleischlichen Vorrechte haben. Wir wissen aus dem Neuen Testament, dass gerade die Tatsache, dass sich die Gnade auch auf die Heiden ausdehnte, bei den Juden wilden und schrecklichen Hass hervorrief. Sie wollten diese Ausdehnung der Gnade nicht, sie wollten sie nicht wahrhaben; sie wollten sogar nichts davon hören. Römer 11 enthält eine sehr bemerkenswerte Anspielung hierauf, wenn der Apostel dort im Blick auf die Heiden sagt: „Denn wie ihr einst Gott nicht geglaubt habt, jetzt aber unter die Begnadigung gekommen seid durch deren Unglauben, so haben auch jetzt diese [die Juden] an eure Begnadigung nicht geglaubt, damit auch sie unter die Begnadigung kommen“ (V. 30.31).
Das ist genau das, was wir in der Geschichte Moses bildlich vorgestellt finden. Mose stellte sich zuerst Israel dar, seinen Brüdern nach dem Fleisch; aber sie verwarfen ihn im Unglauben. Sie stießen ihn von sich und wollten ihn nicht. Das wurde in der Unumschränktheit Gottes der Anlass, dem Fremden Gnade zu erweisen; denn während der Zeit seiner Verwerfung durch Israel schloss Mose die Verbindung mit einer heidnischen Braut, eine Verbindung, die eine bildliche Bedeutung hat. Gegen diese Verbindung reden Aaron und Mirjam in diesem Kapitel, und ihr Widerstand bringt das Gericht Gottes auf sie. Mirjam wird aussätzig, eine elende, unreine Person, ein passender Gegenstand für die Barmherzigkeit, die sie gerade durch die Fürbitte dessen erfährt, gegen den sie geredet hatte.
Das Bild ist vollständig und sehr treffend. Die Juden haben nicht an die herrliche Wahrheit der Begnadigung der Heiden geglaubt, und daher ist der Zorn völlig über sie gekommen. Aber sie werden später wieder – und zwar ebenso wie die Heiden – auf den Boden der Gnade zurückgeführt werden. Das ist sehr demütigend für sie, die ja auf dem Boden der Verheißung und der nationalen Vorrechte zu stehen suchten. Aber so ist es nach dem Walten der Weisheit Gottes, und gerade der Gedanke daran bewirkt in dem Apostel den herrlichen Lobpreis am Ende von Römer 11: „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“ (V. 33–36).