Behandelter Abschnitt 2. Mose 13,17-22
Der Auszug aus Ägypten
In den letzten Versen unseres Kapitels sehen wir, wie mitfühlend der Herr auf die Bedürfnisse seines Volkes eingeht. „Er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, dass wir Staub sind“ (Ps 103,14). Als Er Israel erlöste, um es mit sich selbst in Verbindung zu bringen, lud Er in seiner unergründlichen Gnade alle Bedürfnisse und Schwachheiten der Seinen auf sich. Was sie waren und was sie brauchten, hatte nichts zu bedeuten, wenn Er, der sich „Ich bin“ nannte, in der ganzen Fülle dieses Namens ihnen das Geleit gab. Er war im Begriff, sie aus Ägypten nach Kanaan zu führen; und nun sehen wir, wie Er einen geeigneten Weg für sie auswählt. „Und es geschah, als der Pharao das Volk ziehen ließ, da führte sie Gott nicht den Weg durch das Land der Philister, obwohl er nahe war; denn Gott sprach: Damit es das Volk nicht bereue, wenn sie den Kampf sehen und sie nicht nach Ägypten zurückkehren. Und Gott ließ das Volk auf den Weg der Wüste des Schilfmeeres abbiegen; und die Kinder Israel zogen gerüstet aus dem Land Ägypten herauf“ (V. 17.18).
Der Herr richtet in seiner Gnade alles so weise ein, dass die Kinder Gottes nicht gleich am Anfang ihres Weges allzu großen Schwierigkeiten begegnen, damit sie nicht entmutigt und zum Rückzug gedrängt werden. Der „Weg der Wüste“ war viel länger als der durch das Land der Philister, aber Gott wollte seinem Volk verschiedene wichtige Lehren beibringen, die es nur in der Wüste lernen konnte. Später wurden sie daran erinnert: „Und du sollst dich an den ganzen Weg erinnern, den der Herr, dein Gott, dich hat wandern lassen diese vierzig Jahre in der Wüste, um dich zu demütigen, um dich zu prüfen, um zu erkennen, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht. Und er demütigte dich und ließ dich hungern; und er speiste dich mit dem Man, das du nicht kanntest und das deine Väter nicht kannten, um dir kundzutun, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt, sondern dass der Mensch von allem lebt, was aus dem Mund des Herrn hervorgeht.
Deine Kleidung ist nicht an dir zerfallen, und dein Fuß ist nicht geschwollen diese vierzig Jahre“ (5Mo 8,2-4). Solche Erfahrungen wären auf dem Weg durch das Land der Philister nicht möglich gewesen. Auf diesem Weg hätten die Israeliten wohl lernen können, was Krieg ist; aber auf dem „Weg der Wüste“ lernten sie das Fleisch kennen in seiner ganzen Verdorbenheit, in seinem Unglauben und seiner Empörung. Doch der „Ich bin“ war bei ihnen mit seiner langmütigen Gnade, mit seiner Weisheit und Macht. Niemand außer ihm konnte den Erfordernissen des Augenblicks entsprechen. Niemand außer ihm konnte aber auch die Tiefen des menschlichen Herzens ertragen. Wenn mein Herz aufgedeckt würde, ohne dass ich zugleich die unendliche Gnade Gottes sehen könnte, müsste ich hoffnungslos verzweifeln. Das Herz des Menschen ist eine Hölle im Kleinen. Was für eine unendliche Gnade ist es deshalb, von seinen schrecklichen Tiefen befreit zu sein! „Und sie brachen auf von Sukkot und lagerten in Etam, am Rand der Wüste. Und der Herr zog vor ihnen her, am Tag in einer Wolkensäule, um sie auf dem Weg zu leiten, und in der Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht ziehen könnten. Am Tag wich nicht die Wolkensäule und in der Nacht nicht die Feuersäule vor dem Volk“ (V. 20–22).
Der Herr wählte nicht nur einen Weg für die Kinder Gottes aus, sondern Er ging auch selbst mit ihnen auf diesem Weg und kam allen ihren Bedürfnissen entgegen. Er führte sie nicht nur sicher aus Ägypten hinaus, sondern Er ließ sich auch herab, um bei allen Zwischenfällen ihrer Wüstenreise ihr Gefährte zu sein. Das war göttliche Gnade. Die Israeliten wurden nicht aus Ägypten erlöst und dann sich selbst überlassen, um den Weg nach Kanaan, so gut sie es konnten, allein zu gehen. Das ist nicht die Handlungsweise Gottes. Er wusste, dass sie eine beschwerliche und gefährliche Reise vor sich hatten, auf der es Schlangen und Skorpione, Fallstricke und Schwierigkeiten, Dürre und Unfruchtbarkeit gab. Da wollte Er sie nicht allein gehen lassen, und Er zog vor ihnen her. Er war ein Führer, ein Licht, ein Schutz, um sie von jeder Furcht zu befreien. Wie war es möglich, einen solchen Herrn so oft durch Hartnäckigkeit und Ungehorsam zu betrüben! Wäre das Volk nur demütig und zufrieden geblieben und hätte vertrauensvoll auf ihn geblickt, dann wäre die Reise vom Anfang bis zum Ende ein Triumphzug gewesen.
Mit dem Herrn an ihrer Spitze hätte keine Macht ihren Zug von Ägypten nach Kanaan aufhalten können. Er hätte sie nach seiner Verheißung und durch seine Macht in das Land geführt, hätte es ihnen zum Besitz gegeben und nicht erlaubt, dass ein einziger Kanaaniter zurückbliebe, um ihnen das Erbteil streitig zu machen. Doch so wird es einst sein, wenn der Herr seine Hand zum zweiten Mal ausstrecken wird, um sein Volk aus der Gewalt aller seiner Unterdrücker zu befreien. Wie bald schon mag es so weit sein!